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Der Wandel auf der Alp

Der Wandel auf der Alp
Die Aussicht vom Stall Ahorneweid ist prächtig. Der gesamte Brienzergrat mit dem Augstmatthorn ganz rechts ist ersichtlich. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Flühli: Pius Schmid engagiert sich seit 2019 im Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verband. Obwohl das Älplerleben mit Tradition verbunden wird, stellt er einen grossen Wandel fest.

Noch läuft Wasser in den Brunnen beim Stall Unter Wysstannen, Gemeinde Flühli. Die Rinder ziehen aber einen schattigen Platz im Laufstall vor. Auch an den anderen Betriebsstandorten der Familie Schmid können die Rinder genügend Wasser saufen. «Ich habe in unserer Region aber von zwei, drei Alpen gehört, welche zu wenig Wasser haben», erklärt Pius Schmid. 

Generell seien die Entlebucher Alpen heuer vergleichsweise gut mit Regen versorgt worden. «Der erste Schnitt war sehr gut. Es gab viel Heu», bilanziert er. Leider habe dann Hagel das nachgewachsene Gras beschädigt. «Wir mussten dieses nun mähen, weil es sonst schlecht würde.»


Mehr Starkregen und Trockenperioden

Pius Schmid ist seit Kindesbeinen mit der Alp verbunden. Per Neujahr 2022 hat er den Betrieb an Sohn André übergeben, packt aber nach wie vor mit an. Über all die Jahre hat er insbesondere bezüglich der klimatischen Bedingungen Änderungen festgestellt. «In den letzten Jahren wurden Tage, an denen es normal regnet, deutlich weniger», hat der 65-Jährige beobachtet. Dafür träten Starkniederschläge häufiger auf, wie auch längere Trockenperioden. Durch seine Tätigkeit beim Alpwirtschaftlichen Verein Luzern (siehe unten) hat der Landwirt schon viele Alpen besichtigt. «Im Jura gibt es auf den Alpen mehr Probleme wegen der Trockenheit. «Aber auch wir haben nach den Sommern 2003 oder 2018 die Brunnen verbessert», berichtet er. 

Als Pius Schmid als Bub mit seinen Eltern und Geschwistern auf die Alp zog war Wassermangel kaum ein Thema. Weil die Winter so streng waren, suchten die Eltern einen Talbetrieb, damit sie im Winter dort leben konnten. Sie kauften den Hof Spierbergli in Flühli. Im Frühling ging es dann hinauf auf den Landwirtschaftsbetrieb Schneeberg mit angrenzender Sömmerung. Heute verbringt die Familie mehr Zeit auf dem oberen Betrieb als im Tal – und dies nicht nur, weil der Talbetrieb kleiner ist. «Die Alpsommer wurden tendenziell länger», berichtet Pius Schmid. Heuer seien sie bereits am 7. Mai auf den an einem Südhang zwischen Salwideli und Kemmeriboden gelegenen Schneeberg gezügelt; normal sei etwa Mitte Mai. 


Heu einbringen mit dem «Schnegg»

Runter ins Tal gehts erst im Januar. «Früher wäre Weg zu diesem Zeitpunkt nicht befahrbar gewesen», erinnert er sich. «In den Sechzigerjahren schaffte der Vater eine Heuraupe an, das war schon eine riesen Sache. Das Heu führten wir aber noch mit dem Pferd und dem ‹Schnegg› ein.» Heute können an den Hängen moderne Maschinen beobachtet werden. 

Auch sind die Betriebe heute problemlos mit Fahrzeugen erreichbar. Das ist auch praktisch, wenn die Bauern, welche ihr Vieh «z Bärg» geben oder einzelne Tiere abholen müssen; etwa wenn für ein Rind der Abkalbetermin naht. Gute Wege sind auch von nöten, weil viele Familien sowohl den Tal- wie auch den Alpbetrieb bewirtschaften. «Dass der Grossteil der Alpen von den Besitzern bewirtschaftet wird, ist eine Eigenheit der hiesigen Region», weiss Pius Schmid. «Auch befinden sich hier im Vergleich etwa zu Uri oder Graubünden viele Alpen in privatem Besitz.» 

