Emmenmatt/Gysenstein: Sie leben und arbeiten zusammen und verlassen sich aufeinander.
Rettungshunde und ihre Führerinnen und Führer trainieren intensiv, um für den Ernstfall
vorbereitet zu sein. Die Organisation Redog gibt es seit 50 Jahren.
«Mich fasziniert besonders die Teamarbeit mit dem Hund und das Verstehen seiner Körpersprache», sagt der 25-jährige Florian Bärtschi aus Emmenmatt. Deshalb entschied er sich 2017 dazu, die Hundeführer-Rekrutenschule zu absolvieren. Im Militär wurde dem gelernten Zimmermann Wanko zugeteilt, ein damals zweijähriger Border Terrier. Die Rasse wählte er nicht ganz zufällig. «Ich bin schon mit Jagd-Terriern aufgewachsen», erzählt Bärtschi.
Nach der RS übernahm Bärtschi Wanko und trat Redog bei, einer der Rettungsorganisationen des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) (siehe Kasten). Dort trainiert er in der Regionalgruppe Bern. Die Mitgliedschaft bei Redog ist Bedingung, damit die Hundeteams auch neben den militärischen Wiederholungskursen in Übung bleiben. Wer im Ernstfall eingesetzt werden will, muss körperlich und mental in Topform sein und eine Reihe von Prüfungen bestehen. «Zuerst absolvierten wir eine Prüfung für Rettungshunde», erinnert sich Bärtschi. Hier musste Wanko zwei Figuranten innert 20 Minuten unter Trümmern finden und mittels Bellen und Scharren anzeigen. Zudem gab es unter anderem einen Hindernisparcour mit Wippe und schwierigem Untergrund. Auch durfte sich der Hund nicht durch fremde Personen ablenken lassen. Heute ist Wanko sechsjährig. Noch drei bestandene Tests fehlen den beiden bis zum Ziel. Die letzte Prüfung ist der Einsatztest: An zwei Prüfungstagen wird ein Einsatz simuliert – auf elf Schadenplätzen muss eine unbekannte Anzahl Figuranten geortet werden. Erst wenn Wanko und sein Hundeführer auch diese Hürde schaffen, können sie bei einer realen Katastrophe aufgeboten werden.
Für seine Leidenschaft investiert Florian Bärtschi viel Freizeit: Jeden Montagabend und am Samstag trainiert er mit Wanko, manchmal auch zwischendurch. Trotz seinem weiteren Hobby, der Jagd, bleibt noch Zeit für die Familie. Seit einem Jahr hält ihn sein kleiner Sohn zusätzlich auf Trab.
Am Anfang stand ein Trümmerhaufen
Etwas weniger aktiv, dafür umso erfahrener, ist heute der 62-jährige Erich Grossniklaus aus Gysenstein. Bis vor einem Jahr war er Präsident der Redog-Regionalgruppe Berner Oberland. Dann wurde sein Border Collie Duke im Alter von zehn Jahren pensioniert. «Aus gesundheitlichen Gründen trat ich ebenfalls etwas zurück», erklärt Grossniklaus. Auf der Terrasse seines Bauernhauses, mit Blick auf die Pferdeweiden, erinnert er sich daran, wie er 2003 zu Redog kam: «Auf einem Spaziergang in Thun entdeckte meine damalige Hündin Percy die Trümmeranlage bei einer Demonstration von Redog auf der Panzerpiste und wollte nicht mehr weg.» – «Das ist es!», sagte er sich und meldete sich kurzerhand bei Redog an, um Percy zum Verschüttetensuchhund ausbilden zu lassen. Nach vier Jahren Training und einigen bestandenen Prüfungen musste er jedoch aufgeben, denn die Huskydame verhielt sich nicht ganz nach Vorschrift. «Sie bellte beispielsweise nicht, um einen Figuranten anzuzeigen, sondern heulte stattdessen.» Zudem sei die Hündin etwas zu eigensinnig gewesen. Deshalb machte er ein paar Jahre Pause.
Viel Leidenschaft, wenig Ernstfälle
Nach dem Tod von Percy trat Duke ins Leben von Erich Grossniklaus. Zusammen waren die beiden sogar eines der Aushängeschilder der Organisation und auf zahlreichen Plakaten zu sehen. Der Border Collie schaffte über die Jahre alle Prüfungen und auch das Fliegen am Seil unter dem Helikopter macht ihm nichts aus. Auf zahlreichen Übungsgeländen im In-, und Ausland bereiteten sich die zwei auf einen Ernstfall vor. Besonders auf dem riesigen Trainings-Gelände in Wien käme die eindrückliche Spürnase der Hunde zur Geltung, erinnert sich Grossniklaus: «Duke kann eine Person unter einem riesigen Schutthaufen riechen», erzählt der Hundeführer stolz. Doch bei den Verschüttetensuchhunden sei es so eine Sache: «Wir haben zwar sehr viele Trainings, und müssen immer vorbereitet sein. Aber Grossereignisse wie Erdbeben oder Erdrutsche gibt es nur wenige, zum Glück.» Deshalb kamen die beiden nie dazu, ihr Können auch im Ernstfall unter Beweis zu stellen.