Patrick Petrini (Mitte) bejubelt mit Flavio Schmutz und Pascal Berger das 3:2-Führungstor in Zürich. Zuvor hat er 28 Spiele nicht getroffen. / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: Er war der Shootingstar der letzten Saison. Diesen Herbst jedoch musste Patrick Petrini lange auf seinen ersten Treffer warten. Das habe ihn ins Grübeln gebracht, erzählt er.
Auf der Höhe der roten Linie bekommt Patrick Petrini den Puck. Er macht ein paar schnelle Schritte, schaut, schiesst – und trifft zwischen den Beinen des Goalies hindurch zum 3:2 für sein Team. Der Schütze strahlt übers ganze Gesicht, die Erleichterung ist ihm anzusehen.
Das Tor ist ein wichtiges. Für die SCL Tigers, weil es den Auswärtssieg gegen die ZSC Lions einleitet. Wichtig aber auch für Petrini persönlich: 28 Spiele lang hat der Tessiner zuvor nicht mehr getroffen. «Ich habe zu wenig Selbstvertrauen, überlege zu viel», hat der 19-Jährige vor dem Match in Zürich gesagt. Er versuche trotzdem, positiv zu bleiben. Aber: Das sei einfacher gesagt als getan.
Das Debüt
Patrick Petrini hat ein ereignisreiches Jahr hinter sich. Die letzte Saison begann er im U20-Team der Young Tigers, erzielte in 16 Spielen sagenhafte 33 Skorerpunkte. Dann musste die erste Mannschaft in die Quarantäne, und als diese vorbei war, standen zu wenig gesunde Spieler zur Verfügung. Also kam U20-Topskorer Petrini ins Team. Und überzeugte auf Anhieb: In seinem sechsten, siebten und neunten Spiel in der National League schoss er je ein Tor. Er bekam viel Eiszeit, spielte neben den Ausländern Powerplay. Selten hat einer so wenig Zeit gebraucht, um vom Junior zum Stammspieler in der National League zu werden. «Damals habe ich nicht viel überlegt», sagt der Tessiner in fast schon perfektem Berndeutsch.
Landauf, landab begannen sich die Medien für diesen jungen Mann zu interessieren, der kein einziges Junioren-Länderspiel bestritten hat. Ende Saison wurde er von Swiss Ice Hockey sogar zum «Youngster of the Year» nominiert. Dass die Auszeichnung schliesslich an Rapperswil-Stürmer Marco Lehmann ging, tat der Freude keinen Abbruch.
Die Vergangenheit
Der Erfolg habe ihn als Person nicht verändert, sagt Patrick Petrini. «Ich bin noch immer… Wie sagt man?» Er zückt sein Handy, tippt etwas ins Italienisch-Deutsch-Wörterbuch ein, und beendet dann den Satz: «Ich bin noch immer eher schüchtern.» Und er sei ein Mensch, der sehr kritisch gegenüber sich selbst sei.
Aufgewachsen ist Petrini mit zwei älteren Schwestern in Ambri. Seine Mutter stammt aus der Hockeyfamilie Celio. Auch der Vater, Sohn einer italienischen Einwandererfamilie, spielte Eishockey und bestritt 30 Spiele mit Gottéron in der NLA. «Schon als kleine Kinder waren wir oft am Eislaufen», sagt Petrini. Er durchlief die Junioren-Abteilung von Ambri. Doch dann stiegen die Elite-Novizen des HCAP ab. Petrini, damals 15-jährig, schaute sich nach Alternativen um, besuchte in Kloten und in Langnau ein Probetraining. Schliesslich entschied er sich für die Tigers, «weil sie sehr viel für mich getan haben». Der Klub habe ihm einen Platz in einer betreuten Hockey-WG organisiert, ihn beim Fernstudium unterstützt und auch einen Praktikumsplatz in der Tigers-Geschäftsstelle angeboten.
Die Gegenwart
Diesen Sommer hat Patrick Petrini die Ausbildung abgeschlossen. Nach wie vor lebt er zusammen mit drei anderen jungen Tigers-Spielern in
einer WG direkt neben der Ilfishalle. Er fühlt sich wohl hier. Deshalb wollte er nicht nach Ambri zurückkehren, obwohl der Klub erfolgreich unterwegs ist und ein neues Stadion bezogen hat. Stattdessen unterschrieb Petrini in Langnau einen Dreijahresvertrag bis 2024. «Hier kann ich mich am besten weiterentwickeln und zu einem kompletten Spieler werden.»
Das Schlittschuhlaufen, die Schnelligkeit und Spielübersicht: Das sind Petrinis Stärken. Schwächen sieht er selber noch in seiner Defensivarbeit und im Körperspiel. Schon auf Stufe U16 und U18 war er einer der kleinsten und leichtesten Spieler. Doch er ist am Aufholen, hat sich ordentlich Muskelmasse antrainiert.
Die Zukunft
Wohin Petrinis Weg führen wird? Er wolle «ein richtig guter National-League-Spieler werden» und es wenn möglich auch in die Nationalmannschaft schaffen. In die schweizerische. Zwar besitzt er auch den italienischen Pass, aber um im dortigen Nationalteam zu spielen, müsste er mindestens zwei Jahre in Italien gelebt haben.
Doch eigentlich will Patrick Petrini gar nicht so weit nach vorne schauen. «Ich mache Schritt für Schritt», sagt er. Zuerst gelte es, im Spiel weniger nachzudenken und das Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Den ersten Schritt dazu hat er in Zürich bereits getan.