Moore sind Kinder des Wassers

Moore sind Kinder des Wassers
Der Sonnentau fängt mit seinen klebrigen Drüsen an den Blättern kleine Insekten, die er dann verdaut. Torfmoose bilden eine recht farbenfrohe Gruppe: gelb, orange, rot, beige, braun / Bild: zvg
Biosphäre Entlebuch: Moore prägen die Landschaft der Biosphäre Entlebuch. Mehr als 20 Prozent aller intakten Hochmoore der Schweiz befinden sich im Perimeter der UBE.

Bis 1986 wurden im Entlebuch, wie auch in der übrigen Schweiz, Moore durch staatlich subventionierte Entwässerungen trockengelegt, vorwiegend um fruchtbares Acker- und Weideland zu gewinnen. Der Torfabbau wurde vor allem Ende 19. Jahrhundert und während der beiden Weltkriege praktiziert. Seit der Annahme der Rothenthurm-Initiative 1987 stehen in der Schweiz alle Moore unter Schutz. Die vom Bund seit 1997 sporadisch durchgeführte «Erfolgskontrolle Moorschutz» hat für die gesamte Schweiz ergeben, dass die Fläche der Moore gleich bleibt, die Qualität jedoch abnimmt. Auch die Verbuschung, welche auf eine fehlende oder nicht angepasste Nutzung hinweist, nimmt zu. 

Impulse geben, Aufwertungen umsetzen

Die Unesco Biosphäre Entlebuch (UBE) trägt lokale Informationen zusammen, untersucht die Moore mit Experimenten und Monitoring und setzt Mooraufwertungen in Zusammenarbeit mit dem Kanton um. Generell ist der Moorschutz Kantonssache. Tanja Koch, die Beauftragte für Natur und Landschaft der UBE, berichtet: «Wir sind vor allem Impulsgeber und setzen erst seit 2013 eigene Mooraufwertungsprojekte um. Wir engagieren lokale Baufirmen für Grabenstauungen. Spundwände werden eingesetzt und die Gräben mit Sägemehl gefüllt. Die Auffüllung der Entwässerungsgräben hat sich bei Revitalisierungsprojekten bewährt.» In den letzten zehn Jahren seien rund 18 Moorbiotope dank der von der UBE erarbeiteten Grundlagen aufgewertet worden, zum Beispiel auch durch Auflichtungen. Wird ein Gebiet ausgeholzt, können sich besonnte Tümpel bilden, die Lebensraum etwa für Libellen bieten. Die UBE möchte auch ihren Beitrag in der Wissenschaft leisten. Mithilfe von automatischen Wasserpegelmessungen versucht man in den kommenden Jahrzehnten herauszufinden, ob die Moore unter dem Klimawandel leiden wegen höheren Temperaturen und weniger Regen im Sommer.

Die UBE realisiert zahlreiche Förderprojekte für regionaltypische Arten. Ein Beispiel ist der bedrohte Blauschillernde Feuerfalter, der den Schlangenknöterich als Raupenfutterpflanze bevorzugt und einen windgeschützten Lebensraum benötigt. In Randgehölzen setzen sich Männchen auf einen Stängel zum Ausguck. Dafür müssen Hecken und Büsche an Waldrändern vorhanden sein und regelmässig gepflegt werden. Die UBE startet dieses Jahr mit dem Test der verschiedenen Massnahmen, um herauszufinden, welche erfolgreich sind. «Wir versuchen, Schutz und Nutzen zusammenzubringen durch touristische Angebote und Sensibilisierung der Bevölkerung. Das Ziel ist, den Menschen diese einmalige Natur bekanntzumachen. Was geschätzt wird, erhält auch Unterstützung», meint Tanja Koch.

Herausforderungen

Spezielle Herausforderungen sind laut Koch die grosse Anzahl von Mooren in der UBE, der ständig steigende Druck auf die Natur durch Erho-lungssuchende, Nährstoffeinträge aus der Luft und langfristig auch der Klimawandel. «In Bezug auf den Nutzungsdruck hat die UBE 2015 touristische Fördergebiete definiert und Ruhezonen, die nicht beworben werden.» Auch eine gute Beschilderung und die Möglichkeit für Wintersportler, im Internet die Perimeter und geltenden Vorschriften von Wildruhezonen nachzuschauen, trage zu einem friedlicheren Nebeneinander bei, betont sie. Weiter brauche es eine gute Zusammenarbeit mit den Landwirten. Eine angepasste Bewirtschaftung sei wichtig für den Erhalt der Moore. «Eine extensive Nutzung – Mahd oder Beweidung – ist notwendig, um die floristischen Juwelen zu erhalten.»


