«Gegen das Katzenelend hilft nur die Kastration der verwilderten Tiere»

«Gegen das Katzenelend hilft nur die Kastration der verwilderten Tiere»
Diese wild lebende Katze wurde eingefangen und wird nun zum Tierarzt gebracht, der sie untersucht und kastriert. / Bild: zvg
Emmental: Tierschutz Emmental will sein Engagement verstärken und vermehrt jüngere Personen ansprechen. Die Hauptaufgabe ist das Einfangen und Kastrieren von verwilderten Katzen.

Das Problem von verwilderten Katzen sei im Emmental gross, sagt Sandra Schär aus Biembach, neue Präsidentin von Tierschutz Emmental. In den vielen Wäldern, Scheunen und auf Höfen könnten sie sich gut verstecken. Oft würden sie von Bauersleuten gefüttert. «Das ist grundsätzlich gut, löst jedoch das Problem der unkontrollierten Vermehrung nicht.» Bedenke man, dass eine Katze bereits mit sechs Monaten geschlechtsreif sei und zwei- bis dreimal pro Jahr je vier bis sieben Junge werfe, werde ersichtlich, wie die Population explodieren könne. «Es gibt Orte, wo 30 bis 50 Tiere leben», zeigt Sandra Schär das Problem auf. Wobei «leben» nicht immer die richtige Bezeichnung ist. Viele seien verwahrlost, krank und halb verhungert und würden elendiglich zugrunde gehen. 


Geld soll kein Hindernis sein

Der Verein Tierschutz Emmental setzt sich dafür ein, die unkontrollierte Vermehrung von Katzen zu stoppen. «Gegen das Elend hilft nur das Kastrieren», betont Sandra Schär. Oft würden sich die Bauersleute selber oder Nachbarn an sie wenden, wenn der Bestand überhandnehme. Wichtig sei dann, das Gespräch zu suchen und die Leute von der Notwendigkeit einer Kastration zu überzeugen. «Oft sind die Finanzen das Hauptproblem», weiss die Präsidentin aus Erfahrung. «Zehn, zwanzig Katzen zu kastrieren, geht ins Geld, kostet ein Eingriff doch 120 bis 220 Franken.» Doch der Verein biete Lösungen an, indem er sich an den Kosten beteilige und weitere Organisationen um Unterstützung anfrage. «Die finanzielle Belastung für den Verein ist trotzdem gross, zumal wir nur von Spenden leben», gibt Sandra Schär zu bedenken.  


Katzen mit Fallen einfangen

Willigen die Bauersleute ein, startet Tierschutz Emmental mit seinen freiwilligen Helferinnen und Helfern die Aktion. Zuerst wird mit dem Tierarzt der Zeitpunkt abgesprochen, damit er viele Katzen aufs Mal untersuchen und kastrieren kann. Anschliessend werden auf dem Hof Fallen mit Nassfutter präpariert. Damit die Tiere richtig hungrig sind, werden sind am Tag zuvor nicht gefüttert. Berühren sie die Futterplatte im Käfig, schliesst sich die Tür. Pro Abend können so fünf bis zehn Katzen gefangen werden. Anschliessend werden sie in Transportboxen zum Tierarzt gebracht. Nach dem Eingriff werden sie noch am selben Tag zum Ort zurückgebracht, wo sie herkommen. Dort verbringen sie, um sich etwas zu erholen, eine weitere Nacht in einer Transportbox, bevor sie am nächsten Morgen wieder freigelassen werden. Im letzten Jahr wurden auf diese Weise 270 Katzen kastriert. 


Schwierig zu platzieren

Problematisch wird es, wenn die Katzen auf dem Hof nicht mehr erwünscht sind. Dann probiert der Tierschutzverein, sie umzuplatzieren. Doch das ist schwierig, insbesondere bei ausgewachsenen Tieren. «Diese sind wirklich wild und lassen sich nicht berühren, geschweige denn ins Haus nehmen», erzählt Sandra Schär. Eingesperrt in einem Zimmer würden sie im wahrsten Sinne des Wortes die Wände hochgehen. «Wir müssen also Leute finden, die abgelegen wohnen und sich bereit erklären, mehrere Katzen im Winter zu füttern und ihnen zum Beispiel auf der Bühne einen Unterschlupf zu gewähren. Das ist schwierig.» Junge Tiere oder solche, die etwas zutraulicher sind, kommen in Pflegeplätze. Dort werden sie aufgepäppelt und sozialisiert, um anschliessend vermittelt zu werden. Im letzten Jahr, so Schär, hätten sie auf diesem Weg 70 Tiere platzieren können. Nicht in Frage komme es, gesunde Katzen einzuschläfern. «Das ist gesetzlich verboten», hält die Präsidentin fest. «Es kann ja nicht sein, dass man die Tiere Junge gebären lässt, nur um sie dann umzubringen. 


Junge Leute ansprechen

Dass sich die Arbeit des Tierschutzvereins lohnt, stellt Sandra Schär immer wieder fest. An Orten, wo sie die Katzen kastriert hätten, nehme die Population mit der Zeit ab. Es gebe dort deutlich weniger Meldungen über verwahrloste Tiere. Doch die Arbeit ist aufwändig. Verrichtet wird sie von Vereinsmitgliedern sowie einem Netz von freiwilligen Helferinnen und Helfern. Dieses soll nun ausgebaut werden. «Wir möchten vermehrt auch junge Leute ansprechen und für eine Mitarbeit gewinnen», betont Schär. So sei Tierschutz Emmental seit kurzem auch auf Facebook und Instagram präsent und habe unter www.tierschutz-emmental.ch eine neue Homepage aufgeschaltet. Auch mit den Gemeinden möchte die neue Präsidentin enger zusammenarbeiten. «Die Leute vor Ort kennen die Verhältnisse und wissen, wo es Probleme gibt. Es ist auch in ihrem Interesse, dass die Sache nicht aus dem Ruder läuft. Gleichzeitig hilft ein frühes Eingreifen den in Not geratenen Tieren. Und das ist unser Ziel.»


Tierschutz Emmental nimmt nebst dem Kastrieren von Katzen noch weitere Aufgaben wahr wie die Betreuung und Neuplatzierung von Haustieren. Auch Kontrollen aufgrund von Meldungen führt der Verein durch und berät Tierhalterinnen und -halter.

03.06.2021 :: Silvia Wullschläger (sws)