Wer früh bucht oder flexibel ist, zahlt weniger für die Skitageskarte

Wer früh bucht oder flexibel ist,  zahlt weniger für die Skitageskarte
Dynamisch sind in Sörenberg nicht nur die Preise, sondern können auch die Abfahrten sein. / Bild: Ruedi Flück
Sörenberg: Neu haben die Skitickets keinen fixen Preis mehr. Die Bergbahnen versprechen sich eine gleichmässigere Auslastung der Anlagen. Von den Kunden profitieren vor allem Frühbucher.

Es läuft ähnlich wie bei Flugtickets oder Hotelübernachtungen. Je früher man bucht, desto günstiger ist es. Nun gilt dieses Prinzip auch bei den Bergbahnen Sörenberg. Skifahrer und Snowboarderinnen können schon heute für die ganze Wintersaison online Tages-, Mehrtages- und Drei-Stunden-Karten kaufen. Die Preise variieren aktuell zwischen 40 und 50 Franken. Doch das ändert sich laufend. Je länger man wartet, desto teurer wird es. «Bei 40 Franken geht es los, der Höchstpreis liegt nicht über 70 Franken», erklärt René Koller, Direktor der Bergbahnen Sörenberg AG. In der letzten Wintersaison kostete eine Tageskarte für eine erwachsene Person fix 54 Franken. Nicht nur der Zeitpunkt der Buchung hat einen Einfluss auf den Preis, sondern auch der Wochentag, die Saison, die Wetterprognose und die Buchungsstände. Ein Algorithmus berechnet so den Preis.


«Ein Vorteil für Feriengäste»

Frühbucher profitierten finanziell in jedem Fall, sagt Koller. Der heute gültige Preis für ein Skiticket an einem bestimmten Tag werde nicht mehr günstiger. Das sei etwa für Leute, die ihre Ferien in Sörenberg verbringen, von Vorteil. Haben Tagesgäste, die sich spontan für einen Skitag entscheiden, also das Nachsehen? Nicht unbedingt, meint Koller. «Sie zahlen zwar mehr als Frühbucher, doch weichen sie auf Tage mit geringerer Nachfrage aus, wirds auch für sie günstiger als mit fixen Preisen.» Zudem trügen Frühbucher das Wetterrisiko. Ist das Wetter an ihrem Skitag schlecht, haben sie Pech gehabt. Nur wenn alle 17 Anlagen stillstehen, gibts eine Rückerstattung in Form eines Skitickets.  

«Ein Ziel des neuen Modells ist, den Betrieb und die Kosten besser planen zu können, so dass Sörenberg längerfristig als Tourismusdestination bestehen kann», erklärt René Koller. Ausserdem hofften sie, die Sportanlagen gleichmässiger auslasten zu können. Ob die Gäste aufgrund der tieferen Preise tatsächlich vermehrt unter der Woche und in der Nebensaison auf die Piste gehen, bezweifelt Philipp Lütolf, der sich mit neuen Preismodellen befasst hat (siehe Kasten).


Keine Änderung auf Marbachegg

Im Skigebiet Marbachegg hält man an den fixen Preisen fest. Aufgrund steigender Energiekosten werden die Tarife um durchschnittlich fünf Prozent erhöht Ihre Hauptkundschaft seien Tagesgäste und Leute, die spontan für zwei, drei Stunden Skifahren wollten, erklärt Martin Knüsel, Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer der Sportbahnen Marbachegg. «Mit dynamischen Preisen würden wir diese benachteiligen.»

«Die Chancen, etwas mehr Umsatz zu erzielen, sind intakt»

Philipp Lütolf, Wirtschaftsprofessor an der Hochschule Luzern, hat Preismodelle in Skigebieten analysiert. Seilbahnunternehmen, die dynamische Preise eingeführt hätten, seien mehrheitlich zufrieden damit. «Die Investitionen sind überschaubar und die Chancen, etwas mehr Umsatz zu erzielen, intakt.» Vor allem Skigebiete mit vielen Feriengästen berichteten von positiven Erfahrungen. Eine Studie habe gezeigt, dass Bergbahnen mit dem dynamischen Preismodell zwar nicht viel mehr Gäste gewinnen, jedoch pro Person im Durchschnitt mehr verdienen. Handelt es sich also um eine versteckte Preiserhöhung? «Ich würde es positiv formulieren: Seilbahnen erhalten mehr Flexibilität bei der Preisgestaltung, was zum Beispiel in Zeiten von stark steigenden Energiekosten hilfreich ist.» Die Branche sei nicht auf Rosen gebettet, denn Skifahren sei aufwändig bezüglich Infrastruktur und Personal. «Wir sprechen hier nicht von abzocken, sondern von Umsatzsteigerungen von wenigen Prozenten», betont Lütolf. Die dynamischen Preismodelle seien jedoch kein Allheilmittel. Als wichtiger bezeichnet er Schneesicherheit, attraktive Unterkünfte und ein intaktes Preis-/Leistungsverhältnis. Skeptisch sieht Lütolf das Ziel der Bergbahnen Sörenberg, die Anlagen ausgeglichener auslasten zu wollen. Das werde seiner Meinung nach sehr schwierig. «Wenn ich am Samstag frei habe, bringt mich kein Preissystem der Welt dazu, am Montag Skifahren zu gehen. Denn dann müsste ich einen Freitag nehmen, und das kostete mich viel mehr als ein Rabatt von 10, 20 Franken.»

Wer seine Ferien weit im Voraus buche, etwa Familien mit schulpflichtigen Kindern, werde sicher mehr Freude am neuen System haben als Leute, die spontan bei schönem Wetter auf die Piste wollten, sagt der Wirtschaftsprofessor. Das frühe Kaufen von Tageskarten sei wegen dem Wetterrisiko weniger attraktiv. «Möglicherweise wird der eine oder andere Gast weniger oder gar nicht mehr kommen – aber insgesamt dürften die Chancen die Risiken übersteigen», ist Philipp Lütolf überzeugt.

10.11.2022 :: Silvia Wullschläger (sws)