Die IG Grütli braucht 600’000 Franken, um das Restaurant zu übernehmen. / Bild: Elisabeth Uecker (ues)
Wasen: Eine Interessengemeinschaft will sicherstellen, dass das Restaurant Grütli im Dorfkern von Wasen eine Zukunft hat. In dieser Woche ist eine Infokampagne lanciert worden.
Vier Beizen gab es einmal im Dorf Wasen, jetzt noch eine, das Grütli. Aber vielleicht nicht mehr lange. Der Koch, Markus Zürcher, wird Ende nächsten Jahres pensioniert, und auch seine Frau, Doris Zürcher, möchte dann kürzer treten. «Ein Dorf ohne Beiz ist wie eine Wohnung ohne Küche», sagt dazu Dorfpfarrer Matthias Zehnder. Deshalb gründete er zusammen mit den Mitstreitern Ruedi Nyffeneger, Thomas Dietler, Stefan Habegger, Daniel Krebser und Florian Rau die Interessengemeinschaft (IG) Grütli Wasen. Ziel: Die Rettung der Dorfbeiz.
Als erstes setzte sich die neue IG mit den Verantwortlichen von Gasthäusern andernorts, etwa mit der Genossenschaft Bären Langnau, zusammen um herauszufinden, was zu tun wäre, um das Grütli zu erhalten. Am Montag wurde den Medien die Lösung präsentiert.
Rettung dank Crowdfunding
Die Bewohner von Wasen und Umgebung, die KMU´s und Gewerbetreibenden in der Region, Auswärtige mit einem Herz für Wasen – sie alle sind aufgerufen, Geld zu spenden. Vorläufig nicht auf ein Konto, sondern erst als Absichtserklärung für ein Crowdfunding. Konkret würde die Sache, wenn 600´000 Franken zusammengekommen sind. So viel ist, wie die Schätzung der Liegenschaft ergeben hat, das Grütli wert, Und zu diesem Preis wären die Besitzer Doris Zürcher und ihr Bruder Urs Bürki bereit, sich von der Beiz zu trennen. Klappt es mit dem Crowdfunding, sucht die IG einen Käufer. Findet sie keinen, ist sie allenfalls bereit, das Grütli selber zu übernehmen.
Jetzt geht es aber vorerst einmal darum, das Geld zusammenzubringen. In dieser Woche wird die Bevölkerung per Medien, Flyer und Infoabend orientiert. Die IG will zeigen, wie wichtig der Erhalt des Grütli ist. «Es soll eine Dorfbeiz ohne Gastroexperimente bleiben, eine Beiz, wo sich Vereine treffen können, wo die Leute nach dem Einkaufen zum Kaffeetrinken kommen, wo es Platz gibt für eine Hochzeitsfeier oder eine Grebt», erklärt Matthias Zehnder. «Wasen darf nicht zum Schlafdorf werden, das wäre der Anfang vom Ende», meint Florian Rau. «Auch die Jugendlichen brauchen einen Treffpunkt im Dorf», findet Rudolf Nyffenegger. «Corona hat bewiesen, dass das Soziale enorm gefehlt hat», sagt Doris Zürcher.
Sie, die Wirtin, ist bereit, den Personen, die das neue Grütli übernehmen, als «Hebamme» zur Verfügung zu stehen. Will heissen: mitzuhelfen, den Betrieb unter der neuen Führung zum Laufen zu bringen. Nach dem Plan der IG soll ein Kassensturz im ersten Quartal 2022 zeigen, ob genug Geld versprochen ist. Wenn ja, werden Pächter gesucht, wird das Grütli sanft renoviert und Anfang 2023 der Betrieb wieder aufgenommen. Einen Plan B für den Fall, dass das Geld nicht zusammenkommt, gebe es nicht, sagt Matthias Zehnder. «Dann geht es zurück auf Feld eins, dann bleibt die Frage der Nachfolge im Grütli ungelöst.»
«Klinken polieren»
Das Mediengespräch am Montag zeigt: An Argumenten für die Wichtigkeit einer Dorfbeiz herrscht kein Mangel, aber können das Dorf und seine Bevölkerung auch davon überzeugt werden? Der IG sei bewusst, wie schwierig die Aufgabe sei, 600´000 Franken zusammenzubringen, wird erklärt. «Es braucht uns, wir können nicht auf Retter von aussen warten», sagt Matthias Zehnder. Und: «Es wird uns nicht langweilig mit Klinken polieren.» Man sei im Gespräch mit verschiedenen Industrie- und Handwerksbetrieben.
Die IG ist «maximal optimistisch», dass es mit der Rettung der Dorfbeiz klappt. 5000 Franken seien schon versprochen gewesen, bevor die Infokampagne gestartet sei. Der Stand der Sammlung lässt sich jederzeit im Internet unter www.gruetli-wasen.ch/crowdfunding abrufen. Die Initianten erinnern auch an den Auswanderer aus Chile, der vor 140 Jahren beim Bau der Kirche 200 Franken gespendet habe. Allen heutigen «Ausland- und Heimwehwäseler» wird diese noble Geste zur Nachahmung empfohlen. Natürlich mit dem Hinweis, dass die 200 Franken von damals heute einem viel höheren Betrag entsprächen.