Die Nummer 8 von Steve Hirschi wird in Lugano nicht mehr vergeben. / Bild: Peter Eggimann (ped)
Eishockey: Steve Hirschi rackerte sich fünf Saisons für Langnau und 14 für Lugano ab. Als Langnauer Assistenzcoach steht er am Samstag gegen Lugano an der Bande.
Halbe Sachen, das kennt Steve Hirschi nicht. Während seiner 19-jährigen NLA-Karriere schonte er sich nie. Nichts ist typischer für ihn, als das, was im Playoff 2006 geschah. Im ersten Viertelfinal zwischen Lugano und Ambri erlitt er einen Kreuzbandriss und dazu einen Meniskusschaden. Die nächsten zwei Spiele schaute er zu. Aber als das favorisierte Lugano in der Best-of-seven-Serie mit 0:3 vor dem Ausscheiden stand, konnte Hirschi nicht länger zuschauen. Er liess sich schmerzfrei spritzen und kehrte ins Team zurück. «Ich weiss», erzählt der 41-jährige Emmentaler rückblickend, «das war Raubbau an meinem Körper. Aber ich konnte einfach nicht anders. Der Ehrgeiz war grösser als der Verstand. So bin ich eben, das ist mein Charakter.» Die Entscheidung, fügt er verschmitzt hinzu, habe ihm aber schliesslich doch recht gegeben: «Wir kehrten die Serie gegen Ambri mit vier Siegen, schlugen Kloten und Davos jeweils 4:1 und wurden Schweizer Meister.»
Fünf Saisons lang Captain von Lugano
Lugano schaffte gegen Ambri als erstes Team in der Playoffgeschichte die Wende von 0:3 auf 4:3. Der Titelgewinn von 2006 war bis heute der letzte der Tessiner. Während fünf Saisons, so lange wie bisher kein anderer, war Hirschi Captain der Luganesi. Für seine überdurchschnittlich grossen Verdienste wurde er nach Abschluss seiner Karriere am 30. September 2017 vor dem Heimspiel gegen die SCL Tigers gebührend geehrt. Höhepunkt der «Hirschis Night» war das Hochziehen seines Leibchens mit der Nummer 8 unters Stadiondach.
Herausforderungen waren ständige Begleiter in der Karriere von Hirschi. Beispielsweise das mühsame, oft monatelange Zurückkämpfen in die Mannschaft nach total zehn Knieoperationen sowie weiteren chirurgischen Eingriffen an Schulter, Hüfte und Leiste. Oder die Herausforderung, ein immer besserer Spieler zu werden. Das war auch der Hauptgrund, weshalb er mit 21 von Langnau zu Lugano wechselte. Bei den Emmentalern hatte er mit den beiden finnischen Verteidigern Kakko und Hämäläinen zwar Lehrmeister der Extraklasse, aber er wollte mehr: «Ich wollte in einer starken Mannschaft mit möglichst vielen starken Spielern spielen, einem Team, das Titelchancen hat.» Bei Lugano war dies der Fall. In der Garderobe wimmelte es nur so von Leadertypen und Persönlichkeiten. Jahrelang verteidigte er mit dem finnischen Ausnahmekönner Petteri Nummelin, vor ihm stürmten Grössen wie Peltonen, Rintanen, Metropolit, Bednar. Zum Meisterteam gehörten auch Schweizer Spitzenspieler wie Vauclair, Näser, Sannitz, Jeannin und Fuchs.
Gegenspieler von Sakic und Jagr
Wegen Verletzungen und Krankheiten fehlte Hirschi im Verlauf seiner Karriere in 240 von 992 möglichen Spielen. Er verpasste die Olympischen Spiele 2010, dazu zwei, drei WM-Turniere und damit die Marke von 100 Länderspielen. Kein Grund für ihn, diesen verpassten Höhepunkten nachzutrauern. Im Gegenteil: «Alles, was ich gemacht habe, hat sich gelohnt.» Recht hat er. Er stand im Schweizer Team, das an den Olympischen Spielen 2006 in Turin mit den Triumphen über Kanada (2:0) und Tschechien (3:2) für Sensationen sorgte. Er verteidigte gegen NHL-Superstars wie Joe Sakic und Jaromir Jagr. Welcher Schweizer Eishockeyprofi kann das schon von sich sagen? Ganz wenige nur, und einer davon ist Steve Hirschi, der als neuer Assistenzcoach der SCL Tigers vor seiner nächsten Herausforderung steht.