Corona: Vier Grundversorger berichten

Emmental: Unser Leben hat sich seit dem Auftreten des Coronavirus verändert. Ver­schiedene Verantwortliche aus dem Gesundheitswesen zogen eine Zwischenbilanz.

«Gesund i.E.», der Förderverein für das Regionalspital Emmental, lud anlässlich seiner Hauptversammlung zu einem öffentlichen Anlass zum Thema Coronavirus im Emmental. Vier unterschiedliche Leistungserbringer im  Gesundheitswesen referierten über bisherige Erfahrungen und Aussichten zu unserem Alltag mit Corona. Ein Thema, das alle angeht, das niemanden kalt lässt, und dennoch erschien ein erstaunlich kleines Grüppchen Interessierter im Landhaussaal in Burgdorf.

Niemand hatte damit gerechnet, niemand wusste genau, welche Massnahmen ergreifen, als der hochansteckende Virus unser Land erreichte und Angst und Schrecken verbreitete. Und doch können alle vier Referenten im Rückblick sagen: «Wir haben unser Bestmögliches getan, der gefährlichen Krankheit zu begegnen und konnten sie bis jetzt, wenn auch nicht besiegen, so doch im Zaume halten.» 

Kritik werde es immer geben, aber wer wisse schon, was geschehen wäre ohne Lockdown und «Bleiben-Sie-zuhause»-Aufrufe.  

Massnahmen beibehalten

Nach Meinung von Lorenz Sommer, Hausarzt mit Praxis in Signau, ist momentan die Beibehaltung der bekannten Massnahmen wie Desinfektion, Distanz halten und Schutzmasken tragen zur Unterbrechung der Virusübertragung das Wichtigste. Vor Beginn der Grippesaison sollte man sich unbedingt gegen Grippe impfen lassen, denn ein Zusammentreffen von Influenza und Coronavirus könne verhängnisvolle Folgen haben. Ein Impfstoff gegen Covid-19 konnte noch nicht entwickelt werden, das könne – wenn überhaupt möglich – Jahre dauern, mutmasst Sommer. Weiter würden vermehrte Tests notwendig sein.

Versorgung sichergestellt

Anton Schmid, CEO des Spitals Emmental, berichtete von umfangreichen Vorkehrungen, die an den beiden Standorten Langnau und Burgdorf getroffen wurden. Mehr Bettenkapazität und Isolationsplätze, Umschulung von Personal und Suche externer Helfer, Sicherstellung eines riesigen Medikamenten- und Materialbedarfs, Errichten von Testplätzen – das waren nur die dringendsten Massnahmen des Spitals in Erwartung der Corona-Welle. Es wurden keine planbaren Eingriffe mehr gemacht, somit blieb die Hälfte der Betten wochenlang leer. «Zum Glück entwickelte sich das Emmental bisher nicht zum Katastrophengebiet, die Welle blieb aus», so Schmid. Die finanziellen Folgen in Millionenhöhe jedoch würden dem Spital noch lange zu schaffen machen. Und dennoch bleibe ein positiver Aspekt: «Unser Spital ist gut vorbereitet, die medizinische Versorgung der Einwohner im Emmental ist sichergestellt.»

Maske macht Sinn

Die Geschäftsleiterin der Spitex Region Emmental, Cornelia Steinmann, betonte, wie wichtig Maskentragen sei. Eine mit Coronavirus infizierte Mitarbeiterin habe, dank konsequenter Anwendung der Schutzmassnahmen, niemanden angesteckt. Natürlich sei die Maske unbequem, bei Anstrengungen im warmen Zimmer oder im Bad laufe die Brille an, falle das Atmen schwer. Und demente oder verwirrte Personen erschreckten oft vor der «maskierten» Pflegerin. «Aber wenn wir Verantwortung für uns und unsere Mitmenschen tragen und den Rückgang der Infektionen bewirken wollen, können wir die kleine Unannehmlichkeit wohl auf uns nehmen.»

Isolation machte einsam

Im Altersheim Sumiswald seien die Folgen der Isolation schwer zu ertragen gewesen, gibt der Geschäftsführer Patrik Walther zu. Besuchsstopp, die Absage aller Feierlichkeiten und das Verbot, das Areal zu verlassen, hätten die 130 Bewohnerinnen und Bewohner einsam gemacht. «Nicht alle konnten verstehen, dass die Massnahmen zu ihrem Schutz nötig waren, Senioren und Angehörige beklagten sich.» In einigen Fällen, etwa bei Sterbenden oder schwer Dementen, wurden Ausnahmen erlaubt. Mit Balkonkonzerten und Extra-Desserts versuchte man, die Seniorinnen und Senioren aufzuheitern. Und im umfunktionierten Coiffeurstübli konnten sie durch das offene Fenster mit Angehörigen sprechen. Trotzdem, auf Dauer sei die Situation unerträglich, weshalb man die Vorschriften inzwischen gelockert habe und – unter Einhaltung strenger Sicherheitsmassnahmen – Besuche wieder erlaube, erklärte Patrik Walther.

03.09.2020 :: Gertrud Lehmann (glh)