Die Betriebsdauer der ARA in Freimettigen (Bild) und jener in Grosshöchstetten ist begrenzt. / Bild: Silvia Wullschläger (sws)
Kiesental: Der Vorstand der ARA Unteres Kiesental will aus der ARA Kiesental AG austreten. Damit ist das Projekt einer gemeinsamen, erweiterten ARA in Kiesen in Gefahr.
Aktionäre der ARA Kiesental AG sind die drei ARA Unteres Kiesental in Kiesen, Oberes Kiesental in Freimettigen und die ARA Grosshöchstetten, wobei die ARA Oberes Kiesental aufgrund ihrer Grösse 59 der 100 Aktien hält und damit über die Mehrheit verfügt. Grund für die Zusammenarbeit: Die Anlagen in Freimettigen und Grosshöchstetten können nur noch bis 2030 beziehungsweise 2035 betrieben werden. Dies hauptsächlich deshalb, weil die Gewässer, in die das gereinigte Wasser abfliesst, zu klein sind, um die geforderte Verdünnung zu gewährleisten. Deshalb soll das Abwasser dieser beiden ARA nach Kiesen geleitet und dort, in der erweiterten Anlage, geklärt werden.
Rücktritte und nun der Austritt?
Alles andere als klar ist, ob dieses Projekt nun auch wirklich umgesetzt wird. Bereits in den letzten Monaten kam es im Verwaltungsrat der ARA Kiesental AG zu Unruhe (die «Wochen-Zeitung» berichtete»). Verwaltungsratspräsident Moritz Müller trat auf den 5. Mai kurzfristig zurück. Ebenfalls beendete Geschäftsführer Heinz Berger auf Ende September seine Tätigkeit. Weiter kündigten Verwaltungsrat Walter Hostettler, Nieder-
hünigen, seinen Rücktritt auf die Generalversammlung vom 15. September an. Drei Wochen vor dieser GV gab auch Verwaltungsrats-Vizepräsident Herbert Riem, Kiesen, seine sofortige Demission bekannt. Und nun lautet Traktandum 4 der Abgeordnetenversammlung der ARA Unteres Kiesental, deren Präsident Riem ist, wie folgt: «Zukunft ARA Kiesental AG: Austritt aus der Aktiengesellschaft». Folgen die Abgeordneten der Verbandsgemeinden am 23. November dem Vorstand, dürfte das Aus des Projekts besiegelt sein.
Standort Kiesen hinterfragt
Wie konnte es so weit kommen? «Der ausschlaggebende Punkt ist, dass die Vertreter der ARA Oberes Kiesental und der ARA Grosshöchstetten den Entscheid für den Standort Kiesen infrage stellen», erklärt Herbert Riem auf Anfrage. Und dies, nachdem man sich 2017 in einem demokratischen Prozess für den Ausbau in Kiesen und gegen eine Gross-ARA in Münsingen ausgesprochen habe. «Wird dieser Variantenentscheid nun hinterfragt, würde die Planung nach Jahren intensiver Arbeit und viel investiertem Geld wieder auf Feld 1 beginnen. Dazu sind wir nicht mehr bereit», betont der Präsident der ARA Unteres Kiesental. Nicht einverstanden ist Herbert Riem weiter mit dem Vorgehen beim Baurechtsvorvertrag. Weil die ARA in Kiesen ausgebaut werden müsste, um mehr Abwasser aufnehmen zu können, braucht es 20’000 Quadratmeter Land. «Dazu hat die AG mit der Rechtsamegemeinde Kiesen, einer Gesellschaft von Waldbesitzern, einen Baurechtsvorvertrag ausgehandelt», erklärt Riem. Der Verwaltungsrat sei hinter dem Vertrag gestanden und habe diesen als Meilenstein bezeichnet. Doch dann hätten ihn die beiden Aktionäre ARA Oberes Kiesental und ARA Grosshöchstetten in einem Brief angezweifelt, woraufhin die Rechtsamegemeinde an ihrer HV dem Vertrag nicht zugestimmt habe.
Das Präsidium verwehrt
Ein weiterer Grund, weshalb der Vorstand der ARA Unteres Kiesental aus der ARA Kiesental AG austreten will, ist der Wechsel im Verwaltungsrat. Von den sieben Männern im Gremium vertreten je zwei die ARA Unteres Kiesental und Grosshöchstetten, die ARA Oberes Kiesental hat drei Vertreter. Er sei zurückgetreten, weil das Verhältnis zerrüttet sei und das Vertrauen gefehlt habe, erklärt Herbert Riem. Die Vertreter des Oberen Kiesentals und von Grosshöchstetten hätten das Verwaltungsratspräsidium und -vizepräsidium mit ihren Leuten besetzen wollen – unter Androhung, sonst die Verträge zu kündigen. Nach dem Rücktritt von Moritz Müller übernahm der Vize Herbert Riem ad interim die Leitung und er wollte sich an der GV vom 15. September in dieses Amt wählen lassen. Ohne die Stimmen der Aktionäre aus dem Oberen Kiesental war dieses Ansinnen chancenlos. «Nicht genug damit, ich wurde aufgefordert, das Gremium ganz zu verlassen wegen Befangenheit», erklärt Riem. Dabei sei er beim Landhandel als Landbesitzer und Mitglied der Rechtsamegemeinde stets in den Ausstand getreten. «Ein solches Gebaren ist für uns nicht annehmbar und auf einer solchen Basis ist für den Vorstand der ARA Unteres Kiesental eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich.»
Suter neu Verwaltungsratspräsident
An der GV vom 15. September wurde Heinz Suter, Konolfingen, als Verwaltungsratspräsident gewählt, Vizepräsident ist neu Walter Hostettler, Nieder-
hünigen, der seine angekündigte Demission zurückgezogen hatte. Zu den von Herbert Riem angeführten Kritikpunkten nimmt Heinz Suter Stellung (siehe Kasten).