Bachflohkrebse ernähren sich von Falllaub im Wasser. Sie sind ihrerseits eine wichtige Nahrungsquelle für Fische, Vögel und andere Tiere. / Bild: zvg
Natur: Einen Jöh-Effekt löst der Bachflohkrebs wohl kaum aus. Er ist auch nicht vom Aussterben bedroht. Und doch hat er es bei Pro Natura zum Tier des Jahres gebracht.
Pro Natura bezeichnet die Wahl des Bachflohkrebses zum Tier des Jahres 2021 als «Hommage an die zahllosen kleinen, unscheinbaren Tierarten, die unser Ökosystem überhaupt in Bewegung halten». Er sei ein Botschafter für vielfältige, saubere Bäche. Auf Gewässerverschmutzung reagiere er empfindlich. «Mit dem Tier des Jahres 2021 macht Pro Natura auf den Wert der kleinen Bäche aufmerksam und ruft zu einem besseren Schutz dieser blauen Lebensadern auf», schreibt die Naturschutzorganisation.
Auch in vielen Gewässern des Emmentals und Entlebuchs findet der Bachflohkrebs einen Lebensraum, weiss Jan Ryser. Der Langnauer ist Geschäftsführer von Pro Natura Bern. Wie viele der rund 40 bisher bekannten Flohkrebsarten hier vorkommen würden, lasse sich jedoch nicht sagen. Das sei noch nie systematisch erforscht worden. Überhaupt weiss man noch nicht allzuviel über den kleinen Krabbler. Im Projekt Amphipod.ch sind ihm Forscherinnen und Forscher aber seit ein paar Jahren auf der Spur (siehe Kasten).
Er mag lieber ruhige Gewässer
«Der Bachflohkrebs lebt vor allem in schwach fliessenden und stehenden Gewässern, jedoch weniger in isolierten Teichen und Tümpeln», erklärt Jan Ryser. In stark fliessenden Flüssen wie der Emme oder der Ilfis sei er auf stehende Stellen am Rand angwiesen. Dies einerseits, weil er über keinen Mechanismus verfüge, um sich am Boden festzuhalten. Andererseits aber auch wegen der Nahrung. «Er verwertet Laub, das ins Wasser fällt. Wenn es dieses mit der Strömung mitzieht, fehlt ihm die Lebensgrundlage.» Nicht ideal seien deshalb kanalisierte Bäche und Flüsse. Diese böten keine Nischen und Rückzugsorte und bei Hochwasser würden die kleinen Tiere weggeschwemmt, schildert der Biologe.
Der Bachflohkrebs ist nicht nur auf naturnahe, sondern auch auf saubere Gewässer angewiesen. «Verschmutzungen etwa durch Pestizide oder Gülle haben generell einen sehr negativen Effekt auf die Wasserwirbellosen und können zu deren Verschwinden führen», zeigt Jan Ryser auf. Weil im Emmental und Entlebuch vor allem Graswirtschaft betrieben werde, sei die Situation hier etwas besser als im Mittelland, wo öfter intensiv gedüngt oder gespritzt werde. Fehlen kleine Tierchen wie der Bachflohkrebs, hat dies Folgen für die ganze Fauna. «Dann verlieren Fische wie die Forelle oder Groppe, Vögel wie die Wasseramsel sowie räuberische Insekten eine wichtige Nahrungsgrundlage, was sich wiederum negativ auf deren Population auswirkt», sagt Ryser. So klein und unscheinbar er auch ist, so wichtig ist der Bachflohkrebs für ein gesundes Ökosystem.