Im Corona-Jahr 2020 machten deutlich mehr Menschen Ferien auf beziehungsweise bei einem Bauernhof. / Bild: zvg
Emmental/Entlebuch: Der Agrotourismus hat im letzten Jahr einen Boom erlebt. Die Corona-Pandemie führte dazu, dass Schweizerinnen und Schweizer im eigenen Land Ferien machten.
Die Zahlen, die Agrotourismus Schweiz kürzlich publizierte, sprechen für sich. Die Anzahl Buchungen stieg auf der Plattform Myfarm.ch um 35 Prozent, der Umsatz gar um 50 Prozent. Insgesamt wurde ein Umsatz von 786’000 Franken erzielt. Die Zahlen seien tatsächlich noch höher, da zahlreiche Buchungen nicht über die Plattform, sondern direkt bei den Anbietern erfolgten, schreibt Agrotourismus Schweiz. Covid-19 habe sich positiv auf die Buchungen ausgewirkt, erklärt Direktor Andreas Allenspach. «Mit den Reisebeschränkungen, den Quarantänemassnahmen und der Angst vor Grenzübertritten ist der ländliche Tourismus einer der wenigen grossen Gewinner der Gesundheitskrise.» Es seien nicht nur mehr, sondern auch längere Aufenthalte zu verzeichnen gewesen und die Gäste hätten mehr Geld ausgegeben als sonst.
Nicht alles war beliebt
Auch beim Verein Agrotourismus Emmental-Oberaargau hat man im 2020 ein deutlich grösseres Interesse an touristischen Angeboten in der Region festgestellt. Zahlen liegen aber keine vor. «Gefragt waren vor allem freistehende Ferienwohnungen, Stellplätze für Wohnmobile und spezielle Übernachtungsmöglichkeiten wie beispielsweise in einem Wohnfass oder einem Spycher», sagt Martina Wiederkehr, Leiterin der Geschäftsstelle. Weniger Anklang gefunden hätten dagegen Wohnungen, die sich im Wohnhaus der Vermieter befinden. Einige Anbieter hätten von sich aus darauf verzichtet, Gäste zu empfangen; zu viel Nähe in Zeiten von Abstand.
Nicht nur bei den Übernachtungen habe es einen Boom gegeben, sondern auch bei weiteren Angeboten, erklärt Martina Wiederkehr. So sei viel öfter in Hofläden eingekauft worden. Im Spätsommer und Herbst hätten zudem viele Anlässe wie Geburtstagsfeiern und Hochzeiten, die im Frühling verschoben werden mussten, nachgeholt werden können. «Auch wandern und E-Bike-Touren waren stark gefragt.»
Einen Überblick, wie gut der Agrotourismus im letzten Jahr in der Biosphäre Entlebuch (UBE) gelaufen ist, hat der Tourismusverantwortliche Sandro Bucher zwar nicht. Die Buchungen würden über Myfarm.ch oder direkt laufen.
Stellplätze für Wohnmobile
«Was ich sagen kann, ist, dass die Nachfrage nach Wohnmobil-Stellplätzen sehr gross war.» Die sechs Anbieter mit insgesamt acht Plätzen hätten 2000 Übernachtungen generiert. Davon habe etwa auch die Direktvermarktung von Produkten profitiert.
Ziel sei es nun, weitere Stellplatz-Anbieter zu aquirieren. «Generell wollen wir den Agrotourismus in der Biosphäre besser organisieren, Angebote fördern und Betriebe beraten», sagt Sandro Bucher.
Einig sind sich alle darin, dass der Agrotourismus noch viel Potenzial hat – auch nach Corona. «Heute wollen die Menschen wieder mit der Natur in Verbindung treten, aber mit einem gewissen Komfort. Und sie sind bereit, dafür einen Preis zu zahlen», meint Andreas Allenspach von Agrotourismus Schweiz. Martina Wiederkehr von Agrotourismus Emmental-Oberaargau ergänzt, dass im letzten Jahr viele Schweizerinnen und Schweizer diese Art von Ferien kennen und schätzen gelernt hätten. «Ich bin überzeugt, dass viele wiederkommen werden, auch nach der Pandemie. Dann halt vielleicht nicht mehr für die ganzen Ferien, sondern für eine Woche oder ein verlängertes Wochenende.»