Wohn- und Pflegezentrum Schüpfheim: Escholzmatt-Marbach will nicht mehr

Wohn- und Pflegezentrum Schüpfheim: Escholzmatt-Marbach will nicht mehr
Das Wohn- und Pflegezentrum (WPZ) in Schüpfheim soll durch einen Neubau ersetzt werden. / Bild: Corina Kobi
Schüpfheim/Escholzmatt: Das Wohn- und Pflegezentrum (WPZ) will seine Infrastruktur umfassend erneuern. Nicht mehr mitmachen will die Gemeinde Escholzmatt-Marbach.

Der Entscheid fällt an der Gemeindeversammlung vom 15. Juni: Der Gemeinderat beantragt den Stimmberechtigen von Escholzmatt-Marbach die «Aufgabe der Beteiligung an der Wohn- und Pflegezentrum Schüpfheim AG». Es ist davon auszugehen, dass sie Ja stimmen werden, schliesslich stammt die Austritts-Idee aus ihren Reihen. «An der Gemeindeversammlung vor einem Jahr wurde der Gemeinderat beauftragt, abzuklären, ob die Gemeinde aus dem WPZ austreten könnte», berichtet Beat Duss, Gemeindepräsident. «Wir prüften das weitere Vorgehen und beantragen nun, die Beteiligung am WPZ aufzugeben. Dies vor allem, weil wir in Escholzmatt mit der Sunnematte seit über 40 Jahren ein eigenes Alters- und Pflegezentrum betreiben.» Mit 90 Plätzen ist die Sunnematte, die sich im Besitz der Gemeinde befindet, nur wenig kleiner als das WPZ Schüpfheim, wo maximal 100 Bewohnerinnen und Bewohner betreut werden. 


WPZ hat nicht genügend Geld 

Finanzielle Überlegungen stünden bei dem Antrag des Gemeinderats nicht im Vordergrund, erklärt Beat Duss. Und doch könnte sich dieser Schritt für Escholzmatt-Marbach lohnen. Zwar muss die Gemeinde ihre 200 Aktien (20 Prozent aller Aktien) an eine andere Gemeinde abgeben – diese werden aber im Verwaltungsvermögen mit einem symbolischen Franken geführt. Mit einem Austritt wäre die Gemeinde aber vor möglichen Beiträgen an das WPZ gefeit. Die Infrastruktur-Strategie des WPZ, welche kürzlich von den Aktionären abgesegnet wurde, sieht nämlich einen kompletten Neubau des Alters- und Pflegeheims vor. Eine 2018 präsentierte Machbarkeitsstudie rechnet mit Kosten von mehr als 30 Millionen Franken. Verwaltungsratspräsidentin Regula Heuberger bestätigt, dass die Wohn- und Pflegezentrum AG derzeit über zu wenige finanzielle Mittel verfüge, um ein solches Projekt zu realisieren. Die für das Neubauprojekt reservierten Mittel des WPZ beliefen sich Ende 2020 auf rund 4,3 Millionen Franken, wie der Gemeinderat Escholzmatt-Marbach in den Unterlagen für die Gemeindeversammlung schreibt. Heuberger betont, dass es sich erst um eine Machbarkeitsstudie handle. «Wir wissen, dass wir nicht alles so bauen können, wie wir das gerne hätten.» Auch habe man dem voraussichtlichen Ausstieg der Gemeinde Escholzmatt-Marbach bereits Rechnung getragen und plane das künftige Heim nicht mehr mit 100, sondern mit 90 Plätzen. Regula Heuberger sagt auch, dass Gespräche mit den angeschlossenen Gemeinden betreffend der Finanzierung des Bauprojekts geführt würden. Beschlossen sei aber noch nichts. Unbestimmt sei auch die Zukunft des Landwirtschaftsbetriebs, welcher der WPZ AG gehört (siehe Kasten). Als nächstes werde nun der Architekturwettbewerb eingeleitet, aus dem das endgültige Bauprojekt hervorgehen soll. 


Doppleschwand ist auch ausgestiegen 

Ursprünglich beteiligten sich sämtliche Gemeinden des Entlebuchs am Wohn- und Pflegezentrum in Schüpfheim, das auf eine über 150-jährige Geschichte zurückblicken kann. 2016 wurde der Gemeindeverband in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 

Vor einem Jahr hat sich die Gemeinde Doppleschwand, die zwei Prozent der Aktien hielt, aus der WPZ AG zurückgezogen. Deren Begründung lautete, dass schon lange niemand mehr aus Doppleschwand im Heim in Schüpfheim wohne. 

Aus der Gemeinde Escholzmatt-Marbach leben aktuell neun Personen im WPZ in Schüpfheim. «Umgekehrt sind auch Menschen aus Schüpfheim  in die Sunnematte gezogen», erklärt Beat Duss. Auch wenn sich die Gemeinde aus der Aktiengesellschaft des WPZ zurückziehe, könnten nach wie vor Menschen aus Escholzmatt und Marbach im WPZ eintreten. «Diesem Austausch steht nichts im Weg», betont Beat Duss. «Das gesamte Angebot werde sowieso regional koordiniert.»

Landwirtschaftsbetrieb: Vorübergehende Lösung

Die WPZ AG ist seit jeher im Besitz eines Landwirtschaftsbetriebs, auf dessen Land das heutige Alters- und Pflegeheim erstellt wurde. 1988 hat das Heim den Bauernhof in Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Bildungszentrum an den Kanton verpachtet. Der Pachtvertrag ist bis 2038 gültig. Seit Mai 2005 wurde der Hof, der laut Regula Heuberger rund 20 Hektar umfasst, nicht mehr durch den Kanton bewirtschaftet, sondern in Unterpacht durch einen selbständigen Landwirten. Vor einem Monat hat die Bauernfamilie den WPZ-Hof verlassen und andernorts einen Pachtbetrieb übernommen. Bis Ende 2021 sei nun eine Lösung gefunden worden, sagt Heuberger. Wird der Betrieb wieder verpachtet oder verkauft? «Wir sind im Gespräch mit dem Kanton», sagt Heuberger.

10.06.2021 :: Bruno Zürcher (zue)