Wenn der Zirkus SRF zu Gast ist

Wenn der Zirkus SRF zu Gast ist
So eine aussergewöhnliche Doppelrolle hatte Stefan Fries vom Theaterverein noch nie: Er gab in der ­Probe nicht nur Schwingerkönig Joel ­Wicki, sondern auch den ­Sänger Marco Kunz. / Bild: Daniel Zürcher
Sörenberg: Für «SRF bi de Lüt – Live» wurde tüchtig geprobt. Einheimische Statisten schlüpften in die Rolle prominenter Gäste. Allen machte es Spass – auch dem Moderatorenduo.

Nicht nur die Theatergruppe probt ihre Auftritte – auch das Schweizer Fernsehen tut es. Es ist früher Freitagnachmittag. Fast alles ist bereit in Sörenberg für die Hauptprobe. Die Bühne mit dem SRF-Logo für die Künstler befindet sich mitten auf dem riesigen Platz bei den Bergbahnen. Rundherum stehen Tische und Bänke. «Ja», sagt die OK-Präsidentin Carolina Rüegg, «wir sind bereit für bis zu 2200 Gäste.» Und sie hoffe natürlich, sie blieben vom Regen verschont. Kalt, das gehe. Aber triefende Nässe – das wäre fatal. 

Mit den Installationsarbeiten hätten sie am Montag begonnen, erklärt Kurt Schwaller, Projektleiter bei SRF. Er ist verantwortlich für die technische und personelle Planung der Sendung. Er ist dabei seit der ersten Sendung, also ein alter Hase. «Wir funktionieren wie ein Zirkus», so Schwaller. Der Aufbau sei jeden Tag mit mehr Personal und Material hochgefahren worden. Bis am Samstag werden 45 Personen vom Fernsehen vor Ort sein. Das seien Kameraleute, Techniker, Audio- und Videospezialisten, Bühnentechniker sowie Leute von der Maske und der Requisite. Das Material sei mit sieben Lastwagen und zwei Sattelschleppern hergekarrt worden. Hinzugemietet habe man einen Kamerakran, bekannt von Einsätzen bei grossen Fussballspielen.

Logistisch sei das hier in Sörenberg fast Nasenwasser, so Schwaller weiter. Die Zufahrt sei ideal, der Platz gross – anders, als wenn in der Fussgängerzone einer Stadt aufgebaut werden müsse. Sehr geschätzt habe er auch die unkomplizierte Zusammenarbeit mit dem OK und den Behörden.


Statisten im Einsatz

Es ist 14 Uhr – Zeit für die Regiebesprechung. Das Moderatorenduo – die Innerschweizerin Fabienne Gyr und der Bündner Salar Bahrampoori – ist vor Ort; ebenso der Koch Fabian Zbinden. Mit dabei ist zudem die gesamte SRF-Crew, die freiwilligen Kabelträger sowie die Statisten. Letztere supponierten, so Schwaller, die eingeladenen Gäste – also die beiden Schwingerkönige, die Sänger und Musiker sowie die Gemeindepräsidentin. Für die Rekrutierung der Statisten sei die Theatergruppe Flühli verantwortlich gewesen. Einzige Anforderung: Man sollte nicht grad aufs Maul gefallen sein. Unter den Statisten ist auch Stefan Fries, ein Herr gesetzteren Alters. Sichtlich erfreut, aber auch leicht nervös, ist er stolz, eine Doppelrolle spielen zu dürfen. Er gibt den Kunz und den Wicki.

Fernsehregisseur Stefan Brülhart erläutert nochmals den Ablauf der Probe, gibt letzte Anweisungen. Dann werden alle, auch die Statisten, verkabelt. Es geht los. Das Moderatorenduo begrüsst den einzig wahren König der Schweiz – Schwingerkönig Joel Wicki alias Stefan Fries. Die Tonalität passt – da sind eindeutig Profis am Werk. Nach dem königlichen Interview bewegen sich die Moderatoren von einem Standort zum nächsten. Zwischendurch unterbricht Brülhart. Er schaut sich eine Szene auf dem Monitor nochmals an. Darauf korrigiert er den Einsatz von zwei Kameras. Jetzt stehen Gyr und Bahrampoori mit dem Schwingerkönig im Ring. Noch fehlt das Sägemehl. Man werde, so der Regisseur, situativ entscheiden, ob es zur Showeinlage im Sägemehl kommen wird oder nicht. Entscheidender Faktor: das Wetter. 

Die Szene muss aber wiederholt werden. Die Bodenmarkierung, wo genau die Moderatorin stehen muss, passt nicht. Sie muss um wenige Zentimeter korrigiert werden. Das Ganze ist Massarbeit. Weiter gehts an den Prominententisch. Dort sitzt bereits die Gemeindepräsidentin Hella Schnider, gedoubelt von einer einheimischen Statistin. Die ist tatsächlich nicht aufs Maul gefallen und macht ihren Part bestens. Auch der Berner Profikoch Fabian Zbinden kommt zum Einsatz. Er erklärt Salar Bahrampoori die Zubereitung des gastronomisch kreativen Sörenburgers.

Nach eineinhalb Stunden ist die Hauptprobe durch. Die Probe für die Showacts – den Auftritt von Kunz und «Sörebläch» – ist kurz und dient hauptsächlich der korrekten Positionierung von Statisten und Kameras. An der Gitarre: Stefan Fries. Kurz vor 16 Uhr ist Schluss. Jetzt setzt der Regen ein. Aber für Fries und seine Kolleginnen und Kollegen gehts bald weiter. Sie kommen abends bei der Hauptprobe nochmals zum Handkuss. Und auch an der Generalprobe vom Samstagnachmittag stehen sie erneut im Rampenlicht. Danach erst übernehmen Wicki & Co.


Post festum

OK-Präsidentin Carolina Rüegg freut sich riesig. Alles sei gut über die Bühne gegangen. Ja, die Sendung sei so stimmig gewesen, dass man gar eine Viertelstunde überzogen habe. Auch mit dem Zuschaueraufmarsch sei sie mehr als zufrieden. Trotz kalter Witterung hätten rund 1400 Gäste für Stimmung gesorgt. Für die OK-Präsidentin von A bis Z ein Erfolg. 

Überzogen wurde nicht nur die Sendezeit, sondern wohl auch das Budget. Dabei gebe es keine Defizitgarantie der Gemeinde. «Aber», hält Carolina Rüegg fest, «die Sendung ist eine unbezahlbare Investition ins Standortmarketing.»

22.09.2022 :: Daniel Schweizer (sdl)