Auch bezüglich der gealpten Tiere ist nicht mehr alles beim Alten. Pius Schmid selber hat 2002 von Milch- auf Mutterkühe umgestellt und einen entsprechenden Laufstall gebaut. Heute würden auch auf anderen Alpen mehr Mutterkühe gehalten. 


Weniger Schafe wegen Wolf 

Zurückgegangen ist hingegen die Schafhaltung. «Früher hatte es auf vielen Alpen ein paar Schafe», sagt Schmid. Heute würden auf wenigen Betrieben viele Schafe gehalten. Hauptgrund für den Rückgang sei der Wolf. «Natürlich haben wir noch nicht die Probleme wie die Schafhalter in Graubünden. Einfach ist es aber auch hier nicht.» Vor wenigen Wochen wurden mehrere Schafe im Gebiet Schratte gerissen. 

«Die Herden effizient zu schützen, ist schwierig», gibt Schmid zu bedenken. Herdenschutzhunde seien nur bei grossen Herden möglich und «wolfsichere» Zäune zu erstellen, sei mit einem sehr grossen Aufwand verbunden oder gar nicht möglich. «Hinzu kommen weitere Faktoren, die in der hitzig geführten Wolf-Debatte oft vergessen gehen», fügt Pius Schmid an. «Da ist die psychische Belastung der Älpler, welche sich nach einem Riss Vorwürfe machen. Dann leiden auch die Schafe, welche einen Angriff überlebt haben. Die Tiere werden viel wilder, ergreifen bei jedem verdächtigen Geräusch die Flucht, was für eine grosse Unruhe in der Herde sorgt.»

Wenn die ganz steilen Hänge nicht mehr abgeweidet werden, rutsche im Winter der Schnee rascher ab, nennt Pius Schmid eine Folge. «Es hat alle einen Zusammenhang.»

Aktiver Älpler-Verein

Pius Schmid gehört seit 2019 dem Vorstand der Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verbands an. Schon viel länger engagiert er sich in der Luzerner Sektion dieses Verbands. «Gegen 400 Mitglieder zählt der Alpwirtschaftliche Verein Kanton Luzern, wobei nicht alle Älpler sind. Es hat auch Gönner und ehemalige Älpler», berichtet Pius Schmid. Im Kanton Luzern gebe es rund 250 Alpen. Spitzenreiter ist klar die Gemeinde Flühli, die alleine 90 Sömmerungsbetriebe aufweist. 

Auf dem Programm des Vereins stehen eine ganze Reihe von Anlässen: Im Frühling organisiert er jeweils die Veranstaltung «Alpwirtschaft aktuell», wo heuer beispielsweise über das Thema Gewässerschutz auf Alpen informiert wurde.

Im Sommer wird zur Flurbegehung geladen. Heuer wird die Alp Trockenmatt im Eigental besichtigt und es gibt Informationen zu aktuellen Themen. Der Verein arbeitet eng mit dem Berufsbildungszentrum (BBZN) zusammen.

Weiter weg gehts traditionell auf der Alp-Exkursion. «Wir haben schon Alpen in der Waadt, in Graubünden oder im Wallis besucht», berichtet der Präsident. 

Ein Höhepunkt sei auch die Generalversammlung, welche von mehr als 150 Mitgliedern besucht werde. «Vor allem aber wegen dem Gesellschaftlichen.» 

Im Winter findet auch eine Exkursion statt, bei der beispielsweise Firmen oder Organisationen besucht werden, welche im Zusammenhang mit der Landwirtschaft oder der Lebensmittelproduktion stehen.  

11.08.2022 :: Bruno Zürcher (zue)