Haus muss weichen, um Chemikalien aus dem Boden zu entfernen

Haus muss weichen, um Chemikalien aus dem Boden zu entfernen
In diesem Gebäude wurde bis 1994 eine chemische Reinigung betrieben. Die Folgen sind bis heute spürbar. / Bild: Silvia Wullschläger (sws)
Konolfingen: Die Parzelle an der Emmentalstrasse 1 gilt als belasteter Standort, der saniert werden muss. Dazu wird das Gebäude abgerissen und das belastete Erdreich ausgehoben.

Von 1972 bis 1994 betrieb die Grogg Kleiderreinigungs AG an der Emmentalstrasse 1 in Konolfingen ihr Geschäft. Die Folgen deren Tätigkeit beschäftigen die Liegenschaftsbesitzer und die kantonalen Behörden bis heute. Der Boden wurde durch chlorierte Lösungsmittel (CKW), welche die chemische Reinigung einsetzte, verschmutzt. Die Parzelle gilt deshalb als Altlast und ist im kantonalen Kataster der belasteten Standorte eingetragen (siehe Kasten). Sie muss saniert werden. 

«Die Schadstoffe belasten das Grundwasser. Zudem stellen sie eine Gefahr dar für die im weiteren Abstrom liegende Trinkwasserfassung Stalden», schildert Jacques Ganguin, Vorsteher des Amtes für Wasser und Abfall (AWA), das Problem. Die Schadstoffe bewegten sich jedoch sehr langsam in diese Richtung, weshalb keine unmittelbare Gefährdung bestehe. Die Entwicklung der Schadstoffbelastung im Grundwasser und in der Trinkwasserfassung würden seit Jahren genau überwacht.

Der Kanton ist Bauherr

Nach jahrelanger Planung, verschiedenen Probebohrungen und unzähligen Expertisen und Mitberichten wurde Ende Januar das Baugesuch publiziert. Als Bauherrschaft tritt der Kanton Bern auf. Um die Parzelle sanieren zu können, muss die ganze Liegenschaft – sie ist unbewohnt – abgerissen werden. «Nach dem Abbruch werden die Schadstoffe innerhalb eines Spundwandkastens ausgehoben und fachgerecht entsorgt», umschreibt Jacques Ganguin das Vorgehen. Der Abbruch sei auf Ende dieses Jahres vorgesehen, die Aushubarbeiten fänden dann im 2021 statt. Aufgrund der aktuellen Lage bezüglich Coronavirus könnten sich das Ausschreibungsverfahren und die Bauarbeiten jedoch verzögern. 

Eigentümer müssen sich beteiligen

Die Sanierungskosten werden insgesamt auf 4,7 Millionen Franken geschätzt. Kürzlich hat der Regierungsrat einen Kredit von 2,75 Millionen Franken für diese Altlastensanierung gesprochen; auch der Bund beteiligt sich daran. Die Kantone sind dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass belastete Standorte saniert werden, wenn sie Schaden anrichten können. «Wenn die Sanierung unmittelbar nötig wird, muss der Kanton das Sanierungsprojekt selber durchführen», ist einer Medienmitteilung des Regierungsrats vom 19. März zu entnehmen. Das trifft in diesem Fall zu. Der Kanton will die Liegenschaft zum Zweck der Sanierung erwerben.

Jacques Ganguin vom AWA erklärt, dass die ehemalige Grogg Kleiderreinigungs AG als Verursacherin nicht mehr belangt werden könne, da die Firma schon vor Jahren aufgelöst worden sei. «Die Grundeigentümer, welche von der Sanierung betroffen sind, müssen sich an den Kosten beteiligen.» 

Wie Martin Habegger, Miteigentümer der Liegenschaft Emmentalstrasse 1, auf Anfrage sagt, bedeutet dies für die Miteigentümerschaft einen Totalschaden. «Zusammen mit den Vorabklärungen müssen wir insgesamt mehr an die Sanierung bezahlen, als wir für die Liegenschaft erhalten werden.»

Bauen unter Auflagen erlaubt

Auch nach der Sanierung bleibt das Grundstück im Kataster der belasteten Standorte eingetragen. Dies, weil geringe Restbelastungen nicht entfernt werden können, wie Jacques Ganguin ausführt. «Da der Standort dann aber nicht mehr sanierungsbedürftig ist, kann er unter Auflagen überbaut werden.» Einschränkungen zur Überbauung in die Tiefe ergäben sich jedoch hauptsächlich aufgrund der hohen Grundwasserstände, welche in der ganzen Gegend vorkommen würden.Gegen das Bauvorhaben sind eine Einsprache und mehrere Rechtsverwahrungen eingegangen. Der Inhalt und die genauen Anliegen würden im Moment geprüft, teilt das AWA mit.

Belastete Standorte und Altlasten

Belastete Standorte sind Flächen, deren Untergrund durch abgelagerte Abfälle oder versickerte Schadstoffe verunreinigt ist. Sie umfassen Deponien, Betriebsstandorte wie Fabriken und Industrieareale, Schiessanlagen und Unfallstandorte.

Altlasten sind belastete Standorte, bei denen feststeht, dass sie die Umwelt gefährden oder künftig gefährden können. Diese Standorte müssen saniert werden, so wie
dies bei der Parzelle an der
Emmentalstrasse 1 in Konolfingen der Fall ist.

Der Kataster der belasteten Standorte des Kantons Bern stellt alle mit Abfällen belasteten Flächen in einer Karte dar. Der Kataster wird laufend den neusten Erkenntnissen angepasst.

02.04.2020 :: Silvia Wullschläger (sws)