Im Abfall enthaltene Rohstoffe, Wertstoffe und Energie sollen zurückgewonnen und genutzt werden. / Bild: zvg
Emmental: Die meisten hiesigen Gemeinden entsorgen ihren Kehricht bei der Avag. An deren Generalversammlung ging es weniger um Finanzen als um Umweltprojekte und Nachhaltigkeit.
Ein gutes Ergebnis wird präsentiert, rundum Lob verteilt, einstimmig alles gutgeheissen und dann gibt es für die Aktionärinnen und Aktionäre ein feines Essen – so etwa sieht der typische Ablauf von Firmen-Generalversammlungen im Normalfall aus. Bei der Avag in der Stadthalle Thun war es etwas anders. Bevor die üblichen Traktanden abgespult wurden, hat Verwaltungsratspräsident Beat Brechbühl gleich fünf «nachhaltige Innovationsprojekte» angekündigt. Man wolle damit, wie Brechbühl sagte, die «Umwelt schützen und gleichzeitig Geld verdienen». So traten dann in der Folge fünf Herren – einer nach dem andern – ans Mikrofon und erklärten, auch sie unter häufiger Verwendung des Wortes «Nachhaltigkeit», was die Avag alles im Umweltköcher hat.
Biomasse zu Pflanzenkohle: Grünabfälle, die bisher kompostiert und zur Energieverwendung eingesetzt wurden, sollen künftig bei der Avag zu Biomasse verarbeitet werden. Dabei werde «CO2 für mehrere Jahrhunderte im Boden gebunden», wie es hiess, und überdies sei «Pflanzenkohle, aufgemischt mit Kompost, ein ausgezeichneter Bodenverbesserer».
CO2-Abscheidung: Weil Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) in der Schweiz immerhin 4,5 Prozent der Gesamtmenge an CO2 ausstossen, muss bis 2030 nach Vorgaben des Bundes eine erste KVA mit einer CO2-Abscheidanlage ausgerüstet sein. Die wird zwar voraussichtlich in Zug und nicht in Thun stehen, aber die Avag plant, die CO2-Emissionen mittels Abscheidungungstechnologie zum Beispiel auch in der Deponietechnik zu senken.
Methanpyrolose: In Zusammenarbeit mit der Forschungsanstalt Empa wird aus CO2 und Wasserstoff das Gas Methan hergestellt, das gespeichert und entweder als Energiequelle zur Verfügung stehen oder aber in Wasserstoff und festen Kohlenstoff zurückverwandelt werden kann. Dieser feste Kohlenstoff kann zum Beispiel in Beton gebunden werden.
Phosphor-Recycling: In Zusammenarbeit mit der ARA Thun wird daran gearbeitet, statt – wie bisher den Klärschlamm zu verbrennen – dem Klärschlamm das Phosphor zu entziehen. Phosphor braucht es zwingend für das Pflanzenwachstum und muss heute noch aus Marokko oder Russland importiert werden.
Schlackenaufbereitung: Bei der Verbrennung des Kehrichts bleibt Schlacke übrig, die deponiert werden muss. Die Deponie Jaberg, wohin die Schlacke aus der Avag abgeführt wird, hat nur noch Platz für zehn Jahre. Im Projekt in Zusammenarbeit mit der Firma Selfrag in Kerzers wird untersucht, wie der Schlacke zusätzlich zum Metall weitere Wertstoffe entzogen werden können – zur allfälligen Weiterverwendung in Industrie und Bau.
Umbenannt in Avag Umwelt AG
Alle diese Projekte seien in einem «frühen Stadium», erklärt Roman Camenzind, der designierte neue Avag-Geschäftsführer, der «Wochen-Zeitung». «Ich möchte mich nicht auf die Äste hinauslassen, welches davon wirklich zum Tragen kommt.» Es sei eine Tour d´Horizon gewesen, sagte auch Verwaltungsratspräsident Beat Brechbühl, bevor er die ordentlichen Traktanden aufrief.
Dabei war zu erfahren, dass die Avag «trotz Corona» 2021 ihr «bestes Geschäftsjahr» hinter sich gebracht hat und 2023 mit einem neuen Logo, das dem alten allerdings ziemlich ähnlich sieht, aufwarten wird. Bevor der Verwaltungsratspräsident zu Tisch bat, wurde dann, dem Zeitenlauf entsprechend, einstimmig die bisherige AG für Abfallverwertung Avag in die Avag Umwelt AG verwandelt.