«Ich fühle mich mit den Kollegen hier in der WG pudelwohl»

«Ich fühle mich mit den Kollegen hier in der WG pudelwohl»
Schieben selten eine ruhige Kugel: Jürg Aeschbach, Darels Dukurs und Philip Schärz (von links). / Bild: Pedro Neuenschwander (pnz)
SCL Young Tigers: Zwölf junge Spieler leben im House of Young Tigers in Langnau. In der WG dreht sich eigentlich alles um Eishockey. Die Talente wollen den Sprung in die NLA schaffen.

Sie stammen aus dem Emmental, aber auch aus Basel, Adelboden oder Lettland – die zwölf Eishockeyspieler im Alter zwischen 15 und 18 Jahren, die im Hous of Young Tigers eingezogen sind.  Grosszügige Zimmer mit zwei Bad-/Toilettenräumen je Etage bieten den Spielern eine angenehme Wohnsituation. Jürg Aeschbach, Mitinitiant der Wohnidee und Geschäftsführer der SCL Young Tigers konnte seine Wünsche beim Ausbau einbringen.  «Es gibt einen Aufenthaltsraum mit Küche und Terrasse, eine Sauna sowie drei Freizeiträume. Im Aussenbereich konnten wir eine Shooting-Range mit Synthetic-Ice erstellen», sagt Aeschbach stolz. Das ist eine Anlage mit einem speziellen Kunststoffbelag, auf der wir Schlittschuh laufen und an der Schusstechnik arbeiten können. 

Langnaus guter Ruf

Der 17-jährige Darels Dukurs aus Lettland ist sportlich durch seinen Vater und seinen Onkel vorbelastet. Beide sind international erfahrene Skeleton-Fahrer. «Ich bin schon als sechsjähriger Bursche auf dem Eis
gestanden und habe in Riga in Nachwuchsmannschaften gespielt. Kollegen sagten mir, dass die Ausbildungsmöglichkeiten in der Schweiz und insbesondere in Langnau hervorragend sind, so entschloss ich mich vor zweieinhalb Jahren, zu den Tigers zu kommen», erklärt Darels Dukurs. «Ich fühle mich hier im Umkreis der Eishockeykollegen sehr wohl und in der WG mit der tollen Atmosphäre sehr gut aufgenommen. Der 17-Jährige hat sich rasch die nötigen Deutschkenntnisse angeeignet, in Langnau das zehnte Schuljahr absolviert und besucht nun die Sporthandelsschule in Bern. Welches Ziel hat er sich gesteckt? «Hockey spielen in einer hohen Schweizer- oder  ausländischen Liga.» Über Weihnachten und nach Saisonschluss geht der Junge gerne mal in die Heimat zu den Eltern – auch dieses Jahr, sofern es Corona zulässt. 

Für den Ausgang reicht die Zeit kaum

Ein weiterer Bewohner des SCL Young Tigers House ist Philipp Schärz, Jahrgang 2003, aus Adelboden. Er stand erstmals als Sechsjähriger auf dem Eis.  Vom Eishockeyspielen total fasziniert, lag sein Fokus relativ rasch auf dieser Sportart. Im Rahmen von nationalen Trainingszusammenzügen erhielt er von Langnau ein Angebot, spielt nun seit zwei Jahren in Langnau und ist Anfang Saison in die WG eingezogen. «Ich fühle mich hier mit den Kollegen in der WG pudelwohl», erklärt Schärz. «Mit meinen Eltern stehe ich laufend in Kontakt, die Wege sind ja auch kürzer als etwa bei Darels», ergänzt er. Philip Schärz absolviert ebenfalls die Sporthandelsschule und will sich neben der Schule voll auf den Eishockeysport ausrichten.

Pro Woche werden zwei Vormittags- und vier Abendtrainings durchgeführt. Ende Woche stehen dann noch zwei Matches auf dem Programm. Ein Tag in der Woche ist eishockeyfrei. «Da reicht es nicht wirklich, um noch in den Ausgang zu gehen», sagt Philip Schärz. Gelegentlich gehen die Spieler nach Bern, um durch die Gassen zu schlendern und um etwas andere Luft zu schnuppern. 

Schlummermutter Monika

«Die Jungs sind durchwegs gut erzogen mit guten Umgangsformen, eben dem Alter entsprechend», sagt Schlummermutter Monika Geissbühler, welche von SCL Young Tigers zu  40 Prozent angestellt ist und daneben noch als Coiffeuse tätig ist. Die Wohnung der Gasteltern befindet sich im selben Haus, ist aber abgetrennt von den Räumen der WG. 

«Wenn die Waschmaschine läuft, bin ich vielfach mit Kunden im Salon», ergänzt Geissbühler. Apropos Waschmaschine: die privaten Wäscheberge der zwölf Burschen werden ausschliesslich durch Monika erledigt. Die wenigen Ämtli, wie Küche reinigen, WC-Papier auffüllen, Badezimmer putzen, werden durch die Jungs anstandslos erledigt. «Ich bin erstaunt, wie pflichtbewusst die Burschen frühmorgens aufstehen, das Frühstück selbst zubereiten und das Haus Richtung Schule oder Arbeitsort verlassen», meint Geissbühler. Es komme aber schon auch vor, dass der eine oder andere einen Zwischenspurt einbauen müsse, um den Zug noch zu erwischen. 

Lieber Fleisch als Gemüse 

Im Winter kocht Geissbühler selten für die jungen Sportler. Die Spieler verpflegen sich im Bistro im Ilfissta-
dion, diejenigen, die nach Bern zur Schule gehen, auswärts. Nach der Saison, in der Übergangsphase, steht die Schlummermutter öfters in der Küche. Aufgetischt werden unter anderem Pasta, Reis, Geschnetzeltes und auch Poulet. Fleisch wird dem Gemüse und den Früchten vorgezogen. «Es wird gegessen, was ich koche, bisher habe ich noch kein Reklamationsbuch hinterlegen müssen», sagt die Allrounderin schmunzelnd. Monika Geissbühler gilt als Ersatzmutter, sie wird von allen Spielern hochgelobt. Sie liest uns die Wünsche direkt von den Lippen ab und engagiert sich mit viel Herzblut, so die einhellige Aussage der Spielergemeinschaft.

Ein bis zwei neue Spieler pro Jahr in der NLA

Jürg Aeschbach (45), Geschäftsführer der SCL Young Tigers, ist gelernter Tiefbauzeichner und ausgebildeter Eishockeytrainer. 2016 ist er als U15-Trainer zu den SCL Tigers gestossen. Seit 2017 amtet er als hauptberuflicher Geschäftsführer der Young Tigers. Er zeichnet verantwortlich für alle Nachwuchs-Teams wie auch generell für die Nachwuchsförderung. Aeschbach ist Mitinitiant der Wohngemeinschaft am Verladeplatz in Langnau. Gemäss seinen Aussagen bezahlen die Spieler eine monatliche Gebühr für die Zimmer sowie ein Entgeld für die Verköstigung. Das Ziel lautet, dank der WG jährlich zwei bis drei Spieler in die National- und Swiss-League führen zu können. «Um die Kosten des Hauses im Gleichgewicht zu halten, brauchen wir auch künftig eine 100-prozentige Auslastung mit zwölf Spielern», sagt Aeschbach. Das Interesse ist offenbar gross – die SCL Young Tigers führen eine Warteliste.

22.10.2020 :: Pedro Neuenschwander (pnz)