Kleine Änderungen und hunderte Pfosten

Kleine Änderungen und hunderte Pfosten
Das Herzstück von «Emmentalwärts»: Der 1,1 Kilometer lange Umfahrungstunnel samt Zufahrten (gelb) beim Dorf Oberburg. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Emmental: Das Verkehrsprojekt «Emmentalwärts» hat in den letzten Monaten noch kleine Retouchen erfahren. Nun liegen die Pläne bis am 21. Dezember öffentlich auf.

Sie fallen auf. Die vielen Holzpfosten mit roten, orangen, weissen und blauen Farbtupfern. Entlang der Emmentalstrasse zwischen Hasle und Burgdorf scheinen hunderte davon eingeschlagen worden zu sein. Wozu? «Damit sich die Leute auch vor Ort ein Bild machen können», erklärte Kreisoberingenieur Roger Schibler am Dienstag vor den Medien und fügte beschwichtigend an: «Markiert wurde an verschiedenen Stellen aber nicht nur der Verlauf der Strasse, sondern auch alle Böschungen. Nicht überall, wo man solche Pfosten sieht, wird eine Strasse gebaut.» 

Die farbigen Pfosten zeigen auch, dass «Emmentalwärts» eine Station weiter ist: Bis am 21. Dezember findet die öffentliche Planauflage statt, während dieser Zeit können Einsprachen gegen das Projekt eingereicht werden. In der Mitwirkung vor rund einem Jahr sei das Vorhaben sehr gut aufgenommen worden, hielt Regierungsrat Christoph Neuhaus fest. «Der Nutzen des Projekts ist unbestritten.» Diesbezüglich hoffe er, dass es möglichst keine Einsprachen geben werde. Besser ist es, sich die Pläne anschauen zu gehen und Fragen gleich direkt mit dem Tiefbauamt zu klären.»

«Verständnis der Anstösser ist gross» 

Von den insgesamt 19 Teilprojekten sind weit über hundert Grundeigentümer betroffen. Alleine für den Landerwerb sind 13,5 Millionen Franken eingerechnet. «Das Verständnis der Anstösser ist gross», berichtete Roger Schibler. Man stehe in Verhandlungen. «Es ist klar, dass die Entschädigungsfrage im Zentrum steht.» Christoph Neuhaus, welcher teils persönlich mit Grundeigentümern verhandelt, fügte an, dass man einvernehmliche Lösungen anstrebe. Das sei verständlicherweise nicht immer einfach. Zum einen sei es eine emotionale Sache, wenn beispielsweise das Geburtshaus einem Verkehrsprojekt weichen solle. Dann gebe es auch Fälle, welche planerische Herausforderungen darstellen würden. «Wenn wir das Areal eines Gewerbebetriebes etwas schieben wollen und das Amt für Gemeinden und Raumordnung sich bei der Umzonung querstellt, müssen wir über die Bücher gehen.»  

Flachere Böschungen

Erfolge erzielen konnten die Planer bezüglich des Verbrauchs an so genannten Fruchtfolgeflächen. Neu wird das Verkehrsprojekt noch 2,6 Hektaren solcher Flächen beanspruchen – eine Hektare weniger im Vergleich zu den Plänen vor einem Jahr. Möglich wird dies vor allem, weil die Böschungen, wo möglich, so gestaltet werden, dass deren Steilheit weniger als 18 Prozent beträgt. So können die Flächen landwirtschaftlich genutzt werden und gelten weiterhin als Fruchtfolgefläche. «Der Eingriff in die Landschaft und Umwelt ist in einem vertretbaren Rahmen», ist Regierungsrat Neuhaus überzeugt. «Als in den Siebzigerjahren ein Autobahnzubringer für das Emmental geplant wurde, ist man von einem Landverbrauch von weit über zehn Hektaren ausgegangen.» Im Nachhinein sei es gut, dass das damalige Vorhaben nicht realisiert worden sei. «Manchmal ist es besser, wenn man eine Zusatzrunde dreht. Jetzt haben wir ein Projekt, das nicht nur dem motorisierten Verkehr dient, sondern allen Verkehrsteilnehmern», ist Neuhaus überzeugt.

