Habegger: «Besser kannst du nicht aufhören»

Habegger: «Besser kannst du nicht aufhören»
Heinz Habegger daheim – mit seinem 30. und letzten Kranz. / Bild: Markus Zahno (maz)
Schwingen: Der Truber Heinz Habegger hat seine Karriere mit einem Kranzgewinn beendet. Den wichtigsten Kampf gewann er abseits des Schwingplatzes: den Kampf gegen den Krebs.

Schon lange sprach Heinz Habegger davon, seine Karriere daheim, am Abendschwinget 2021 in Fankhaus, zu beenden. Doch weil die Pandemie den Schwingkalender auch dieses Jahr gehörig durcheinanderwirbelte, wurde der Anlass abgesagt. Und Habegger begann sich damit abzufinden, ohne Wettkampf vom Aktivsport zurückzutreten.

Doch dann kam die Wende: Kurzfristig wurde der Bündner-Glarner Schwingertag nach Davos Sertig verlegt. Weil die Schwingklubs Davos und Trub freundschaftlich verbunden sind, konnte auch eine Truber Delegation an dieses Fest reisen. Habegger beschloss, mitzugehen. Gerade mal sechs Wochen Zeit blieb ihm, um sich vorzubereiten. Dass er körperlich «nid schlächt zwäg» sei, habe er zwar gespürt. «Aber nie hätte ich gedacht, dass es für einen Kranz reichen könnte.»

Wie man sich doch täuschen kann. Drei der vier ersten Gänge gewann er. Der fünfte ging verloren. «Dann, vor dem sechsten, sass ich wie ein Häufchen Elend vor der Garderobe», berichtet der bald 36-Jährige. «Mir wurde bewusst, dass ich nun den letzten Gang meiner Karriere schwingen werde.» Schliesslich raffte er sich auf, ging in die Garderobe. Die Kollegen machten ihm Mut. Habegger schritt auf den Platz, zog zum letzten Mal als Aktiver die Zwilchhosen an, schwang und gewann – den letzten Gang und den insgesamt 30. Kranz seiner Karriere. «Besser kannst du nicht aufhören. Es ist ein Traum.»


Die Krankheit

Damit ist eine aussergewöhnliche Karriere zu Ende gegangen. Von Habeggers Erfolgen zeugen die Kränze, Treicheln und Holzmöbel, die er sich erschwungen hat und die nun in seiner Wohnung aufgestellt sind. Ein Kranzfest hat er zwar nie gewinnen können; am nächsten dran war er beim Emmentalischen 2014 in Schüpbach, das er auf dem zweiten Rang beendete. Dafür entschied er mehrere Regionalfeste für sich, unter anderem das Heimfest in Fankhaus.

Dann kam das Jahr 2015. Der druchtrainierte Athlet fühlte sich seltsam müde, auch die Kollegen sagten ihm, er sehe schlecht aus. Schliesslich ging er zum Hausarzt, und nach verschiedenen Abklärungen erhielt er die niederschmetternde Diagnose: Darmkrebs. Bereits drei Tage später wurde er operiert, bald darauf begannen die Chemotherapien. Sein Körper verarbeitete die Strapazen gut, «ich hatte rasch wieder Appetit und mochte arbeiten», erzählt Habegger rückblickend. Zwischen den Chemotherapie-Sessionen arbeitete er daheim im Stall und fand sogar die Kraft, beim Umbau der Wohnung seiner Eltern zu helfen. In dieser Zeit habe er gar nicht richtig realisiert, wie ernst es um ihn gestanden sei. «Erst im Nachhinein wurde mir bewusst, wie viele Menschen an Krebs sterben. Wie gross das Glück ist, dass ich wieder gesund bin.»


Die Kameradschaft

«In Zeiten der Krankheit lernst du die Leute erst richtig kennen», sagt Heinz Habegger. Er habe eine riesige Solidarität gespürt: Es gab Tage, an denen ihn über ein Dutzend Leute gleichzeitig im Spital besuchten. In jener Zeit seien tiefe Freundschaften entstanden, insbesondere mit Eidgenosse und Klubkollege Matthias Siegen-
thaler. Dieser war es auch, der nach dem letzten Gang am Bündner-Glarner Schwingertag die Laudatio für den zurücktretenden Heinz Habegger hielt. Ein anderer Schwingerkollege bot an, während der Krankheit den Stall zu besorgen. «Solche Gesten vergisst du nie mehr.»

Die Krankheit habe ihn verändert, «auf den Boden zurückgeholt», wie es Habegger selbst formuliert. Er habe gelernt, nicht nur immer Vollgas zu geben, sondern zwischendurch auch mal eine Pause zu machen, das Leben zu geniessen.


Die Zukunft 

Heinz Habegger betreibt auf Höhenstalden, auf halber Strecke zwischen Fankhaus und dem Napf, einen Bauernbetrieb mit 27 Mutterkühen und 45 Sömmerungsrindern. Dazu hält er 30 Truthähne. Er lebt alleine, seine Eltern wohnen im Bauernhaus ein paar hundert Meter weiter oben. Für die Zukunft hat er viele Pläne: Noch dieses Jahr will er daheim eine Holzschnitzelheizung einbauen, bis in fünf Jahren möchte er, der gerne mit Holz arbeitet, seine Wohnung umgebaut haben. Auch dem Schwingen wird er erhalten bleiben: Beim Schwingklub Trub amtet er als Jungschwingerleiter, trainiert und begleitet rund 30 Jungs. Dazu ist er OK-Präsident des Buebe- und des Abendschwingets in Fankhaus, der, so hofft er, 2022 nach zwei Jahren Coronapause endlich wieder stattfinden möge.

Und noch einen anderen, ganz persönlichen Wunsch hat Heinz Habegger für die Zukunft. «Ich möchte gesund bleiben.»

05.08.2021 :: Markus Zahno (maz)