Weg von der Fleischproduktion – hin zum Lebenshof

Weg von der Fleischproduktion  – hin zum Lebenshof
Selina und und Adrian Blaser wollen ihre Kühe nicht dem Metzger ans Messer liefern. Diese dürfen auf dem Hof bleiben, bis sie altershalber sterben. / Bild: zvg
Bowil: Selina und Adrian Blaser aus Bowil haben ihren Landwirtschaftsbetrieb unkonventionell umgestellt. Dank Paten können die Tiere bis ans Lebensende auf ihrem Hof leben.

Auf dem Hof von Familie Blaser sieht zunächst alles aus wie auf anderen Emmentaler Bauernhöfen auch. Auf der Matte weiden seelenruhig 23 Charolais- und Limousin-Rinder. Im grossen Gehege vor dem Haus hoppeln Kaninchen, wuseln Meerschweinchen und gackern Hühner.


Keine Nutztierhaltung mehr

Liebevoll arrangierte Kränze, Töpfe und Dekorationen verraten, dass hier jemand mit kreativem Flair zu Hause ist. Alles wie an anderen Orten auch. Aber: Selina (30) und Adrian (31) Blaser haben einen Schritt gewagt, der nicht nur für Emmentaler Betriebe ungewöhnlich ist. Sie sind ausgestiegen aus der Nutztierhaltung und haben in einen Lebenshof investiert. Die Tiere auf dem Betrieb werden nicht mehr für die Fleisch- oder Milchproduktion gehalten. Sie bleiben auf dem Hof, bis sie altershalber sterben. Die Arbeit von Blasers wird durch Patenschaften finanziert. Menschen, mit einer ähnlichen tierethischen Einstellung wie die Blasers sie haben, unterstützen den Lebenshof. 250 Franken kostet eine Vollpatenschaft für eine Kuh pro Monat. Das Ziel sei es, mit den Patenschaften ungefähr den gleichen Ertrag zu erzielen, wie bis anhin aus dem Fleischverkauf, sagt Selina Blaser. Die Werbung läuft vor allem über die sozialen Medien. An einem Tag der offenen Tür hätten sie ihren Nachbarn und weiteren Interessierten ihr neues Konzept vorstellen können, sagt Selina Blaser.


Den Kichererbsen wars zu nass

Auch den Ackerbau stellt die Familie allmählich um. Heuer haben sie Kichererbsen angebaut, die nach dem Ernten und Trocknen zu Hummus verarbeitet werden sollten. Dieser Versuch ging jedoch zünftig schief. Das schlechte Sommerwetter bekam der Erbse gar nicht. «Wir werden es wieder probieren», sagt Selina Blaser. Sie und ihr Mann Adrian Blaser sind beide in Bowil aufgewachsen, kennen und lieben sich seit der Schulzeit. Vor zwei Jahren haben sie den Betrieb von Adrian Blasers Eltern übernommen. Selina Blaser fühlte sich auf dem Hof mit dem tollen Umschwung wohl. Und dennoch. «Es hat für mich einfach nicht gestimmt, mit etwas Geld zu verdienen, hinter dem ich nicht stehen kann», sagt sie. Zuerst habe sie gedacht, dass sie sich mit der Nutztierhaltung arrangieren könne, wenn sie wisse, dass die Rinder ein schönes Leben geführt hätten, bevor sie zum Metzger müssen. «Es brach mir aber jeweils fast das Herz.» Ein Jahr nach der Betriebsübergabe sei festgestanden, dass sich etwas ändern müsse. Im Internet sei sie auf den Verein Hof-Narr gestossen, sagt Selina Blaser. Das Konzept des Lebenshofes habe sie überzeugt. Auch ihr anfänglich etwas skeptischer Ehemann liess sich bei einem Besuch eines Lebenshofs in Zürich begeistern. Schliesslich gründeten sie in diesem Sommer den Lebenshof «KuhErde» und bieten ihren Tieren einen Platz, bis sie altersthalber sterben. 

25.11.2021 :: Sandra Joder (sjw)