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Bedrohte Pflanzen

Bedrohte Pflanzen
Der Schaden, den der Japankäfer an Bäumen und Sträuchern, aber auch an Kulturpflanzen, wie Mais hinterlässt, ist immens. / Bild: zvg
«Serie Pflanzengesundheit»: Sie versorgen uns mit Nahrung und Sauerstoff und schützen vor Naturgefahren. Doch die Gesundheit der Pflanzen ist bedroht: durch Umweltzerstörung, eingeschleppte Krankheiten und Schädlinge. Darauf macht das Uno-Jahr der Pflanzengesundheit aufmerksam.

Die Uno hat 2020 zum internationalen Jahr der Pflanzengesundheit ausgerufen. Nur wurde dieser Ruf von der Corona-Pandemie übertönt. Es konnten kaum Anlässe durchgeführt werden, Tagungen mussten verschoben werden und in den Medien und der Öffentlichkeit dominieren andere Themen. Dabei hängt von der Pflanzengesundheit nicht zuletzt das Überleben der Menschheit ab und sie ist ernstlich bedroht. Dies zeigt Peter Kupferschmied auf, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Eidgenössischen Pflanzenschutzdienst (EPSD) des Bundesamts für Landwirtschaft.


Herr Kupferschmied, weshalb sollten wir vermehrt über die Gesundheit von Pflanzen nachdenken?

Die Gesundheit von uns Menschen hängt von der Gesundheit der Pflanzen ab. Ohne gesunde Pflanzen fehlen uns die Nahrung und der Sauerstoff zum Leben. Gesunde Kultur- und Wildpflanzen schützen uns vor Naturgefahren und tragen zur Biodiversität bei. Was vielen nicht oder nur wenig bekannt ist: Die Gesundheit der Pflanzen ist weltweit ernstzunehmend bedroht. 


Was gefährdet deren Gesundheit denn besonders?

Aus unserer Sicht geht aktuell vor allem von neu eingeschleppten Schädlingen und Krankheiten eine grosse Gefahr aus. Der Klimawandel – der hauptsächlich durch menschliche Aktivitäten verursacht wird – verändert die Ökosysteme, was zur Ansiedlung solcher neuen Schadorganismen beiträgt. Die Wetterextreme und steigende Temperaturen bringen das ökologische Gleichgewicht ins Wanken und schwächen die Abwehrsysteme der Pflanzen.


Beim Einschleppen von Schädlingen und Krankheiten spielt der internationaleHandel und der Reiseverkehr eine wichtige Rolle.

Ja, und zwar zunehmend. Das Volumen des globalen Güterverkehrs hat sich in den letzten zehn Jahren rund verdreifacht. Mit dem stetig wachsenden internationalen Handel und Reiseverkehr steigt auch das Risiko, dass mit pflanzlichen Waren neue Pflanzenkrankheiten und -schädlinge als blinde Passagiere eingeschleppt werden. Auf diese Weise verbreiten sie sich in der ganzen Welt.


Kann man den Schaden, den sie weltweit anrichten, beziffern?

Die Welternährungsorganisation FAO geht von einem durch Schadorganismen verursachten Verlust von 40 Prozent der pflanzlichen Nahrungsmittelproduktion aus. Dies gefährdet die Ernährungssicherheit in vielen Teilen der Welt erheblich. Es gibt Krankheitserreger, welche die Wirtspflanzen zum Absterben bringen und zu vollständigen Ernteausfällen führen können.  


Ist die Situation in der Schweiz auch so ernst?

Für die Schweiz liegen meines Wissens keine genauen Zahlen vor. Einzelne Krankheitserreger könnten aber, falls sie eingeschleppt werden, jährlich Schäden in der Höhe von mehreren Millionen Schweizer Franken verursachen. Beispielsweise hat der Pflanzenschutzdienst (EPSD) den Schaden für die Landwirtschaft und den produzierenden Gartenbau allein durch das Bakterium «Xylella fastidiosa» auf rund 70 Millionen Franken pro Jahr geschätzt, sollte dieses eingeschleppt werden und sich ausbreiten. Das Feuerbakterium befällt mehr als 350 Pflanzenarten, darunter Nutzpflanzen wie Steinobst und Weinreben, und richtet grossen Schaden an.


Die Kirschessigfliege ist ein Schädling, der sich bei uns bereits verbreitet hat und Steinobst und Beeren befällt. Welche Schädlinge sind weiter eine Bedrohung?

Besonders beschäftigt uns gegenwärtig der Japankäfer. Er frisst Blätter verschiedener Bäume und Sträucher oft bis auf das Gerippe. Letztes Jahr wurden im Südtessin erstmals vereinzelte Japankäfer in der freien Natur festgestellt, dieses Jahr in einigen Rebbergen. Die Bekämpfung erweist sich leider als sehr schwierig, wenn er sich mal in einer Region etablieren konnte. Es muss deshalb mit einer weiteren Ausbreitung in der Schweiz und entsprechenden Schäden in den kommenden Jahren gerechnet werden.

Was ist zu tun, um die Verbreitung von solchen Schädlingen zu verhindern?

Der Bund und die Kantone haben verschiedene Vorsorgemassnahmen ergriffen. Zum Beispiel werden an den Flughäfen Genf und Zürich pflanzliche Waren, die eingeführt werden, kontrolliert. Betriebe, welche in der Produktion und im Handel mit bestimmten Pflanzen tätig sind – etwa Baumschulen, Gärtnereien und Saatgut-Produzenten – werden registriert und kontrolliert. Weiter gibt es Gebietsüberwachungen, um das Auftreten eines Schädlings möglichst schnell zu bemerken. Kommt es dennoch zu einem Befall, werden in diesem Gebiet Quarantänezonen eingerichtet und der Schädling bekämpft, etwa indem Wirtspflanzen entfernt und Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden.  


Auch Reisende werden in die Pflicht genommen. Seit dem 1. Januar 2020 ist es verboten, Pflanzen, Früchte, Gemüse,
Samen und Blumen aus Nicht-EU-Ländern einzuführen. 

In der Vergangenheit wurde von der Möglichkeit, pflanzliche Waren im privaten Reisegepäck nach Hause zu nehmen, regen Gebrauch gemacht. Jetzt ist das von ausserhalb der EU nur noch möglich, wenn man vom Pflanzenschutzdienst des Ursprungslands ein amtliches Pflanzengesundheitszeugnis vorweisen kann. Erlaubt bleiben nur Ananas, Bananen, Datteln, Kokosnüsse und Durians. Doch wir empfehlen, generell darauf zu verzichten, frisches Pflanzenmaterial als Reisesouvenirs aus dem Ausland mitzubringen. Eine einzige befallene Frucht kann bereits ausreichen, damit sich eine neue Krankheit oder ein neuer Schädling in der Schweiz ansiedeln und verbreiten kann. Und das gilt es unbedingt zu verhindern.

24.09.2020 :: Silvia Wullschläger (sws)