Das Schulhaus bleibt ein Schulhaus

Das Schulhaus bleibt ein Schulhaus
Die Stiftung Passaggio wird in Schlosswil während mindestens vier Jahren eine besondere Volksschule betreiben. / Bild: Silvia Wullschläger (sws)
Schlosswil: Das Schulhaus wird auch künftig als solches genutzt. Die Stiftung Passaggio aus Lützelflüh wird dort Kinder unterrichten, die spezielle Unterstützung benötigen.

«Ich hätte nie gedacht, dass es so schnell geht und im Schulhaus Schlosswil nach den Sommerferien wieder unterrichtet wird», sagt Christine Hofer, Gemeindepräsidentin von Grosshöchstetten. Wegen sinkender Schülerzahlen hat der Gemeinderat beschlossen, dass ab diesem Sommer alle Kinder von Schlosswil in die Klassen in Grosshöchstetten integriert werden. Dies betrifft drei Klassen der Primarstufe. Das Schulgebäude in Schlosswil soll als strategische Raumreserve behalten werden. Aus diesem Grund wurde eine Zwischennutzung gesucht – und nun gefunden. Die Stiftung Passaggio mit Sitz in Lützelflüh wird ab dem neuen Schuljahr mehrere Klassen der besonderen Volksschule (siehe Kasten) in Schlosswil führen. Der Mietvertrag ist auf vier Schuljahre befristet.


Weitere Mieter

Dass eine einzige Partei rund drei Viertel des Gebäudes mieten werde, sei ein Glücksfall, sagt Christine Hofer. Positiv sei auch, dass das Schulhaus weiterhin als solches genutzt werde und sich auch für die Nutzerinnen und Nutzer der Turnhalle und des Rasenplatzes nichts ändere. «Ausserhalb der Unterrichtszeiten sind diese weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich, sei es für Vereine oder private Gruppen», erklärt Christine Hofer. 

Da die Stiftung Passaggio nicht die ganze Liegenschaft mietet, bleiben noch einige Räume frei. «Wir werden mit drei bis vier Parteien in Verhandlung treten.» Priorität hätten dabei Angebote aus dem Ortsteil Schlosswil, betont die Gemeindepräsidentin. Auf die Ausschreibung für die Zwischennutzung seien rund zehn Bewerbungen eingegangen. Bis auf jene von «Passaggio» sei es bei allen um das Mieten von einem einzelnen Raum gegangen, beispielsweise für Kurse, als Hobbyraum oder Büro.


Geeigneter Standort

Das Schulhaus in Schlosswil sei für ihre Zwecke gut geeignet, sagt Ruedi Trachsel, der in der Geschäftsleitung der Stiftung Passaggio für die Schule zuständig ist. Es sei zwar nicht gerade zentral gelegen, jedoch für die Lehrkräfte mit dem ÖV und dem Auto gut erreichbar. Und auch für die Kinder, die vor allem aus dem Emmental und der Agglomeration von Bern kommen würden, werde der Schulweg nicht allzu lang. Sie werden mit einem Schulbus in die Tagesschule gebracht. Ein weiteres Plus, so Trachsel, sei die Nähe zur Natur, denn die Kinder würden sich oft draussen aufhalten. Zudem seien keine baulichen Anpassungen nötig und sie könnten einen Teil des Mobiliars übernehmen. Für das Mittagessen würden sie noch eine Lösung suchen, erklärt der Schulverantwortliche. «Entweder werden wir die Mahlzeiten in unserer eigenen Küche in Lützelflüh zubereiten und nach Schlosswil bringen oder wir suchen eine Lösung in der Umgebung.»


Drei Klassen

Geplant ist, in Schlosswil drei Klassen vom Kindergarten bis in die sechste Klasse zu führen. «Voraussetzung ist, dass wir das nötige Personal finden», sagt Ruedi Trachsel. Nebst Lehrerinnen und Kindergärtnern seien auch Heilpädagoginnen und Schulsozialpädagogen gesucht. Es hätten sich schon Interessierte gemeldet und er sei zuversichtlich, genügend Fachpersonal zu finden. Eine Klasse setzt sich aus sechs bis acht Kindern zusammen. Eine dieser Klassen wird derzeit in Wikartswil geführt. Ob dort weiterhin unterrichtet werde, sei noch offen, so Trachsel. Die beiden zusätzlichen Klassen würden auf Wunsch der kantonalen Bildungs- und Kulturdirektion eröffnen. Die Stiftung Passaggio verfügt über einen Leistungsvertrag mit dem Kanton. 

Dass der Vertrag mit der Gemeinde Grosshöchstetten auf vier Schuljahre befristet ist, stelle einerseits ein Risiko dar, weil man nicht wisse, wie es dann weitergehe. Andererseits wüssten sie nicht, ob sie in vier Jahren noch so viel Schulraum benötigten. «Wichtig ist vor allem, dass wir bereits ab Sommer einen so geeigneten Schulort anbieten können», betont Trachsel.

Besondere Unterstützung für Schulkinder

In der besonderen Volksschule werden Kinder unterrichtet, die spezielle Unterstützung benötigen, welche in der Regelklasse nicht geleistet werden kann. Als Beispiele nennt Ruedi Trachsel von der Stiftung Passaggio eine Entwicklungsstörung, eine soziale Beeinträchtigung oder ein starkes Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS). Ziel sei es, die Kinder möglichst wieder in die Regelklasse zu integrieren.

Die Stiftung Passaggio führt verschiedene Angebote für Kinder und
Jugendliche. Nebst der besonderen Volksschule sind das etwa Arbeitswohngruppen, Wohnplätze für
psychosozial und psychisch hochbelastete Jugendliche, Kriseninterventionsplätze, Wohngruppen für
Jugendliche mit besonderem Förderbedarf, aber auch ambulante Dienste wie Familienbegleitungen werden
angeboten.  

23.03.2023 :: Silvia Wullschläger (sws)