Vom Whirlpool in den 1000er-Klub

SCL Tigers: Sven Lindemann steht vor einem besonderen
Jubiläum. Als erst neunter
Spieler der Schweizer Eishockey-
geschichte wird er – voraussichtlich am Sonntag – sein
1000. NLA-Spiele absolvieren.
Sven Lindemann und Martin Plüss sitzen im Whirlpool, halten einen Hockeystock in der Hand und lachen in die Kamera. Erstgenannter tut dies mit wasserstoffblond gefärbten Haaren. Der Formel-1-Fan hat den falschen Weltmeister getippt und muss so für die verlorene Wette büssen. Das Bild ist beinahe 20-jährig und stammt aus dem «Blick», der im November 1997 eine Story über Klotens Jungstars machte. Mittlerweile ist Martin Plüss 39 Jahre alt, fünffacher Schweizer Meister und spielt beim SC Bern noch immer NLA-Eishockey. Das tut auch der um ein Jahr jüngere Sven Lindemann noch. Dieser wurde zwar nie Schweizer Meister, steht aber vor einem anderen, ganz besonderen, Meilenstein: Am kommenden Sonntag, sofern es nach Plan läuft, bestreitet der Stürmer der SCL Tigers gegen seinen Ex-Verein Kloten sein 1000. Spiel in der NLA. Etwas, das vor Lindemann erst acht Spieler geschafft haben (siehe Liste am Textende). «Es ist schön, bald diesem 1000er-Klub anzugehören. Am Anfang meiner Karriere hätte ich nie gedacht, diese Marke jemals zu erreichen», sagt der Jubilar. Bescheiden wie er ist, fügt er aber sogleich an: «So wahnsinnig speziell ist dieses Jubiläum jetzt aber auch nicht für mich.»
Erloschene Erinnerungen
Dem Aroser bedeuten Zahlen aus seiner Karriere nicht allzu viel. An seinen ersten Match in der NLA jedenfalls erinnert er sich nicht mehr. Dieser fand am 20. September 1997 statt, Kloten verlor in Herisau mit 3:4. Wie lange das schon her ist, untermauern folgende Hockey-Ereignisse, welche am gleichen Tag stattgefunden haben: Der ZSC trat erstmals mit dem Beinamen «Lions» auf und wurde bei der 2:8-Niederlage in Freiburg von den Superstars Bykow und Chomutow in Einzelteile zerlegt. Ein gewisser Kanadier namens Todd Elik bestritt mit Lugano erstmals eine Partie auf Schweizer Eis. Und der 17-jährige Marc Reichert schoss in seinem ebenfalls ersten NLA-Match sogleich das Siegestor für den SC Bern gegen Davos. Und der erste NLA-Treffer von Lindemann? Wieder muss er kapitulieren: «Auch daran erinnere ich mich leider nicht mehr, ich habe keine Ahnung.» Nun, er gelang ihm am 3. Februar 1998 bei Klotens 2:5-Niederlage gegen Zug. Lindemann erzielte kurz vor Schluss den letzten Treffer der Partie. Die Vorlage kam übrigens vom späteren Tigers-Verteidiger Sämi Balmer, der noch heute in Langnau wohnhaft ist.
13 Jahre verbrachte Lindemann in der Flughafenstadt. Der Routinier erinnert sich: «In der langen Zeit in Kloten sind viele Freundschaften entstanden. Mit Spielern wie Frédéric Rothen oder Kimmo Rintanen stehe ich heute noch in Kontakt.» Auch den besten Trainer seiner Laufbahn erlebte er da. «Wladimir Jursinow war als Trainer und Ausbildner unglaublich. Ich habe während den sieben Jahren unter ihm sehr viel gelernt.» Ebenfalls am Schluefweg entstand sein Spitzname «Gigi», in Anlehnung an den berühmtesten Skilehrer der Schweiz, den «Gigi vo Arosa», der einst von Ines Torelli und dem «Trio Eugster» besungen wurde. Marco Bayer, ab nächster Saison Assistenztrainer bei den Tigers, war an dieser Namensgebung beteiligt. Lindemann erinnert sich mit einem Schmunzeln: «Marco kam aus Chur und hat in der Garderobe immer das Lied über Gigi gesungen. Weil ich aus Arosa komme, nannten mich die anderen deshalb Gigi.» Der Spitzname ist bis heute geblieben, die Passion fürs Eishockey ebenso. Diese wurde ihm vom Vater mit in die Wiege gelegt. Guido Lindemann wurde in den 80er Jahren mit dem EHC Arosa zweimal Schweizer Meister und ebenso oft NLA-Topskorer. Er gilt selbst im Unterland als Eishockeylegende. Lindemann senior und Lindemann junior spielten mit Arosa einst gar drei Jahre lang gemeinsam in der 1. Liga, ehe der Sohn in Kloten seine NLA-Laufbahn startete.
