Parteien buhlen um die Gunst der Wähler

Parteien buhlen um die Gunst der Wähler
Die Wählerinnen und Wähler können sich der Werbung der Parteien derzeit kaum entziehen. / Bild: Jürg Kühni (JKB)
Emmental: Die Parteien weibeln, um für die kantonalen Wahlen auf sich aufmerksam zu machen. Viele setzen auf persönliche Kontakte, andere mobilisieren im wahrsten Sinn des Worts.

Bernhard Stucki und Roland Ryser werben mit einer fahrenden, 13 Meter langen Plakatwand. Konkret handelt es sich dabei um einen Car, welcher mit einer SVP-Werbefolie versehen wurde. Bernhard Stucki, Geschäftsführer der Sommer AG, Grünen, ist bezüglich Car an der Quelle: «Wir haben uns gesagt: Wenn die Fahrzeuge in der Garage stehen, weil wegen der Pandemie viele Reisen abgesagt wurden, nutzen wird ein Fahrzeug halt für Wahlwerbung.» Nun sind Bernhard Stucki und Roland Ryser, welche von den SVP-Sektionen Sumiswald und Affoltern unterstützt werden, mit diesem Car im Emmental unterwegs; etwa zu verschiedenen Wahlanlässen, von denen die SVP Emmental eine ganze Reihe organisiert. Die SVP setzt überdies auch auf bewährte Werbemethoden wie Inserate oder Plakate und bedient die digitalen Kanäle. 


Mitte: Mehr digitale Angebote 

Bei den Wahlen vor vier Jahren hatte Mitte-Grossrat Jürg Rothenbühler eine ganz ähnliche Idee wie die SVP. Gemeinsam mit Parteikollege Samuel Leuenberger kurvte er damals mit einem knallgelben Wahlmobil durch die Gegend. Und heuer? «Nein, so etwas haben wir nicht geplant», sagt Jürg Rothenbühler aus Lauperswil. Bedingt durch die Pandemie setze die Mitte, nebst Plakaten, vermehrt auf digitale Kanäle, vor allem auf Instagram und Facebook. Er selber habe auch eine neue, persönliche Website gestaltet. «Wir wollen uns den Wählern mit vielen Bildern und kurzen Botschaften vorstellen», sagt Rothenbühler. Weiter versucht die Mitte persönliche Kontakte zu pflegen, etwa mit einem Stand am Langnau Märit oder mit Briefen.


EVP: Dort werben, wo es Potenzial hat

Auf persönliche Kontakte setzt auch die EVP. «Als kleine Partei werben wir gezielt dort, wo unsere potenzielle Wählerschaft ist», sagt Grossrätin Tabea Bossard-Jenni, Oberburg. Das sei effizient und günstig. Die EVP setzt dabei auf Briefe oder Karten. «Wir haben nicht das Geld, um grosse Plakatkampagnen lancieren zu können», sagt Bossard weiter. Stört es sie, dass die Parteien bezüglich Wahlwerbung sehr unterschiedliche Möglichkeiten haben? «Ja schon. Wäre die Finanzierung des Wahlkampfs publik, würde das vielen Leuten die Augen öffnen», sagt die EVP-Grossrätin. 


EDU: Günstige Plakatstandorte

Um Kosten zu sparen, sucht sich die EDU Standorte, wo sie ihre Plakate gratis aufstellen darf. «Wir dürfen das glücklicherweise an vielen Orten.  Nun haben wir begonnen mit dem Aufstellen der Plakate», sagt Ernst Tanner, Grossrat aus Ranflüh. Um den Sitz im Wahlkreis Emmental halten zu können, setzt die EDU aber auch auf Inserate und mobilisiert die potenziellen Wähler persönlich, sei es mit Briefen oder in Gesprächen. Alle Mitglieder würden zudem Personen in ihrem Umfeld auffordern, wählen zu gehen und für die EDU zu stimmen, so Tanner. 


FDP: Mehrstufige Kampagne 

Auch die FDP setzt auf Plakate – allerdings sind die Fotos ihrer Kandidatinnen und Kandidaten auf den offiziellen Werbeflächen zu sehen. Alle Bilder wurden im Stile von Selfies geschossen. Die Plakatkampagne sei der erste von mehreren Schritten, sagt Andreas Wyss, Präsident der FDP Emmental. In einem zweiten Schritt sollen dann die einzelnen Kandidierenden der potenziellen Wählerschaft nähergebracht werden. Dies soll auch mit Botschaften via Social Media geschehen. «Wir sind auch an Standaktionen präsent und können dort die Wahlwerbung mit der Unterschriftensammlung für die Initiative zur Einführung der Individualbesteuerung der FDP-Frauen koppeln», sagt Wyss.  


Grüne: Schwerpunkte setzen 

Die Grünen verfügen nicht über die  finanziellen Mittel, um mit grossen Kampagnen auf sich aufmerksam zu machen. «Wir schauen, wo das Wählerpotenzial am grössten ist», sagt der Burgdorfer Gemeinderat Theophil Bucher. Konkret bedeutet dies, dass sich die Grünen vor allem in Langnau sowie im Gebiet Hasle–Oberburg–Burgdorf in Szene setzen wollen. Sie tun dies unter anderem mit Veranstaltungen. In Langnau haben die Grünen mit Gästen Kleinkraftwerke besichtigt oder waren bei Oberburg mit dem Fischereiinspektor an der Emme unterwegs. Die Jungen-Grünen würden vor allem via Social Media werben. Auch ein paar Plakate stelle man auf, beispielsweise an Bahnhöfen, erklärt Bucher. 


GLP: Mit Arbeit überzeugen 

Mit Plakaten an den Bahnhöfen will die GLP auf sich aufmerksam machen. Obwohl die Partei noch jung ist und tendenziell auf eine jüngere Wählerschaft zählen kann, setzt die GLP bewusst auch auf Plakate und Flyer. «Man erreicht nicht alle Leute digital», sagt der Konolfinger Gemeinderat Simon Buri. «Die Herausforderung bei den Grossratswahlen ist vor allem, dass man die Leute nicht so gut kennt. Daher ist es wichtig, dass die Kandidatinnen und Kandidaten vor allem in ihrem Umfeld weibeln.» Buri ist auch überzeugt, dass die Politiker vor allem an ihrer geleisteten Arbeit gemessen würden. 


SP: Ein «bäriges» Programm 

Was die SP anpacken will, erklärt sie mit dem Bärensujet auf rotem Hintergrund. Zum Thema «ÖV-Offensive» ist ein Bär in einem Tram zu sehen, bei «Elternzeit» trägt eine Bärin ihr Junges in einem Tragetuch mit oder bei «gute Gesundheit» ist der Bär mit umgehängtem Stethoskop als Arzt unterwegs. «Mit den bewegten Bären und Bärinnen ist auf den ersten Blick erkennbar, wo wir den Hebel ansetzen müssen», sagt Grossrätin Karin Berger-Sturm aus Grosshöchstetten. «Wir setzen in unserer Kampagne auf den persönlichen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern. Die SP hat es sich auf die Fahne geschrieben, möglichst viele junge Leute für die kantonalen Wahlen zu mobilisieren, hat sie sich doch auf kantonaler Ebene für das Stimmrechtsalter 16 eingesetzt. Karin Berger-Sturm hat sich auch persönlich dafür eingesetzt, dass sich junge Menschen politisch einbringen. «Ich habe allen Jungbürgerinnen und Jungbürgern von Grosshöchstetten ein Easyvote-Abo geschenkt, damit sie sich  auch einfach und neutral informieren können.»

24.02.2022 :: Bruno Zürcher (zue)