«Wir sind ein wachsendes Dorf, da braucht es Angebote für die Jugend»

«Wir sind ein wachsendes Dorf, da braucht es Angebote für die Jugend»
Die Midnight-Sports in Oberdiessbach gehen am 25. März zum letzten Mal über die Bühne (Symbolbild). / Bild: Christian Jaeggi
Region Konolfingen: Oberdiessbach will mehr für Jugendliche tun und schloss sich der Jugendfachstelle Konolfingen an. Erste Angebote starten im Sommer, Midnight-Sports jedoch pausiert.

Nach zwei Saisons schliesse das Projekt Midnight-Sports in Oberdiessbach, teilt die Stiftung Idée-Sport mit, welche das Angebot im Herbst 2021 lancierte. «Grund dafür ist der Entscheid der Gemeinde zum Anschluss an die Jugendarbeit Konolfingen.» Die Sporthalle des Sekundarschulhauses war jeweils während des Winterhalbjahrs samstags für Jugendliche geöffnet. Das letzte Mal in diesem Rahmen wird das nun am 25. März der Fall sein. Idee-Sport schreibt weiter, dass die Anzahl Teilnehmende kontinuierlich habe gesteigert werden können. Weshalb verzichtet die Gemeinde auf dieses offenbar florierende Angebot?


Grössere Wirkung mit gleich viel Geld

Jasmine Hari (EVP) ist Gemeinderätin mit dem Ressort Soziales. Der Gemeinderat sei zufrieden mit der geleisteten Arbeit, bei der auch jugendliche Coaches ausgebildet worden seien. Stelle die offene Turnhalle ein Bedürfnis dar, werde das Angebot ab Herbst 2024 mit dem bestehenden Team und unter Leitung der Kinder- und Jugendfachstelle Region Konolfingen weitergeführt. «Das Angebot von Idee-Sport ist relativ teuer», sagt Hari. Eine Saison (November bis April) koste 28´000 Franken. «Mit diesem Geld können wir praktisch ein Jahr offene Kinder- und Jugendarbeit finanzieren.» Weil der Kanton 80 Prozent der Gesamtkosten von 150´000 Franken trage, erziele man eine viel grössere Wirkung. Die Arbeit werde ganzheitlicher und sei nicht begrenzt auf das Winterhalbjahr. Die Sozialvorsteherin findet es «höchste Zeit», dass Oberdiessbach mehr für die Kinder und Jugendlichen tue. «Wir sind ein wachsendes Dorf, da braucht es Angebote für Begegnungen und Freizeitgestaltung.» Doch bieten das nicht schon Vereine und die Kirche? Diese leisteten tatsächlich viel und der Gemeinderat schätze deren Arbeit. Doch würden sie nur ein bestimmtes Segment ansprechen, gibt Jasmine Hari zu bedenken. Nicht alle wollten beten, musizieren oder Fussball spielen. Wichtig sei, Bestehendes zu verbinden und einander zu ergänzen. So sei ein Kinder- und Jugendnetzwerk zusammen mit Linden, Brenzikofen und Herbligen im Aufbau begriffen. Letztere beiden Gemeinden haben sich ebenfalls neu der Fachstelle in Konolfingen angeschlossen.


Vorerst ab Oberstufe

Jasmine Hari ist «gern und oft» in Kontakt mit Jugendlichen, wie sie sagt. Und so habe sie gehört, dass ein Raum zum Chillen ein Bedürfnis darstelle. Nun prüfe sie, welche Lokale sich dazu eignen würden. Auch andere Ideen und Wünsche seien ihr zu ­Ohren gekommen. Was wie umgesetzt werde, sei aber Sache der Jugendfachstelle. «Sie sind die Fachleute und haben Erfahrung in diesem Bereich», so Hari. Konkrete Vorgaben mache der Gemeinderat nicht. Einzig hätten sie beschlossen, die Arbeit vorerst auf Jugendliche ab der Oberstufe zu konzentrieren. Sie gehe davon aus, dass im Sommer die ersten Anlässe in Oberdiessbach stattfinden werden. 


Ein leeres, weisses Blatt

Derzeit seien sie daran, die Grund­lagen zu erarbeiten, sagt Remo Anderegg, Leiter der Kinder- und Jugendfachstelle Region Konolfingen. Kontakte mit den Schulleitungen, den Verwaltungen und Gemeinderäten von Oberdiessbach, Herbligen und Brenzikofen würden geknüpft. Es werde abgeklärt, welche Räume und Plätze zur Verfügung stünden. Vor allem aber wollten sie von den jungen Leuten hören, was ihre Bedürfnisse und Ideen seien, erklärt Anderegg. «Wir haben ein leeres, weisses Blatt vor uns, das es nun zu bemalen gilt. Womit, das entscheiden die Jugendlichen.» Natürlich könnten nicht alle Ideen eins zu eins umgesetzt werden. So werde fast immer ein McDonalds im Dorf gewünscht, nennt er ein Beispiel. «Darauf haben wir keinen Einfluss, aber wir können gemeinsam einen Brief an McDonalds schreiben. Und wir können selber Hamburger machen.» 

Mittlerweile sind der Fachstelle in Konolfingen 16 Gemeinden angeschlossen, von kleinen wie Landiswil bis zu grösseren wie Oberdiessbach. «Wir passen unsere Aktivitäten den Bedürfnissen und Gegebenheiten vor Ort an», so Anderegg. In der einen Gemeinde sei ein Jugendtreff gefragt, andernorts eine offene Turnhalle oder ein Spielnachmittag. «Wir haben kein einheitliches Programm, das wir durchziehen», betont er. Das Hauptziel ihrer Arbeit sei es, «dass sich die Jugendlichen wohl fühlen in der Gemeinde, in der sie aufwachsen».

Langnau macht Umfrage

Die Gemeinde Langnau führt eine offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA). Nun konnten Kinder und Jugendliche der Gemeinden des oberen Emmentals in einer Umfrage angeben, welche Angebote sie wünschen. «Bis Mitte März erwarten wir die Antworten der Gemeinden», sagt Daniela Bärtschi, Langnaus Sozialvorsteherin. Man werde dann schauen, was es für organisatorische Änderungen brauche und wie die Kosten aufgeteilt werden könnten, so Bärtschi. Derzeit bezahle Langnau pro Jahr 45´000 Franken für die OKJA, 30 Prozent der effektiven Kosten. 70 Prozent finanziere der Kanton Bern.

09.03.2023 :: Silvia Wullschläger (sws)