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Zwischen Angst und Leichtfertigkeit

Zuerst eine kurze Geschichte aus dem Orient. Warum ich gerade diese gewählt habe, muss ich wohl in einer Zeit, da Corona in den Medien das beherrschende Thema ist, nicht eigens erklären.

Die Pest war auf dem Weg nach Damaskus und überholte in der Wüste die Karawane eines Häuptlings. «Wohin so schnell?», fragte der Häuptling. «Nach Damaskus. Ich habe vor, tausend Leben zu nehmen.» Auf ihrem Rückweg von Damaskus kam die Pest wieder an der Karawane vorbei. Der Häuptling sagte: «Fünfzigtausend Leben hast du dahingerafft, nicht tausend.» – «Nein», sagte die Pest, «ich nahm tausend. Es war die Angst, welche die übrigen nahm.»

Auch wenn die Begriffe Pest und Corona nicht deckungsgleich sind, haben sie einiges gemeinsam, zum Beispiel die Angst als ständige Begleiterin. Nicht immer tötet die Angst. Häufig aber lähmt sie und raubt Lebensfreude und Lebenskraft. A propos Angst: Sie darf nicht ausschliesslich als etwas Schädliches betrachtet werden. Sie kann das Leben auch schützen, wenn sie als gelbe Warnlampe funktioniert. Menschen, die einen Posten mit Verantwortung für andere innehaben, müssen sensibel sein für drohende Gefahren. Da ist niemandem gedient, wenn sie diese schönreden. Der Glaube an Gott, der unser Geschick in seinen Händen hält, hilft uns, eine gute Mitte zu halten, besser: einen Weg zu suchen zwischen verantwortungsloser Leichtfertigkeit und Erstarrung in der Angst. Im Lied «Wer nur den lieben Gott lässt walten» ist von diesem Weg die Rede: «Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das Deine nur getreu und trau des Himmels reichem Segen, so wird er bei dir werden neu; denn welcher seine Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt er nicht.»

09.04.2020 :: Rudolf Vogel