Urlaub mit Popo-Lüfter

Es gibt gewisse Urlaubsklischees, die gerne bedient werden. Ein Klischee beispielsweise besagt, dass Landbewohner in die Stadt aufbrechen und Bergbewohner in die Ebene. Dementsprechend bin ich aus der ländlichen Bergumgebung in die Agglomeration einer Stadt mit gewellter Landschaft aufgebrochen. Mein E-Bike war dort zwar überdimensioniert, ermöglichte mir jedoch, meine Radtouren in die Länge zu ziehen. Auf diese Weise vergrösserte ich den Radius von anfänglich 65 auf über 90 Kilometer. Ganz nebenbei sammelte ich Grenzübertritte. Raus aus der Schweiz, rein in die Schweiz, raus aus der Schweiz, rein in die Schweiz. Ich erlebte die grüne Grenze hautnah. Kontrollen gab es nicht, aber hüben wie drüben Gleichgesinnte, die mit dem Rad unterwegs waren. Während ich Freizeitradler am dritten Tag schon sehr unter Schmerzen im verlängerten Rücken litt, schien mir, andere haben dort eine Lederhaut. Gespräche von fidelen und professionellen Radfahrern an benachbarten Tischen im Café, beziehungsweise deren geübter Blick, sorgten für Kontakte. Es gab gut gemeinte Ratschläge, wenn ich mich sehr vorsichtig auf den Stuhl einer Gartenterrasse setzte. Ein Tipp von den Radprofis war, viel Magnesium nehmen und die lädierte Rückseite mit Melkfett bearbeiten. Ich entwickelte aber auch eigene Lösungen. Nach einer Woche hatte ich eine gewisse Routine, bei gerader und ansteigender Strecke notfalls im Sattel die Position zu wechseln und die Abfahrten durch die Weinberge auf den Pedalen stehend zu meistern. Das nachfolgende Absetzen auf den Sattel war ernüchternd und von Schmerz begleitet, aber mit der Zeit ignorierte mein Dickkopf das. Am siebten Tag hatte ich dann eine spezielle Begegnung. Nach einiger Zeit im Sattel und Schmerzen an Popo und Steiss, war es Zeit, dem geschundenen Körperteil eine Pause zu gönnen. In einem schönen Café mit Garten am Rheinufer genoss ich Kaffee und Kuchen. Da sah ich sie – die Popo-Lüfter. Völlig mit sich und der Natur im Reinen tauchten sie in den Rhein und hielten ihr Hinterteil in die Höhe, völlig unbeeindruckt von der Geschäftigkeit und den Menschen in ihrer Nähe. Oh ja, so eine Abkühlung, die würde mir und meinem Hinterteil auch gut tun, aber natürlich nicht so ungeniert in der Öffentlichkeit planschend. Fasziniert beobachtete ich das stete Eintauchen und wie der Popo in die Höhe schoss. Als der Kaffee kalt war, waren die Schwäne satt. Sie hörten auf zu gründeln und ihr Bürzel wie Bojen auf, der Wasseroberfläche zu zeigen. Zufrieden schwammen sie zur Federreinigung zurück ans Ufer. 

13.07.2020 :: Martina Jud