Verlegt Swiss Bankers den Hauptsitz, fehlt rund ein Steuerzehntel

Verlegt Swiss Bankers den Hauptsitz, fehlt rund ein Steuerzehntel
Grosshöchstetten: Die Gemeinde rechnet mit deutlich sinkenden Steuereinnahmen von juristischen Personen, hauptsächlich wegen Swiss Bankers, die sich einen Wegzug überlegt.

An der Gemeindeversammlung von letzter Woche standen die Finanzen im Zentrum. «Gerne hätten wir ein ausgeglichenes Budget 2020 präsentiert, leider ist das nicht gelungen», sagte Gemeindepräsidentin Christine Hofer einleitend. Auch der Blick in die weitere Zukunft vermochte sie nicht zuversichtlich zu stimmen, unter anderem auch «weil wir damit rechnen müssen, dass Swiss Bankers die Gemeinde mittelfristig verlassen wird». Dies mache durchschnittlich einen Steuerzehntel oder rund eine halbe Million Franken aus, wie die Gemeindepräsidentin auf Anfrage ausführt. Weil es aufgrund einer Filialeröffnung in Zürich zu einer Steuerteilung komme, rechneten sie bereits für 2020 mit einem Rückgang der Steuererträge bei den juristischen Personen. «Wie viel das definitiv ausmacht, steht noch nicht fest.»

Auf Anfrage nannte das Unternehmen keinen konkreten Umzugstermin (siehe Kasten). Auch die Gemeinde habe da keine näheren Angaben, betont Christine Hofer. Um gewappnet zu sein, hätten sie den Worst-Case, den vollständigen Steuerausfall, ab 2022 berücksichtigt.



Steuern und Abschreibungen

Finanzvorsteherin Annamarie Dick kam bei der Präsentation des Budgets 2020 ebenfalls auf «die grösste juristische Steuerzahlerin der Gemeinde» zu sprechen. Aufgrund der Steuerteilung mit Zürich sei beim Posten Gewinn-, Kapital- und Holdingsteuern ein tieferer Betrag eingesetzt worden: 532’000 Franken für alle juristischen Personen. Im Budget 2019 waren es 676’000 Franken. «Die prognostizierte Zunahme bei den Einkommens- und Vermögenssteuern kann das Minus bei den juristischen Personen nicht kompensieren», führte Annamarie Dick aus. Sie nannte weitere Gründe für das Defizit von 380’000 Franken im Allgemeinen Haushalt (Aufwand 13,7 Millionen Franken). «Die Abschreibungen belasten das Budget stärker. Sie steigen gegenüber dem Budget 2019 um 176’000 auf 646’000 Franken.» Dabei würden vor allem der Neubau des Freibades (130’000 Franken) und die neue Informatikinfrastruktur der Schule ins Gewicht fallen.



Drei Steuerzehntel bis 2025

Der budgetierte Aufwandüberschuss könne durch das Eigenkapital gedeckt werden, erklärte die Finanzvorsteherin. Dieses werde aber bis Ende nächsten Jahres nur noch 4,5 Steuerzehntel betragen. «Das ist zwar vertretbar, weiter darf es jedoch nicht sinken.» Doch genau das sei der Fall, wenn alle Investitionen getätigt würden (vorab die Dreifachturnhalle für 9,7 Millionen Franken), Swiss Bankers wegziehe und die Steueranlage bei 1,52 bleibe. «Der Finanzplan zeigt auf, dass das Defizit im 2024 auf fast 900’000 Franken steigen würde und im 2025 drei Steuerzehntel oder 1,5 Millionen Franken fehlen würden.» Die Finanzvorsteherin, die nach zehn Jahren von ihrem Amt zurücktritt, rief die 99 anwesenden Stimmberechtigten dazu auf, künftig genau hinzuschauen, was nötig und was wünschbar sei. Und man komme wohl nicht um weitere Steuererhöhungen herum, stellte sie in Aussicht. Auf dieses Jahr hin kam es bereits zu einer Erhöhung um einen Zehntel.

Vorerst aber war den Anwesenden noch nach Geld ausgeben zumute. So genehmigten sie einen Kredit von 270’000 Franken für Anschaffungen, Ausbau und Erneuerungen im Bereich ICT der Schule. Ebenfalls das Budget wurde einstimmig genehmigt.

«Ein Wegzug hängt von vielen Faktoren ab»
Auf Anfrage bestätigt Swiss Bankers, dass «seit längerem Überlegungen betreffend einer Verlegung des Hauptsitzes in Grosshöchstetten» bestehen würden. Als Begründung schreibt das Unternehmen, der Zahlungsverkehr sehe sich seit einigen Jahren grossen Veränderungen ausgesetzt, was auch in den nächsten Jahren so bleiben dürfte. «Der Bedarf an Experten und internationalen Partnerschaften für diese Bereiche steigt ständig.» Auf wann ein Wegzug erfolgen würde, stehe nicht fest, dies hänge von vielen Faktoren ab. «Mitunter befindet sich unser bestehendes Grundstück in Grosshöchstetten in einer Zone mit Planungspflicht, was einen längeren Planungsprozess mit sich zieht.» Damit ist nicht die Liegenschaft an der Kramgasse 4 gemeint, sondern die Bühlmatte vis-à-vis. Dieses Bauland gehört zu einem grossen Teil dem Unternehmen. Swiss Bankers hat den Hauptsitz seit 1994 in Grosshöchstetten. Im April 2018 wurde in Zürich ein Büro eröffnet für die Bereiche Marketing, Produktmanagement und Vertrieb. Beschäftigt werden zwischen 90 und 110 Mitarbeitende, zwölf davon in Zürich. Swiss Bankers ist in der Entwicklung und dem Vertrieb von Prepaid-Kreditkarten tätig und bietet Lösungen im bargeldlosen Zahlungsverkehr an. Das Unternehmen wurde 1975 gegründet und war zunächst durch die Travelers Cheques bekannt (heute Travel Cash Karte).
12.12.2019 :: Silvia Wullschläger (sws)