Der heimliche Matchwinnner

Der heimliche Matchwinnner
Jan Neuenschwander erhält in Unterzahl am zwölftmeisten Eiszeit aller National-League-Spieler. / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: Jan Neuenschwander ist nicht der auffälligste Spieler der Tigers – aber dennoch ein ganz wichtiger. Der gebürtige Davoser gehört zu den besten Boxplay-Spielern der Liga.

Über 80 Minuten stand Jan Neuenschwander in dieser Saison bereits in Unterzahlsituationen auf dem Feld.  Zusammen mit Pascal Berger erhält er damit im Boxplay mit Abstand die meiste Eiszeit aller Langnauer Stürmer. 30 Gegentreffer hat Langnau diese Saison im Boxplay erhalten – aber gerade mal 5, wenn Neuenschwander auf dem Eis war. «Ich habe schon immer gerne Boxplay gespielt», sagt der Mittelstürmer und fügt an: «Es ist eine gleich wichtige Spielsituation wie das Powerplay.»

Neuenschwander ist nicht als grosser Skorer bekannt, drei Assists stehen in der Meisterschaft bisher zu Buche. Der gebürtige Davoser stellt sich aber voll in den Dienst der Mannschaft und erledigt besonders seine defensiven Aufgaben äusserst zuverlässig. «Ich kenne meine Rolle und mag diese auch.» Er würde sich aber wünschen, dass seine Linie offensiv noch etwas mehr bewirken kann. «Es wäre wichtig für die Mannschaft, dass wir neben dem Boxplay auch mit Toren manchmal ein Spiel zu unseren Gunsten entscheiden können», erklärt der 30-jährige. Am Wochenende ist das gut gelungen: Beim Sieg in Biel überstand Langnau eine 5-Minuten-Strafe, bei der Niederlage gegen Ambri schoss die vierte Linie den zwischenzeitlichen Führungstreffer für die Tigers.


«Leute hier leben fürs Hockey»

Nicht erst seit diesem Wochenende zeichnet sich ab, dass die SCL Tigers immer wieder gegen Spitzenteams punkten, sich aber gegen direkte Konkurrenten schwertun. Hat Neuenschwander eine Erklärung dafür? «Ich denke, dass vieles mit dem Spielstil zu tun hat. Oft liegen uns die Spitzengegner eher, während die Teams in unserer Tabellenregion ähnlich spielen wie wir.» Mit dem Druck habe es eher weniger zu tun, findet der Bündner. Diesen habe er bei seinen bisherigen Karrierestationen Zürich, Biel und Bern deutlicher wahrgenommen. Oder anders. Zwar spüre man in Langnau auch Druck, aber «während es in grösseren Organisationen mehr um Unterhaltung geht, merkt man hier viel mehr, dass die Leute für das Hockey leben.» Nicht nur wegen der familiären Stimmung schätzt Jan Neuenschwander Langnau; er fühlt sich grundsätzlich wohl und würde gerne hier bleiben. Allerdings läuft sein Vertrag Ende Saison aus. Noch ist unklar, ob er vom Club ein Angebot zur Verlängerung erhält.


An vielen Fronten gefordert

Er sei fit und habe noch ein paar gute Hockey-Jahre vor sich, sagt Neuenschwander von sich. Trotzdem macht sich der ehemalige Sport-Gymnasiast Gedanken über die Zeit nach der Aktivkarriere. Vor kurzem hat er die Masterarbeit eingereicht und will sein BWL-Studium bald abschliessen. «Es ist schon eine Herausforderung, zeitlich alles unter einen Hut zu kriegen», bestätigt der Vater eines bald zweijährigen Sohnes. Es erfordere einfach Disziplin und gute Planung.

Für Neuenschwander ist das jedoch nicht Neues. Seit er vier Jahre alt ist, hat er Diabetes Typ I. Er ist sich gewohnt, einen klar strukturierten Tagesablauf mit vielen Routinen zu haben. Er geht sehr offen mit dem Thema um, und auch für seine Mitspieler ist normal, dass er in jeder Pause seinen Blutzuckerspiegel messen und mit Zucker oder Insulin korrigieren muss. Sogar der Krankheit gewinnt Neuenschwander etwas Positives ab: «Zum einen ist es gut, dass ich es als Vierjähriger bekam – ich kenne es nicht anders. Ausserdem helfen mir Dinge, auf die ich wegen dem Diabetes achten muss, auch im Sport. Zum Beispiel ausreichend Schlaf und eine gute Ernährung.» Auch seine Disziplin und sein Wille gehören dazu. Und genau diese Tugenden will er einsetzen, um Langnau zum Erfolg zu verhelfen.

02.02.2023 :: Micha Strohl (msz)