«Dieser Puck bekommt bei mir zuhause einen ganz speziellen Platz»

«Dieser Puck bekommt bei mir  zuhause einen ganz speziellen Platz»
Der Topskorer der Elite-A-Junioren, Joel Bieri, im NLA-Einsatz: Während des Jubiläumsspiels gegen Zug schoss Bieri sein erstes NLA-Tor. / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: Mit Joel Bieri klopft das nächste Talent an die Türe der Profis. Der Signauer, der ein Praktikum bei der Polizei macht, erzielte gegen Zug sein erstes NL-Tor.

Das Jubiläumsspiel der SCL Tigers zu ihrem 75. Geburtstag bot am letzten Freitag mit der deutlichen 4:9-Niederlage gegen Zug wenig Anlass zum Feiern. Und dennoch wird ein Spieler der Tigers diese Partie für immer in bester Erinnerung behalten: Joel
Bieri. Denn der 18-Jährige, der erst zum dritten Mal in der Aufstellung der Langnauer stand, erzielte in der 45. Minute (zum 4:6) sein allererstes Tor in der höchsten Liga. Vorlagengeber Toms Andersons holte daraufhin die Scheibe aus dem Netz und überreichte sie Bieri als Andenken. «Dieser Puck bekommt bei mir zuhause einen ganz speziellen Platz», sagt der stolze Teenager. 

Dass der Topskorer der Elite-A-Junioren (30 Spiele, 42 Punkte) letzte Woche überhaupt in der ersten Mannschaft spielte, ist auf die derzeit vielen verletzten Tigers-Stürmer zurückzuführen. Nach einigen Trainings mit dem Team von Rikard Franzén, erhielt er vor zwölf Tagen, einen Tag vor dem Auswärtsspiel bei den ZSC
Lions, vom Nachwuchscoach per «WhatsApp» die Mitteilung, dass er in Zürich zum ersten Mal im Aufgebot der Profis stehen wird. «Da war ich schon ein wenig aufgeregt», gibt Bieri zu. «Ich war schon als kleiner Junge immer im Stadion und nun ging dieser Traum in Erfüllung.»


Vom Kunstturnen zum Eishockey

Für einen Einsatz reichte es beim 3:1-Sieg im Hallenstadion zwar noch nicht, Bieri musste die gesamte Partie von der Spielerbank aus verfolgen. Und er dachte sich: «Das geht ganz schön rassig zu und her auf diesem Niveau.» Drei Tage später, bei der 2:5-Niederlage in Genf, erhielt er dann seine ersten paar Einsätze auf NL-Eis. Und weitere zwei Tage danach dann eben das Jubiläumsspiel gegen Zug, wo er für den verletzt ausgeschiedenen Rihards Melnalksnis übernehmen musste und sogleich zum Torschützen wurde. Besonders bemerkenswert: Am Ende war der Junior Langnaus einziger Stürmer mit einer positiven Plus/Minus-Bilanz. Joel Bieri ist in Signau aufgewachsen und lebt auch heute noch im Elternhaus ausserhalb des Dorfkerns. «Meine Eltern wohnen mit meinem jüngeren Bruder unten, ich oben in einer separaten Dachwohnung», erklärt er. Zum Eishockey gekommen ist der 1,77 Meter grosse Angreifer nicht auf Anhieb, zuerst versuchte er sich im Kunstturnen. «Doch dann begann der grosse Bruder mit Unihockey, also wollte ich das auch machen. Und als er zum Eishockey wechselte, ging
ich ebenfalls nach Langnau in die
Hockeyschule.»


Erst die Ausbildung, dann der Sport

Anders als der grosse «Brüetsch», der seine Karriere verletzungsbedingt beenden musste, träumt Joel – wie auch sein jüngerer Bruder Remo (16), der bei den U17-Junioren der Tigers spielt – weiter von der Profikarriere. «Es ist sicher mein grosser Traum, auf die Karte Eishockey zu setzen. Aber die Ausbildung gehört eben auch dazu. Vor allem für meine Eltern», sagt
Bieri mit einem Augenzwinkern. Deshalb besucht er in Bern die Sporthandelsschule, aktuell absolviert er ein anderthalbjähriges Praktikum bei der Kantonspolizei Bern. Im Sommer 2022, wenn auch seine Elite-A-Juniorenzeit endet, will er die Ausbildung abschliessen.

Und dann? Wie Patrick Petrini, der ebenfalls vom Nachwuchs in die erste Mannschaft aufstieg, sich dort innert kürzester Zeit etablierte und einen Profivertrag unterschrieb, Stammspieler in der NL werden? «So weit nach vorne schaue ich jetzt noch nicht. Ich hatte nun ein paar erste Einsätze bei den Profis, ich habe aber auch noch die Saison mit der U20 vor mir. Danach schauen wir, wie es weitergeht.» Weiter geht es für Bieri vorerst bei der Nachwuchsnationalmannschaft, wo er am Wochenende in Cham mit einer U19-Auswahl drei Testspiele gegen die U18-Nati bestreitet. Für die Tigers spielte er die letzten beiden Partien nicht mehr, weil man nach einem Corona-Fall im Junioren-Team kein Risiko eingehen wollte.

11.02.2021 :: Christoph Schär (css)