NLA-Karriere bald vobei?
2014, nach vier Jahren beim EV Zug, wechselte Sven Lindemann, der 1997 mit der U20-Nationalmannschaft an der Junioren-WM Bronze gewann, zu den SCL Tigers. Und plötzlich spielte er nicht mehr in der NLA, sondern erstmals überhaupt in seiner Karriere in der NLB. Doch das sollte sich bereits nach einer Saison wieder ändern, die Tigers stiegen im Frühling 2015 wieder in die NLA auf. «Das war der Wahnsinn. Wir waren eine Super-Truppe mit einem riesigen Zusammenhalt. Dazu die Fans, die in Langnau ebenfalls der Wahnsinn sind», sagt Lindemann. Am Ende der laufenden Saison wird das Kapitel SCL Tigers für ihn zu Ende sein. Er wechselt für ein Jahr in die NLB zu den Rapperswil-Jona Lakers. Ist die NLA-Karriere damit in ein paar Wochen, kurz nach dem 1000. Match endgültig vorbei? «Ich will jetzt mit Langnau die Saison möglichst gut zu Ende spielen, dann freue ich mich auf die Herausforderung in Rapperswil. Was in einem Jahr kommt, interessiert mich im Moment nicht.»
Seine Eltern führen in Arosa ein Hotel. Vielleicht könnte er dort einsteigen? «Das könnte irgendwann eine Option werden. So lange ich aber noch kleine Kinder habe, bleiben wir in Zug wohnen.» Und der fehlende Meistertitel? ärgert ihn das nicht? Zumal neben dem Vater auch Bruder Kim (34-jährig, aktuell bei Visp in der NLB) dieses Erfolgserlebnis feiern durfte (2008 mit den ZSC Lions)? «überhaupt nicht. Klar wäre es schön gewesen, einmal Meister zu werden. Aber es belastet mich nicht, dass es
bis heute nicht geklappt hat.» Jede andere Antwort würde auch erstaunen. Denn die Zeiten, als sich Sven Lindemann, der kommende «Tausendsassa», mit gefärbten Haaren im Whirlpool hat ablichten lassen, sind längst vorbei. Er überlässt das Rampenlicht noch so gerne anderen. Am kommenden Sonntag wird ihm das kaum gelingen.
Die neun Spieler mit mehr als 1000 NLA-Spielen: 1. Mathias Seger, 21 Saisons, 1112 Spiele
2. Ronnie Rüeger, 23 Saisons, 1077 Spiele
3. Ivo Rüthemann, 20 Saisons, 1072 Spiele
4. Gil Montandon, 27 Saisons, 1069 Spiele
5. Ryan Gardner, 20 Saisons, 1059 Spiele
6. Martin Steinegger, 22 Saisons, 1023 Spiele
7. Marc Reichert, 21 Saisons, 1013 Spiele
8. Reto von Arx, 21 Saisons, 1004 Spiele
9. Sven Lindemann, 19 Saisons, 998 Spiele; nach dem Spiel am Sonntag, 5. Februar in Langnau gegen Kloten 1000 NLA-Partien. Stand: 29. Januar 2017
Rob Schremp verlässt die Tigers per sofort
Die SCL Tigers und Rob Schremp trennen sich per sofort. Dies trotz laufendem Vertrag bis Ende dieser Saison. Der 29-jährige Amerikaner kam auf diese Saison hin zu den SCL Tigers und erzielte in bisher 33 Spielen 10 Tore und spielte 17 Mal den entscheidenden Pass. Nach der Verpflichtung von Maxime Macenauer vom SCB Anfang Januar war Rob Schremp in letzter Zeit mehrheitlich überzählig und kam bei den Emmentalern kaum mehr zum Einsatz.
02.02.2017 :: Christoph Schär (css)