Mit diesem Beitrag beenden wir die Serie «20 Jahre Biosphäre Entlebuch». Sie finden alle fünf Beiträge unter www.wochen-zeitung.ch unter «Serien».

Pflanzen und Tiere

Nur wenige hoch-spezialisierte Pflanzen- und Tierarten überleben im sauren, nährstoffarmen Milieu der Hochmoore, etwa der fleischfressende Sonnentau und der Hochmoor-Perlmutterfalter, dessen Raupen sich ausschliesslich von den Blättern der Moosbeere ernähren. Torfmoose dominieren die karge Vegetation. Sie können Wassermengen bis zum 30-fachen des eigenen Trockengewichts speichern und sorgen so für ein dauernd nasses Milieu. Die Torfmoose wachsen an der Spitze, während die unteren Teile absterben und vertorfen. Die Hochmoor-Mosaikjungfer, eine der seltensten Libellenarten der Schweiz, gibt es in grösseren Vorkommen nur noch im Entlebuch und im Berner Oberland. Die Lebensräume müssen zwingend über kleine, gut besonnte Wasserstellen verfügen.

Da Flachmoore mit Mineralien versorgt werden, ist die Pflanzenwelt produktiver und vielfältiger. Nebst Seggen, Binsen und Wollgräser sind rotblühende Knabenkräuter charakteristisch. Ein grüner Bewohner ist der Sumpfgrashüpfer. Die Schwarzglänzende Moorameise ist ein Relikt aus der Eiszeit. In der UBE kommen noch alle vier Raufusshuhnarten der Schweiz vor. Der Bestand des Auerhuhns und des Birkhuhns ist in den letzten Jahren weiter zurückgegangen, jener des
Alpenschneehuhns ist stabil geblieben. Das Haselhuhn dagegen hat stark von
den Stürmen, den Windwürfen und den darauffolgenden Pionierwäldern profitiert. 


Quellen: UBE, Bundesamt für Umwelt

Hochmoore und Flachmoore

Auf nassen Böden können sich sehr unterschiedliche Lebensräume entwickeln. Entscheidend ist, woher das Wasser kommt: Hochmoore werden über die Niederschläge, Flachmoore vom Boden aus versorgt ein Hochmoor gleicht einem riesigen Schwamm, der sich bei Regen vollsaugt und das Niederschlagswasser in sich speichert, so dass der Boden stets nass bleibt. Im nassen Boden herrscht Sauerstoffmangel; das Milieu im Hochmoor ist sauer und mager. Deshalb fehlen Bakterien, Würmer und andere abbauende Organismen weitgehend. Abgestorbenes Pflanzenmaterial wird nur teilweise zersetzt und wird zu Torf. Die darin gespeicherten, nicht mineralisierten Nährstoffe aus dem Regenwasser sind für Pflanzen unverfügbar, denn das mineralhaltige Grundwasser liegt unter den Wurzeln.

Flachmoore werden durch Regen und Grundwasser nass gehalten. Hangwasser, Grundwasser, temporäre Überflutungen bringen Nährstoffe, was zur Folge hat, dass die Pflanzenwelt produktiver und vielfältiger ist. Auch Flachmoore gelten als nährstoffarme Lebensräume. Sie werden extensiv landwirtschaftlich genutzt.

Auf dem wasserundurchlässigen Flyschgestein und in vom Gletscher ausgehobelten Landschaftskammern sind dank des hohen Niederschlags im Verlaufe der letzten 10´000 Jahre die Moore im Entlebuch entstanden Auf dem Gebiet der UBE gibt es auf 26 Prozent der Landfläche 46 Hochmoore und 69 Flachmoore. 


Quelle: Bundesamt für Umwelt 

11.03.2021 :: Sylvia Ammann (sal)