Was noch angepasst wurde

Als Verbesserungen für die Fussgänger ist neu in Oberburg bei der Einmündung der Bärenstrasse ein Fussgängerstreifen vorgesehen. «Dort verkehren viele kleine Schulkinder», begründete der Kreisoberingenieur. Weiter wurde festgelegt, dass in der Ortsdurchfahrt Oberburg am Rand der Fahrbahn farbige Streifen aufgemalt werden. Für die Velofahrer seien beim Kreisel südlich von Oberburg die Ein- und Ausfahrten optimiert worden. «Nach den Eingaben der Mitwirkung haben wir noch zig weitere Details angepasst, beispielsweise Zufahrten zu Häusern oder die Standorte von Bäumen», sagte Roger Schibler. 

Anpassungen erfahren hat auch der Abschnitt Hasle. Im Bereich Tschamerie kommt die Bushaltestelle (für die Fahrt Richtung Burgdorf) neu an die Emmentalstrasse zu liegen. «Auch hier haben wir einige Erschliessungen optimiert, etwa bei der Phytomed», erläuterte Schibler. Beim Bahnhof Hasle-Rüegsau werde die Unterführung Eichholz um einige Meter verlängert. «Damit werden Voraussetzungen geschaffen, dass beim Bahnhof Gleisanpassungen vorgenommen werden können.» In die Pläne von «Emmentalwärts» integriert wurden nun auch Lärmschutzmassnahmen, welche zunächst als eigenständiges Projekt geführt wurden. Roger Schibler: «Das ist auch der Grund, warum die Pläne nicht schon im August, sondern erst jetzt aufliegen.»


Projektauflage: Verwaltungszentrum, Dunantstrasse 7 in Burgdorf. Geöffnet: Montag und Mittwoch, 16.00 bis 20.00 Uhr; Samstag, 09.00 bis 12.00 Uhr. Gruppen können die Ausstellung auf Anmeldung (031 635 53 00) besichtigen. Die Dossiers sind weiter auch auf den Gemeindeverwaltungen Hasle und Oberburg einsehbar oder auf www.emmentalwaerts.bve.be.ch

«Emmentalwärts» kurz erklärt

Burgdorf: Hier ist eine Vielzahl von Massnahmen geplant. So sollen zwei Bahnunterführungen sowie separate Busspuren mithelfen, den Verkehr zu verflüssigen und die Fahrplanstabilität des ÖV’s verbessern. An den beiden Bahnübergängen summieren sich heute die Wartezeiten auf 15 Minuten pro Stunde. 

Oberburg: Das Dorf leidet heute am meisten am Durchgangsverkehr. Dank einer 1,5 Kilometer langen Umfahrung (davon 1,1 Kilometer als Tunnel) soll das Verkehrsaufkommen im Dorf um zwei Drittel sinken. Der Tunnel – quasi das Herzstück von «Emmentalwärts» – wird teils im Tagbau, teils bergmännisch erstellt. Die Umfahrung wird mit Kosten von 270 Millionen Franken veranschlagt. Vor und nach Oberburg sind neue Kreisel geplant; dort wird der Durchgangsverkehr zur Umfahrung abzweigen und die Anwohner können ins Dorfzentrum gelangen. Im Dorf selber wird Tempo-30 gelten. Die Fahrbahn im Dorf wird schmaler, was für mehr Sicherheit für die Fussgänger sorgen soll. 

Hasle: Hier ist eine Bahnunterführung vorgesehen, dank der das Warten vor den Schranken entfällt. Weiter soll eine 850 Meter lange Umfahrung gebaut werden. Das Verkehrsaufkommen im Dorf soll dadurch um die Hälfte sinken. 

Gemäss aktuellen Zahlen werden all die Bauten rund 430 Millionen Franken kosten. Mit dem Baubeginn kann frühestens Ende 2023 gerechnet werden.

19.11.2020 :: Bruno Zürcher (zue)