Trotz Kündigung durch die Gemeinde soll das Auto zum Teilen bleiben

Trotz Kündigung durch die Gemeinde soll das Auto zum Teilen bleiben
Die Mobility Genossenschaft betreibt 248 Standorte im Kanton Bern und 111 im Kanton Luzern. / Bild: zvg
Grosshöchstetten: Der Gemeinderat hat das Mobility-Angebot wegen zu hoher Kosten gekündigt. Trotzdem soll die Bevölkerung nicht auf ein Auto zum Teilen verzichten müssen.

Elektroauto zum Teilen in Oberdiessbach

Im Frühling 2018 hatte die Gemeinde Grosshöchstetten mit der Mobility Genossenschaft einen Car-Sharing-Vertrag (Auto teilen) abgeschlossen, auf Ende 2020 hat sie ihn gekündigt. Dies vor allem aus finanziellen Überlegungen, sagt Gemeindepräsidentin Christine Hofer. Während des zweijährigen Pilotbetriebs sei die Auslastung unter den Erwartungen geblieben. Im 2019 wurden gut 17’000 Kilometer gefahren, die Gemeinde zahlte 8500 Franken drauf. Die Abrechnung 2020 ist noch nicht erstellt. Für einen kostendeckenden Betrieb in Grosshöchstetten müssten pro Jahr mindestens 22’000 Kilometer gefahren werden, hat der Gemeinderat berechnet. Initiiert eine Gemeinde oder eine Firma ein Mobility-Car-Sharing, muss sie eine Jahrespauschale im Sinn einer Defizitgarantie übernehmen. Sie erhält im Gegenzug pro gefahrenen Kilometer eine Gutschrift.

Es sei nicht zu erwarten, dass ein kostendeckender Betrieb erreicht werden könne, so Hofer. «Im Rahmen der Aufgabenüberprüfung haben wir verschiedene Angebote gestrichen, die mässig genutzt werden und nicht unbedingt nötig sind.»

Geringere Nachfrage auf dem Land

Für Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnerinnen und Einwohnern sei es erfahrungsgemäss schwierig, ein Mobility-Angebot kostendeckend zu betreiben, sagt Patrick Eigenmann, Mediensprecher der Mobility Genossenschaft. «Je ländlicher die Gemeinde, desto schwieriger, da viel mehr Leute ein eigenes Auto besitzen als in Städten.» Trotzdem betreibe Mobility auch selber, also ohne Zusammenarbeit mit einer Gemeinde, Standorte auf dem Land. Ziel sei, ein möglichst dichtes Netz anzubieten. «Unrentable Standorte in von uns wenig erschlossenen Gegenden werden deshalb quersubventioniert», erklärt Patrick Eigenmann. Grosshöchstetten gehört nicht in diese Kategorie, zu nah sind die beiden Mobility-Autos in Konolfingen. Trotzdem hält die Genossenschaft auch nach dem Rückzug der Gemeinde am Standort fest, denn eine Lösung zeichnet sich ab.  

Weiterbetrieb dank Partnerschaft

Letzten Mai hat die Mobility Genossenschaft einen Kooperationsvertrag mit dem Auto Gewerbe Verband Schweiz (AGVS) unterzeichnet. «Die interessierten AGVS-Partnergaragen stellen einen Wagen, beispielsweise ein Vorführmodell, und allenfalls auch einen Parkplatz zur Verfügung. Wir rüsten das Auto mit der Car-Sharing-Technologie aus. Die Kundschaft kann das Auto also genau gleich nutzen, wie alle anderen Mobility-Wagen», umschreibt Patrick Eigenmann das neue Angebot. Diese Partnerschaft biete mehrere Vorteile. Die Garage könne ein Auto, das sonst nur herumstehen würde, umsatzbringend nutzen, da ein Teil der Fahrtenumsätze an die Garage fliesse. Die Genossenschaft müsse keinen Neuwagen anschaffen und komme zu neuen Standorten oder könne solche, die von der Schliessung bedroht sind, weiterbetreiben. Die Kundschaft wiederum profitiere von einem verdichteten Standortnetz, betont Eigenmann. In Grosshöchstetten laufen diesbezüglich Verhandlungen mit der Auto Rüger AG.

Geschäftsführer Albin Rüger findet die Kooperation eine sinnvolle Sache. Der Aufwand für die Garage sei überschaubar. Wo das Auto stationiert werde, sei noch offen, entweder bei der Garage oder beim Bahnhof. «Wir bevorzugen jedoch den Standort bei unserem Betrieb», erklärt Rüger. Bis zur Umstellung auf das neue Angebot kann das Mobility-Auto an der Gewerbegasse in Grosshöchstetten weiterhin gebucht werden.

Silvia Wullschläger

Elektroauto zum Teilen in Oberdiessbach

Ab März oder April wird auf dem
Gemeindeplatz in Oberdiessbach ein Auto zum Teilen stehen. Anbieter ist E-Drive, eine Tochter der Landi Luzern-West. Sie bietet ausschliesslich Elektroautos an, die mit Solarstrom geladen werden. Involviert ist auch die Gemeinde. «Die Landi Aare fragte den Gemeinderat an, ob er Interesse an einem solchen Angebot hätte», erklärt Gemeindeschreiber Oliver Zbinden. Er hatte, nicht zuletzt, weil die Gemeinde selber Solarstrom produziert. «Zudem ist dies eine gute Möglichkeit, den Umstieg auf Elektroautos zu fördern», sagt Zbinden. Die Gemeinde zahlt pro Jahr einen Nutzungsbeitrag von rund 10’000 Franken, erhält aber im Gegenzug eine Gutschrift für jeden gefahrenen Kilometer. Sie stellt den Parkplatz mit Ladestation sowie den Strom zur Verfügung und reinigt das Fahrzeug. Für den Unterhalt, die Bereifung und die Versicherung kommt die Landi auf. 

In Worb, dem Hauptsitz der Landi Aare, steht seit letztem Sommer ein Elektrofahrzeug. Obwohl sie nicht gross Werbung gemacht hätten,
nehme die Nachfrage zu, sagt Beni Knecht, Vorsitzender der Geschäftsleitung. Gebucht werden kann das Auto über www.edrive.ch, wo man sich auch registrieren kann. Es wird ein Stunden- und ein Kilometerpreis verrechnet.

14.01.2021 :: Silvia Wullschläger (sws)