«Schon als Kind wollte ich Schriftstellerin werden»

«Schon als Kind wollte ich Schriftstellerin werden»
Verena Sägesser hat sich ihren Lebenstraum, Bücher zu schreiben, erfüllen können. / Bild: zvg
Dürrenroth: Verena Sägesser schreibt Bücher über das Leben, die Liebe und den Alltag im Frauengefängnis. Sie freut sich, wenn sie mit ihren Geschichten andere Menschen erreicht.

Es sind zwei gegensätzliche Welten, in denen sich Verena Sägesser bewegt. Hier das grüne und hügelige Emmental, in dem die Sozialpädagogin aufgewachsen ist. Dort die Halbinsel Nordstrand, von der aus sich ein weiter Blick auf die Nordsee eröffnet. Aber an beiden Orten findet Verena Sägesser Inspiration für ihre Bücher. «Ideen schöpfe ich aus meinen Begegnungen mit Menschen», sagt die Dichterin, die sich vor fünf Jahren pensionieren liess, um ihren Lebenstraum vom Schreiben eigener Bücher verwirklichen zu können. Schriftstellerin oder auch Lehrerin seien schon als Kind ihre Wunschberufe gewesen: «Da ich gehbehindert bin, las ich, sobald ich des Lesens kundig war, sehr viel und schrieb schon während der Schulzeit gute Aufsätze.» 

Themen, die nicht mehr loslassen

Die Berufswünsche hätten sich später verwachsen, erzählt Verena Sägesser. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Sozialpädagogin und leitete nach ihren Lehr- und Wanderjahren ein Heim für Frauen mit psychosozialen Problemen. Während dieser Zeit schrieb sie auch viel. Aber eben nicht Geschichten, sondern Anträge, Entwicklungsberichte und Konzepte. Ihr Mann Gerhard war es dann, der sie ermunterte, die Erlebnisse mit den Heimbewohnerinnen aufzuschreiben. «So entstanden Kurzgeschichten über Menschen, die mich beeindruckt haben», erinnert sich Verena Sägesser. Auch ihr neuestes Buch, «Sieben Jahre Knast», schöpft aus ihren Erinnerungen an die Zeit, als sie als junge Sozialpädagogin im Frauenstrafvollzug tätig war. «Das war meine Lebensschule», sagt Verena Sägesser und ergänzt: «Die Themen Macht und Ohnmacht, Täter und Opfer liessen mich nie mehr los.» Noch heute mache sie sich Gedanken darüber, ob es zum praktizierten Strafvollzug bessere Alternativen geben könnte.

Ein berühmtes Vorbild aus England

Verena Sägesser liebt Geschichten, wie sie selbst sagt: «Ich erzähle sie gerne weiter und freue mich, Leserinnen und Leser an meinen Gedanken teilhaben zu lassen.» Sie habe in ihrem Leben sehr viel Glück, von dem sie gerne etwas weitergeben möchte. Gibt es literarische Vorbilder? «Ja», antwortet Verena Sägesser, «als Kind wollte ich so berühmt werden wie Johanna Spyri mit ihrem ‹Heidi›». Später verwandelte sich ihr Vorbild in Rosamunde Pilcher. Verena Sägesser hat zwei Liebesromane geschrieben; sie spielen aber nicht in England, so wie beim berühmten Idol, sondern in Emmendorf, einem fiktiven Ort im Emmental. 

Nach der Publikation ihres Gefängnisbuches verfolgt Verena Sägesser bereits die nächsten Ideen: «Freunde haben beim Räumen der Wohnung ihres Vaters alte Briefe entdeckt von einem Kanada-Auswanderer aus dem Emmental. Sie haben mich ermuntert, darüber ein Buch zu schreiben.»

Bei ihrem nächsten Projekt kann Verena Sägesser auf ein eingespieltes Team zählen: Ihr Mann, Gerhard Wittmer, entwirft das Layout und die Umschläge. Freunde gestalten die Umschlagbilder und übernehmen das Korrektorat.

Sieben Jahre Knast


Olivia ist eine kreative und lebensfrohe junge Frau, das Tor für ein glückliches und erfülltes Leben steht weit offen für sie. Doch dann kommt es zu einem schweren Bruch in ihrem Lebensplan, Olivia begeht ein Verbrechen und muss für sieben Jahre ins Gefängnis. Wie geht es nun weiter? Antworten auf diese Frage gibt Verena Sägesser in ihrem neuen Buch «Sieben Jahre Knast». Die Autorin hat selbst mehrere Jahre im Strafvollzug gearbeitet und ihre Erlebnisse autobiografisch verarbeitet. Im Buch lernt der Leser sie als Leena Eggimann kennen; einer Frau, die an ihren Idealen festhält und an eine Welt ohne Gefängnisse glaubt. Das Buch besticht durch lebensnahe Berichte über den Alltag in einem «Frauenknast», aber auch durch einfühlsame Schilderungen dessen, was die Bewohnerinnen bewegt. Denn ihre Träume und Wünsche geben sie nicht ab, wenn sich die Zellentüre hinter ihnen schliesst. 

20.05.2020 :: Benjamin Stocker-Zaugg (sbr)