Das Militär spielt heute keine Rolle mehr

Das Militär spielt heute keine Rolle mehr
Der Kavalleriereitverein Obere Emme bei seinem Jubiläumsritt durch Eggiwil. / Bild: zvg
Eggiwil/Röthenbach: Vor 100 Jahren wurde der Kavalleriereitverein Obere Emme ins Leben gerufen. Ausser dem Namen und der Kameradschaft hat sich seither fast alles geändert.

«Inzwischen bin ich der älteste Dragoner im Verein», sagt Hans Aeschbacher aus Süderen. Der 88-Jährige sitzt zu Hause am grossen Küchentisch, mit dabei sind unter anderem der aktuelle Präsident Ruedi Hasler sowie die Sekretärin Cornelia Fankhauser. Fürs Interview hat sich Aeschbacher, der früher ebenfalls ein paar Jahre lang als Präsident amtete, gründlich vorbereitet.


Nur Kavalleristen zugelassen

«Vor der Gründung gehörten die Gemeinden Röthenbach, Eggiwil, Schangnau und Signau zum Reitverein Langnau und wurden von dort aus gesteuert», liest Hans Aeschbacher aus seinen Notizen vor. Das weiss er unter anderem aus den Erzählungen seines verstorbenen Vaters, Hans Aeschbacher (Jahrgang 1901). Frisch aus der Rekrutenschule entlassen, beschloss dieser 1922, zusammen mit anderen jungen Dragonern unabhängig zu werden. Es war die Geburtsstunde des Kavalleriereitvereins Obere Emme. «Mein Vater wurde ihr erster Präsident», erzählt sein Sohn. Als Aktive zugelassen waren ausschliesslich Kavalleristen, also Soldaten hoch zu Ross.


An die Austragungsorte geritten

Der neue Verein gehörte dem Zen-tralschweizerischen Kavallerieverein an und wurde regelmässig von einem Militär-Hauptmann überprüft. Vorgeschrieben waren etwa eine gewisse Anzahl gemeinsamer Ritte und Übungen im Gelände. Zu den Höhepunkten eines Dragoners gehörten Wettkämpfe wie Springkonkurrenzen. «Damals kannte man keine Pferdeanhänger», erinnert sich Hans Aeschbacher, der 1955 die Rekrutenschule absolvierte und danach zum Verein stiess. «Wir sind an die Austragungsorte geritten.» Das hiess manchmal, morgens um vier Uhr loszureiten, um rechtzeitig beispielsweise in Interlaken zu sein, wo gleichentags ein Wettkampf stattfand. «So etwas wäre für die heutigen Freizeitpferde nicht mehr zu schaffen», ist sich die Tischrunde einig. Dragonerpferde, auch Eidgenossen genannt, waren jedoch temperamentvolle Halbblüter und im zumeist landwirtschaftlichen Alltag wichtige Helfer. Sie waren deshalb sehr gut trainiert.


Jubiläumsritt durch Eggiwil

Hans Aeschbacher schwärmt insbesondere vom enormen Zusammenhalt untereinander. «Man stand fürein-ander ein, auch in der Freizeit.» Bis heute, 50 Jahre nach der Abschaffung der Kavallerie, sei diese Kameradschaft ungebrochen. 

Das Militär spielt heute für den Verein keine Rolle mehr. Inzwischen sind zwei Drittel der rund 34 Aktivmitglieder Frauen und die meisten reiten auf Freiberger Pferden. Willkommen sind grundsätzlich alle Rassen, auch Ponys. Wilde Ritte querfeldein sind kaum mehr möglich. «Heute hat es überall Zäune», sagt der heutige Präsident Ruedi Hasler. Feldwege seien rar und die Strasse nicht ungefährlich, wie Cornelia Fankhauser ergänzt. «Wenn wir abends beleuchtet ausreiten, sehe ich jeweils aus wie ein Weihnachtsbaum», scherzt sie. Das sei aber notwendig. Wie andere auch, wünscht sich der Kavalleriereitverein mehr Mitglieder. «Wir veranstalten übers Jahr einen Reitkurs, einen Patroullienritt, regelmässige Ausritte und einiges mehr», zählt Ruedi Hasler einige Aktivitäten auf.

Zum 100-Jahr-Jubiläum organisierte der Verein einen Jubiläumsritt am vergangenen 11. September. Mit sieben Pferden und einem zweispännigen Pferdewagen zogen die Vereinsmitglieder durch Eggiwil und genossen im Anschluss einen Apéro im «Bären».

17.11.2022 :: Rebekka Schüpbach (srz)