«Vor der Quarantäne reichte die Zeit gerade noch für einen Grosseinkauf»

«Vor der Quarantäne reichte die Zeit gerade noch für einen Grosseinkauf»
Jules Sturny entschied letzten Samstag in Bern mit seinem ersten NL-Tor die Partie für die Tigers. / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: Stürmer Jules Sturny profitiert stark vom Trainerwechsel im Sommer. Am letzten Samstag erzielte der Zürcher nun sein erstes NL-Tor. Dennoch ist seine Zukunft ungewiss.

Den Moment für seinen ersten Treffer in der höchsten Liga hätte sich Jules Sturny nicht besser aussuchen können. 1:1 stand es am letzten Samstag im Derby zwischen dem SCB und den Tigers, als dem 24-Jährigen zu Beginn des Schlussdrittels das Siegestor zugunsten der Langnauer gelang. «Ein sehr spezieller Moment für mich. Ich habe danach viele Nachrichten von Kollegen und Familienangehörigen erhalten», sagt der Stürmer mit ein paar Tagen Abstand. Dass ihm die Tor-Premiere, auf welche er 40 Spiele lang warten musste, im leeren Berner Hockey-Tempel und nicht vor über 17’000 Fans gelang, stört ihn kaum. «Meine Freude darüber ist auch so riesig.» 


Mehr Eiszeit unter Franzén

Drei Skorerpunkte stehen damit nach neun Partien auf dem persönlichen Konto des Zürchers. Nur vier Spieler im Team waren bisher noch produktiver. Kein Zufall, denn Sturny erhält in dieser Spielzeit deutlich mehr Vertrauen als noch vor Jahresfrist, als Trainer Ehlers nicht wirklich auf ihn setzte. Er kam in der vergangenen Saison zwar auf 31 Einsätze, die Eiszeit hielt sich jedoch in Grenzen. Schliesslich folgte gar eine Ausleihe zu seinem Jugendverein Kloten in die Swiss League. Zurück im Emmental setzte der neue Coach, Rikard Franzén, von Anfang an auf ihn. Seine Eiszeit hat sich deutlich erhöht, sie ist mit über 14 Minuten im Schnitt sogar höher als jene von Routiniers wie Dostoinow, Neukom oder Kuonen. Die Linie mit Julian Schmutz und Flavio Schmutz (nicht miteinander verwandt) harmoniert gut, sogar im Po-
werplay kommt das Trio regelmässig zum Zug. «Der Trainerwechsel hat sicher etwas ausgemacht, dadurch habe ich eine neue Chance erhalten», so Sturny. «Zudem kommt es auch immer darauf an, ob der Trainer dich mag, ob du sein Spielertyp bist, oder nicht.» Auch in Sachen Kommunikation habe sich auf der Trainerposition einiges verändert. «Ehlers hat nie gross mit uns Spielern geredet, das hat mir gefehlt. Ich habe es gerne, wenn mir der Trainer sagt, wo ich etwa stehe.» Franzén sei diesbezüglich offener, gehe auf die Spieler zu und frage, wie sie sich fühlen würden.


Netflix, statt Eishockey

Nicht allzu gut fühlte sich Langnaus Nummer 98 Ende Oktober, als nach einigen positiven Corona-Tests im Team die komplette Mannschaft in Quarantäne geschickt wurde. «Wir machten das Warm-up für das Spiel in Zug und waren beim Mittagessen, als uns Sportchef Eichmann informierte.» Komisch, sei diese Situation gewesen. «Es reichte gerade noch für einen Grosseinkauf, bevor ich zehn Tage alleine in meiner Wohnung verbringen musste.» Die Hauptbeschäftigungen? Gamen, Netflix, Schlafen, Telefonieren. Und täglich ein vorgegebenes Trainingspensum auf dem Hometrainer, welcher der Verein in die Wohnungen der Spieler liefern liess.

 

«Dann werde ich vielleicht nervös»

Umso glücklicher ist Sturny, dessen Grossvater Peter Meier einst mit Kloten ebenfalls in der NLA spielte, nun zurück auf dem Eis zu sein. Eine Garantie, dass er und seine Teamkollegen sich dereinst nicht noch einmal in Quarantäne begeben müssen, haben sie – wie alle anderen Personen – aber natürlich nicht. Ebenso ungewiss ist seine etwas fernere Zukunft. Der Vertrag bei den SCL Tigers läuft nach dieser Saison aus, Gespräche über eine Verlängerung gab es noch keine. «Das verstehe ich», sagt Sturny. Der Verein wisse ja noch nicht einmal, mit welchem Budget er künftig planen könne.

«Und ich will ja auch nicht der erste sein, der jetzt schon zum Sportchef rennt und fragt, ob wir schon etwas machen können für nächste Saison.» Allzu beunruhigt ist er deswegen noch nicht. «Aber ich weiss nicht, wie es sein wird, wenn ich auch im Januar oder Februar noch nichts vom Club gehört habe. Dann werde ich vielleicht schon langsam nervös», gibt er offen zu. Bis dahin will er mit weiteren Toren auf sich aufmerksam machen. Es muss ja nicht jedes Mal das entscheidende in einem Derby sein.

19.11.2020 :: Christoph Schär (css)