Alpabfahrt: In Sumiswald wird nicht gewirtet, in Wasen schon

Alpabfahrt: In Sumiswald wird  nicht gewirtet, in Wasen schon
Aufwändige Vorarbeiten: Vor der Dahlien-Pflanzung poliert Hinterarni Hirt Jürg Reist die Treicheln und Glocken auf Hochglanz. / Bild: Ulrich Steiner (uss)
Sumiswald-Wasen: Seit fast 20 Jahren werden die Alpabfahrten in der Gemeinde Sumiswald touristisch vermarktet. Coronabedingt entfällt heuer das Rahmenprogramm teilweise.

Gut 900 Rinder verbringen jedes Jahr die Sommermonate auf den 13 Alpbetrieben der Gemeinde Sumiswald. Morgen Freitag werden sie schön geschmückt von den Hirtenfamilien und ihren treuen Helfern ins Tal getrieben. Für die zirka 350 Tiere vom Farnli, Spychersgraben, Krähenbühl und der Lushütte ist der «Rössli»-Platz in Wasen das Ziel. Hier betreibt der Ortsverein unter Einhaltung der geltenden BAG-Hygienevorschriften auch dieses Jahr ein «Abfahrts-Beizli». Ganz im Gegensatz zu Sumiswald, wo der Verkehrsverein infolge der Corona-Pandemie keine Sitzgelegenheiten bereitstellt und das traditionelle Rahmenprogramm der Dorfvereine mit Verpflegungsmöglichkeiten entfällt. Einzig der Verkehrsdienst wird wie gewohnt organisiert. Die 600 Gusti von der Lüderen und dem Hinterarni werden um die Mittagszeit auf dem Dorfplatz ihren Besitzern übergeben.

Tagwache um 3.30 Uhr

Bei einem Besuch auf der Hinterarnialp bei Hirt und Wirt Jürg Reist zeigte sich dieser erfreut, dass die Alpabfahrt trotz der Corona-Situation wie gewohnt stattfindet. Er und sein Team haben während 111 Tagen total 120 Rinder aus der Region Oberaargau gesömmert. In den letzten zwei Wochen hatten die Reists alle Hände voll zu tun mit den Vorbereitungen für den grossen Tag. Da gilt es etwa das Geläute zu polieren, den Blumenschmuck zu binden, die Strecke sektorweise abzuzäunen und die Tiere mit Striegel und Bürste zu putzen. Am Abfahrtstag ist für seine 20 Helfer- und Helferinnen bereits um 3.30 Uhr Tagwache. Nach dem Einstallen erhält jedes Tier seine passende Treichel oder Glocke und den Blumenschmuck. Letzterer wird mit einer Schutzhülle gegen Frasschäden gesichert. Um 8.00 Uhr erfolgt der Start zum dreistündigen Marsch via Wasen nach Sumiswald. 

Hoffen auf zahlreiche Gäste

Jürg Reist hofft, dass trotz Corona viele Besucherinnen und Besucher  den Brauchtumsanlass besuchen werden. Für ihn ist klar, dass entlang der Marschroute vom Publikum die empfohlenen Sicherheitsabstände problemlos eingehalten werden können. Er appeliert an die Eigenverantwortung der Gäste. Eine Abfahrts-Premiere wird es für Mirjam Bigler werden. Sie ist die neue Hirtin auf der Alp Kessisboden.

Positiv äussert sich Hinterarni-Präsident Hansruedi Tanner über den vergangenen Alpsommer. Dank ausreichend Regen sei dieser – im Gegensatz zu den beiden Vorjahren – sehr futterwüchsig gewesen. Er sei froh, dass die Alpabfahrt fast wie gewohnt stattfinden könne, denn das sei der Stolz der Hirtenfamilien. Neu muss jede Gruppe eine Teilnehmerliste mitführen. Das anschliessende gemeinsame Mittagessen im «Kreuz» sei reserviert, erklärt Tanner.

Jürg Reist sieht in der Qualität der Sumiswalder Alpabfahrt ein riesiges Potenzial. Er kann sich gut vorstellen, dass sich daraus in Zukunft ein «Emmentaler Alphirtenfest» entwickeln könnte. Erste Kontakte mit Kollegen und der Gemeinde hätten bereits stattgefunden.

17.09.2020 :: Ulrich Steiner (uss)