Zollbrück: Hanf-Zigaretten, die nicht berauschen, boomen. Eine Firma aus Zollbrück springt auf den Trend auf und bietet ab Ende Jahr Cannabis aus dem Emmental an.
Noch ist nicht viel zu sehen in den künftigen Aufzuchträumen für Hanfpflanzen. In den ehemaligen Lagerräumen der Firma Mäder in Zollbrück haben sich Andreas Flükiger und Thomas Eggimann eingemietet und wollen künftig Indoor-Cannabis für Zigaretten anbauen. «Selbstverständlich handelt es sich hier um Hanfpflanzen mit einem THC-Gehalt von weniger als einem Prozent, somit haben diese keinen berauschenden Effekt. Diese dürfen wir legal anbauen und auch ernten», erklärt Andreas Flükiger den Sachverhalt. Die Setzlinge seien auf ihren niedrigen THC-Gehalt vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) geprüft worden. Dagegen wiesen die Pflanzen einen hohen Wert an Cannabidiol (CBD) auf, welchem man eine beruhigende und entspannende Wirkung nachsage. Die Hanfpflanze und ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten interessierten ihn, sagt Flükiger. «Ich durfte selber die schmerzlindernde Wirkung des Wirkstoffes CBD nach zweifacher Rückenoperation erfahren. Dieser hat mir besser geholfen als die Schmerzmedikamente», beschreibt er ein persönliche Erlebnis.
Sich rechtlich absichern
Die beiden Firmengründer der CBD Emmental GmbH haben sich beim BAG über die rechtliche Lage informiert (siehe Katen). «Für uns ist es wichtig, dass wir uns in einem legalen Rahmen bewegen. Wir wollen transparent arbeiten und haben nichts zu verstecken.» Bei dem geplanten Eröffungsapéro werde somit nicht nur die Bevölkerung eingeladen, sich ein Bild von CBD Emmental zu machen, sondern auch die Behörden. In einem ersten Schritt werden vorerst nur zwei Räume des Gebäudes umgebaut und genutzt. In den ehemaligen Kühlräumen wollen die beiden Jungunternehmer Mutterpflanzen aufziehen und von diesen dann weitere Setzlinge gewinnen. «Den getrockneten Hanf können wir dann an Tabakläden, Kioske und über unseren Online-Shop verkaufen. Wir möchten ein qualitativ hochstehendes Produkt, hergestellt im Emmental, anbieten», erklärt der Inhaber des Maler- und Gipsergeschäfts Flüha GmbH.
Gute Wachstumsbedingungen
Um der Pflanze optimale Bedingungen bieten zu können, müssen Andreas Flükiger und Thomas Eggimann einiges investieren: Es braucht eine gute Lüftung, die Lichtverhältnisse müssen stimmen und auch die Luftfeuchtigkeit. Für den Umbau beider Räume rechnen Andreas Flükiger und Thomas Eggimann mit rund 20’000 Franken. «Zu einem späteren Zeitpunkt könnten weitere Produkte wie zum Beispiel ein Hanföl für eine medizinische Nutzung dazukommen. Dafür müssen wir allerdings die nötigen Bewilligungen erhalten und die Produktionsräume entsprechend der Lebensmittelverodnung ausbauen.» Zurzeit seien sie noch auf der Suche nach einem Mitinvestor.
Ein zweites Standbein
Dass der Anbau von Hanf auch ungebetene Gäste anlocken könnte, selbst wenn es nicht als Droge taugt, sind sich die beiden Geschäftsinhaber bewusst. «Wir sichern das Gebäude mit Kameras und Alarmanlagen — und einer guten Versicherung», sagt Andreas Flükiger. Läuft alles nach Plan, sollten die ersten Mutterpflanzen ab Mitte Oktober geliefert werden und gegen Ende Jahr würde das erste Mal geerntet. Mit dem Verkauf von legalem Cannabis wollen sich die beiden Geschäftsgründer ein zweites Standbein aufbauen. «Wir müssen beide nicht davon leben. Somit haben wir keinen wirtschaftlichen Druck und können auf Qualität statt Quantität setzen.»
Eine Suchtgefährdung geht eher vom Tabak aus
Den Boom mit den CBD-Hanf-Zigaretten bemerkt man auch beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). «Bis jetzt haben sich über hundert Produzenten von CBD-Hanfprodukten bei uns gemeldet», sagt Daniel Dauwalder vom BAG auf Anfrage. Diese hätten sich über die rechtliche Situation informieren wollen. Daran habe sich nichts geändert: Bis zu einem Gehalt von einem Prozent THC darf Hanf als Tabakersatz legal verkauft werden. «Offenbar entsprechen diese Produkte einem Konsumentenbedürfnis.» Betreffend des Wirkstoffes CBD existierten keine Grenzwerte in der Betäubungsmittelverordnung. Diese Substanz dürfe demnach in Tabakersatzprodukten auch enthalten sein, informiert Daniel Dauwalder.
Überprüfung im Labor
Bleibt die Frage offen: Wie werden nun die Hanfpflanzen auf ihren THC-Gehalt kontrolliert? «Wir überprüfen die Rezeptur und die eingereichten Labornachweise. Die Kantone und der Zoll überprüfen die verkauften Produkte stichprobeweise, gestützt auf das Lebensmittelgesetz; die Polizei gestützt auf das Betäubungsmittelgesetz.» Dass zurzeit in den Medien über die CBD-Produkte berichtet werde, löse oft eine Verunsicherung aus, stellt man bei Contact, Stiftung für Suchthilfe, fest. «Vor allem in der breiten Öffentlichkeit ist der Bedarf an Informationen gross. Bei Klienten, die unsere Angebote nutzen, tauchen kaum Fragen zu dieser Sorte Hanf mit wenig THC-Gehalt auf. Wir informieren jeweils, dass nach dem Konsum von CBD keine Rauschzustände entstehen», sagt Christina Beglinger von der Stifung Contact. Eine Suchtgefahr macht sie nicht beim CBD aus, sondern eher beim Tabak, mit dem der Hanf gemischt wird. «Die meisten, die diese Produkte konsumieren, sind bereits Tabak-Raucher. Da die Hanf-Zigaretten doch recht teuer sind, ist die Hürde, damit einzusteigen, für einen Nichtraucher relativ hoch.» Unter Umständen könne der Konsum von CBD-Zigaretten im Sinne der Schadensminderung helfen, das Kiffen zu reduzieren. «Das Geschmackserlebnis ist gleich, was dazu beitragen kann, die Dosierung des THCs laufend zu senken», sagt Christina Beglinger.