Alois Wyss, Gantrufer aus Grosswangen, an der ersten Auktion in der Markthalle Schüpbach 2019. / Bild: Anne-Käthi Flükiger (akf)
Schüpbach: Gantrufer Alois Wyss stand an der Viehauktion vom 3. Dezember letztmals auf dem Podium in der Ringmitte. Während 44 Jahren prägte er diese Veranstaltungen.
Herr Wyss, warum haben Sie sich jetzt entschieden, mit den Auktionen aufzuhören?
Ursprünglich wollte ich mich schon vor über zehn Jahren zur Ruhe setzen, dann fasste ich vor vier Jahren den Entschluss, aufzuhören. Aber ich wurde bestürmt, noch ein paar Jahre weiterzumachen. Nun denke ich, ist die Zeit reif. Im Januar werde ich 80. Und ich habe auch schon zu spüren bekommen, dass 80-Jährige und ältere hier nichts mehr zu suchen haben.
Bei Ihrer Abschiedsrede merkte man, dass Sie sehr gerührt waren.
Der Entscheid aufzuhören, fiel mir schwer. Ich war immer mit ganzem Herzen dabei. Für mich geht eine lange Ära zu Ende; das erste Mal als Gantrufer tätig war ich mit 19 Jahren.
Sie übten diese Tätigkeit in vierter Generation aus. Hatten Sie überhaupt eine Wahl?
Nein, eigentlich nicht. Ich trat einfach in die Fussstapfen meines Vaters, wie das viele andere Söhne damals auch gemacht haben. Es zeigte sich dann recht schnell, dass ich ein gewisses Talent hatte.
Was macht denn einen guten
Gantrufer aus?
Bescheidenheit, Grundehrlichkeit mit den Menschen und viel Herz. Das ist das wichtigste. Diese Werte habe ich von meinen Eltern mit auf den Weg bekommen; und der Herrgott hat dafür gesorgt, dass ich mit einer sehr guten Gesundheit gesegnet bin. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Sie haben nicht nur Hunderte Kühe versteigert, sondern auch ganze
Bauernhöfe. Wie gingen Sie mit
diesen Schicksalen um?
Der Druck in solchen Situationen ist enorm. Ich versuchte stets durch akribische Vorbereitung ein Optimum für die Bauernfamilien herauszuholen. Für mich als Gantrufer galt es stets, die traurigen Gespräche in den Stuben für mich zu behalten und mir dann bei der eigentlichen Versteigerung keine Gefühle anmerken zu lassen. Die Schicksale brauchten aber schon sehr viel Kraft. Ich musste leider auch miterleben, wie sich vor oder nach Versteigerungen insgesamt sieben Personen das Leben nahmen. Das habe ich bis heute nicht ganz verkraftet. Glücklicherweise habe ich treue Leute um mich, die mich stets gestützt haben.
Es gab aber sicher auch viele
positive Reaktionen.
Glücklicherweise ja. Ich habe noch heute mit Familien Kontakt, mit denen ich vor Jahrzehnten zu tun hatte. Ich durfte auch in verschiedenste Branchen Einblick haben und viele liebe Menschen kennenlernen.
Sie waren in der ganzen Schweiz
tätig. Wie erleben Sie die Menschen im Emmental und Entlebuch?
Es sind bescheidene Bauersleute, die mit viel Herzblut arbeiten. Sie haben mich tief beeindruckt und ich werde sie im Herzen behalten.
Geht die Wyss-Familientradition der Gantrufer weiter?
Nein, meine Söhne haben andere Berufe ergriffen. Das ist für mich aber kein Problem. Sie sind gut positioniert und glücklich.
Werden Sie sich nun ganz zur Ruhe setzen?
Was ich weiterhin machen werde, sind Ganten für soziale Institutionen, unentgeltlich versteht sich. Das sind tolle Sachen, die es wert sind, unterstützt zu werden. Dann freue ich mich natürlich darauf, endlich mehr Zeit für meine Grosskinder zu haben. Ich habe drei, bald vier. Ich freue mich riesig. Und schön ist auch, dass nun der Druck etwas abfällt.