Faszination der alten deutschen Schrift

Faszination der alten deutschen Schrift
Können Sie diesen einfachen Satz lesen? Wenn nein, hier die Lösung: Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt. / Bild: Margrit Kipfer (kmb)
Schüpfheim: Viele alte Schriften sind in der deutschen Kurrentschrift abgefasst. Oft beinhalten sie Familiengeschichten oder sogar unausgesprochene Geheimnisse. Wer will sie entdecken?

Es ist nie zu spät, die deutsche Kurrentschrift schreiben und lesen zu lernen. Die schwungvollen Gross- und Kleinbuchstaben erfordern auch keine Künstlerhand. Hingegen sind Ausdauer, Sorgfalt und Einsatz gefragt. Die Begeisterung für diese schöne Schrift wird den Schreibenden bald einmal ergreifen.

Mit Tinte und Federhalter

Es kann richtig Freude machen, sich ans Pult zu setzen, den Federhalter in die Tinte zu tauchen und mit Schwung Buchstaben um Buchstaben zu üben und als Wörter zusammenzufügen. Marietheres Zemp, die kürzlich in Schüpfheim einen Kurs anbieten durfte, der im Programm der Frauengemeinschaft ausgeschrieben war, konnte die Teilnehmenden dort fürs Schreiben der deutschen Kurrentschrift voll begeistern. «In den ersten Lektionen ging es darum, die Gross- und Kleinbuchstaben zu erlernen», sagt sie. Das geschah zuerst mit Bleistift. Dann wurden einzelne Wörter geschrieben. «Am vierten Kursnachmittag schrieben wir schon kleine Texte. Ich brachte auch Federhalter, Federn und Tinte mit», berichtet die Kursleiterin.

«Es klingt wie Musik»

«Es war ganz still im Raum. Nur das Kratzen der Federn war zu hören. Das tönte wie Musik», erzählt Marlis Scherer, eine der Teilnehmerinnen, mit Begeisterung. Sollte die Schrift nicht auf Anhieb gelingen, dürfe man den Kopf nicht hängen lassen, sind die aktiven Schreiberinnen überzeugt. «Schliesslich haben wir alle einmal schreiben gelernt. Bis damals die Schnürlischrift zur Zufriedenheit sass und mit Geschick verbunden werden konnte, ging es auch eine Weile.» So sei es auch bei der deutschen Kurrentschrift. Wie bei jedem anderen Metier gelte auch hier: Übung macht den Meister. «Ob in einem Kurs oder in Eigenregie, das Schreiben wird gelingen».

Marietheres Zemp hat die Schrift als 14-Jährige von einer Grosstante gelernt. Als sie die Verwaltungslehre absolvierte, kamen ihr die Kenntnisse sehr gelegen, denn dort hatte sie oft alte Dokumente in deutscher Schrift zu durchforsten und ins heutige Deutsch zu übertragen. Am einfachsten, das Schreiben und Lesen der deutschen Kurrentschrift zu praktizieren, geht mit einem Briefwechsel. Das bestätigt auch Marietheres Zemp. Sie schreibt jährlich siebzig bis achtzig Briefe. Und natürlich erfahre man dabei viel Interessantes.

Schwieriger ist es mit dem Lesen und Entziffern alter Dokumente oder Briefe. Oft sind sie in verschnörkelter Schrift verfasst, manchmal sogar ziemlich klein geschrieben und mit diversen Abkürzungen versehen. Da brauchts dann jeweils einiges, um dem Inhalt auf die Spur zu kommen; etwa wenn man in alten Kirchenbüchern nach der Geschichte seiner Familie forscht. «Aber es lohnt sich auf jeden Fall, darin zu stöbern», so Mariethe-
rese Zemp.

Abruptes Ende der Kurrentschrift
14.05.2020 :: Margrit Kipfer (kmb)