Kirchgemeinde will nicht nur für sich planen und bauen

Kirchgemeinde will nicht nur  für sich planen und bauen
Das Kirchgemeindehaus war der Auslöser für die Planung. Involviert sind auch das Spital und die Gemeinde. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Langnau: Das Kirchgemeindehaus muss saniert werden. Das Spital braucht mehr Platz. Nun werden Ideen gesucht, wie die unterschiedlichen Bedürfnisse verbunden werden könnten.

Wird das Kirchgemeindehaus abgerissen, entstehen auf dieser Parzelle neue Möglichkeiten. Noch mehr Gestaltungsspielraum bietet sich, wenn das Areal des benachbarten Spitals sowie die Parkplätze, welche der Gemeinde gehören, miteinbezogen werden. Zu diesem Perimeter können sich Architekturbüros bis am 11. November im Rahmen der Präqualifikation für den Ideenwettbewerb empfehlen. Sie geben dazu vergleichbare Referenzprojekte ab. «Das Preisgericht wählt dann fünf bis sechs Büros aus, die in einem nächsten Schritt aufzeigen, wie sie sich die räumliche Aufteilung vorstellen», erklärt Martin Sturm das Vorgehen. Der Architekt leitet das qualitätssichernde Verfahren im Auftrag der drei Parteien Kirchgemeinde, Spital und Gemeinde. Sie bilden zusammen die Interessengemeinschaft (IG) Oberdorf.

Einfach sei der Auftrag nicht, findet Sturm. Zum einen müsse eine Lösung gefunden werden, die den sehr unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werde. Zum andern befinde sich der Perimeter im Inventar der schützenswerten Dorfbilder (Isos). «Das ist heikel», sagt Sturm.


Kirchgemeinde braucht weniger Platz

Den Stein für die Planung ins Rollen gebracht hat die Kirchgemeinde. «Das Kirchgemeindehaus hat mit seinen 52 Jahren erheblichen Sanierungsbedarf», sagt Peter Weigl, Pfarrer in der reformierten Kirchgemeinde Langnau. «Ausserdem brauchen wir nicht mehr so viel Platz, wie im Gebäude zur Verfügung steht.» Zwar sei eine reine Sanierung auch ein mögliches Szenario, doch biete das keine Synergiemöglichkeiten mit anderen Nutzern. Und das sei schade. «Wir wollen über unser Grundstück hinaus denken», betont Weigl. Insbesondere das benachbarte Spital sei sehr an einer Erweiterung interessiert und auch die Gemeinde sei involviert (siehe Kasten).


Bevölkerung kann mitreden

Aktuell kläre das Spital Emmental seinen Platzbedarf ab, sagt Peter Weigl. Für die Kirchgemeinde sei dieser schon ziemlich klar. «Wir benötigen Unterrichtsräume und einen Saal.» Wie gross dieser werde und ob es eine Bühne brauche, sei noch nicht definiert. Der Saal solle den Dorfvereinen weiterhin zur Verfügung stehen. Am öffentlichen Infoabend vom 7. November könne die Bevölkerung ihre Bedürfnisse anmelden, betont Peter Weigl.  

Anhand des Flächenbedarfs könnten die eingeladenen Architekturbüros bis im Mai 2023 Vorschläge ausarbeiten, erklärt Architekt Martin Sturm das weitere Vorgehen. Ein Preisgericht, dem nebst den drei Parteien auch Architekten sowie ein Vertreter der kantonalen Denkmalpflege angehören, wird dann im Juni ein Siegerprojekt küren.


Der zweite Anlauf

An den Kosten für den Projektwettbewerb beteiligen sich alle drei Parteien. Den grössten Anteil an die 180´000 Franken leistet das Spital Emmental als Hauptnutzerin mit 100´000 Franken. Die Kirchgemeinde ihrerseits übernimmt 50´000 Franken und 30´000 Franken gehen zulasten der Gemeinde Langnau.

Schon einmal, im Juni 2021, beantragte der Kirchgemeinderat einen Planungskredit – und scheiterte. Damals ging es um einen fünfstöckigen Ersatzneubau für das Kirchgemeindehaus. Das Geschäft wurde zurückgewiesen. Es wurden Bedenken geäussert, ob ein solcher Bau in den historischen Dorfkern passt. Auch dass ein Investor das 13-Millionen-Projekt rea-lisieren sollte, rief Unmut hervor. 

Peter Weigl ist überzeugt, dass die Planung nun auf einem guten Weg ist. «Mit einem qualitätssichernden Verfahren wird auch die besondere Lage im geschützten Dorfkern gebührend berücksichtigt.» Und das Spital habe nun, mit dem grösseren Perimeter, eine echte Perspektive für eine Erweiterung. «Das Wichtigste ist», ergänzt Martin Sturm, «dass alle drei Partner sowie die Bevölkerung am gleichen Ende des Stricks ziehen.»

Spital Emmental braucht «unbedingt mehr Platz»

«Das Projekt Oberdorf in Langnau hat für uns eine grosse Bedeutung», sagt Reto Flück, Mitglied der Geschäftsleitung des Spitals Emmental. «Wir brauchen unbedingt mehr Platz.» Schon heute hätten sie Büroräume in ein Provisorium beim Äntelipark ausgelagert. Die Container hielten nicht ewig, in den nächsten fünf Jahren brauche es eine Lösung. Die Parzellen der Kirchgemeinde und der Gemeinde in unmittelbarer Nachbarschaft seien für eine Erweiterung ideal. «Auf unserem eigenen Areal sind die Möglichkeiten begrenzt.»

Wie gross der Flächenbedarf des Spitals ist, kann Flück noch nicht sagen. Sicher seien es mehrere 1000 Quadratmeter. Das sei auch abhängig von der Strategie, die aktuell überarbeitet werde. Platz brauche es für Büros, Personalzimmer sowie neue medizinische Angebote vorwiegend im ambulanten Bereich. Auch erfolgreiche bestehende Angebote würden ausgebaut, stellt das Geschäftsleitungsmitglied in Aussicht. Zudem brauche der Rettungsdienst mehr Platz und eine moderne Infrastruktur. «Unser Ziel ist es, den Standort Langnau zu stärken und ein Angebot zu bieten, das langfristig Bestand hat.»


Zwei Parzellen gehören Gemeinde

Den Spitalstandort Langnau sichern, das ist auch ein Ziel der Gemeinde Langnau. Diese ist mit zwei Parzellen an der Planung Oberdorf beteiligt. «Wir stellen die Parkplätze zwischen dem Kirchgemeindehaus und dem
Spital sowie beim Äntelipark für den Wettbewerb zur Verfügung. Das
bietet den Planungsbüros mehr
Möglichkeiten», sagt Gemeinde-präsident Walter Sutter. 

Die Gemeinde habe für sich selber
keinen Raumbedarf. Im Gegenteil:
Die Zivilschutzplätze im Unterge-
schoss des Kirchgemeindehauses,
welche im Stockwerkeigentum der
Gemeinde sind, werden nicht mehr benötigt. «Deshalb streben wir eine Entflechtung der Besitzverhältnisse an», erklärt Walter Sutter.

27.10.2022 :: Silvia Wullschläger (sws)