An der Decke sind Verzierung zu sehen, die an die Truber Kirche erinnern. / Bild: Bettina Haldemann-Bürgi (bhl)
Langnau: 1673 hat Abraham Dünz die reformierte Kirche gebaut. Die Baugeschichte reicht jedoch viel weiter zurück – und setzt sich bis heute fort.
Bevor Abraham Dünz in Langnau mit dem Kirchenbau begann, liess er die Vorgängerkirche ganz abreissen. Nur den hohen, kräftigen Turm aus dem 13. Jahrhundert liess Dünz stehen. Daran baute er eine Kirche, die doppelt so gross wie die frühere war.
Die Reformation verlangte nach neuen Kirchenbauten. Abraham Dünz war einer der bedeutendsten Baumeister in dieser Hinsicht, der über vierzig Kirchen schuf. In Langnau baute er eine grosse rechteckige Saalkirche mit einer durchlaufenden Kassettendecke. Der Chor im Osten deutete er nur noch an und verband ihn mit dem Langhaus zu einem einzigen offenen Raum. Neun hohe gotische Fenster (Spitzbogen mit Masswerk) liess er anbringen. Kanzel, Abendmahltisch und Taufstein, das Wichtigste im Gottesdienst, platzierte Dünz so, dass sie von überall sichtbar waren.
Der mittelalterliche Turm
Eine Besonderheit der Kirche ist der massive Turm. Bei den Grabungen, die 1997 gemacht wurden, kamen die Fundamente zweier Vorgängerkirchen zum Vorschein. Eine der Steinbauten grenzte an den Turm an. Daraus schlossen die Archäologen, dass der Turm zur selben Zeit gebaut worden war, also im 13. Jahrhundert.
Die Gründung der Kirche liegt indes noch weiter zurück. Der Heilige Martin, dem die Kirche geweiht war, war der Lieblingsheilige der Franken (5. bis 9. Jahrhundert). Jonas Glanzmann, der die Baugeschichte sorgfältig recherchiert hat, datiert die Gründung der Kirche deshalb ins 10. Jahrhundert. Er schliesst nicht aus, dass ein Ritter, der mitten im Dorf wohnte – dort, wo heute das Höhewegschulhaus steht – in Sichtnähe die erste Kirche errichten liess.
Im Goldenen Schnitt
Die Architekten Hansueli Jörg und Martin Sturm führten 1997 die Renovation der Kirche durch. Beim Ausmessen der Kirche stellten sie fest, dass der Chor halb so lang wie das Schiff ist (1:2) und die Breite der Kirche mit der Höhe im Verhältnis 3:2 steht. Dank einer Skizze, die der Kunsthistoriker Paul Hofer für die Renovation 1957/58 erstellt hatte, fanden die beiden Architekten heraus, dass die Diagonale des Kirchenschiffs mit der Diagonalen der Höhe im «Goldenen Schnitt» steht. Gross war die Überraschung, als bei den Grabungen auch Überreste eines Holzbodens zum Vorschein kamen, der sich über das gesamte Langhaus erstreckte. Mondholz aus hochgelegenen Wäldern zwischen Eggiwil und Schangnau wurde zur Wiederherstellung des Fussbodens verwendet. Weiter entfernten die Architekten das Brusttäfer und ersetzten die schwere Empore durch eine Holz-Metall-Konstruktion. Zusammen mit der Denkmalpflege verfolgten sie das Ziel, den «Dünz-Raum» wieder sichtbar zu machen.