«Wüthrich Hügu»: Der Laden mit den 838 Schubladen hat neue Inhaber

«Wüthrich Hügu»: Der Laden mit den 838 Schubladen hat neue Inhaber
Langnau: «Wüthrich Eisenwaren» lebt auch nach fast 150 Jahren weiter. Angestellte haben das Geschäft von der Besitzerfamilie übernommen. Sie wollen es im gleichen Stil weiterführen.

«Wüthrich und Co, Eisenwaren, Werkzeuge und Haushaltartikel», lautete bislang die Anschrift des Geschäfts an der Marktstrasse 2 in Langnau. Neu ist es die Wüthrich Eisenwaren GmbH, und die Besitzer sind nicht mehr dieselben. Die neuen Inhaber sind die bisherige Geschäftsführerin Daniela Kläy und René Habegger, der bereits die Lehre dort absolviert hat und bisher als Detailhandelsfachmann und Stellvertreter der Geschäftsführerin arbeitete.
«Das traditionsreiche Geschäft ist Kult. Es wäre schade, wenn der nostalgisch anmutende Laden mit seinen 838 Schubladen hinter den Theken aus Langnau verschwinden würde», sagt der 26-jährige René Habegger. Schade wäre es aber nicht nur um die alte Ladeneinrichtung. «Die Kunden würden das Geschäft vor allem wegen unseres Angebots und unserer Dienstleistung vermissen», so Habegger. Bezüglich Eisenwaren und Beschlägen führten sie Artikel im Sortiment, welche die Kunden beim Grossverteiler vergebens suchen würden. Ein Plus sei auch das grosse Fachwissen und die Erfahrung des achtköpfigen Teams, sei es bei den Eisenwaren oder bei den Haushaltartikeln. Er sei, mit zehn Jahren Berufserfahrung, der Dienstjüngste im Betrieb.

Zahlen stimmen zuversichtlich

Schon seit längerer Zeit hätten sich bei ihnen Kunden besorgt geäussert über die Zukunft des Geschäfts – dies aufgrund des fortgeschrittenen Alters der bisherigen Besitzer. Nicht allein die Stimmen der Kunden, auch die Umsatzentwicklung in den letzten Jahren hätten sie ermutigt, das Geschäft zu übernehmen, sagen Daniela Kläy und René Habegger. Die beiden wollen den Betrieb so weiterführen wie bisher. Den Laden wollen sie nicht umbauen, obwohl sie dort längst nicht alle ­Artikel zeigen können. «Er würde zu viel von seinem Charme verlieren», sagt Daniela Kläy. Dass sie die Ware in drei Aussenkellern gelagert hätten, sei zwar für das Personal aufwändig, räumet sie ein. «Die Kunden dürfen uns jeweils in die Lagerräume begleiten, so sehen sie, was wir anzubieten haben», ergänzt René Habegger.
Macht ihnen die zunehmende Konkurrenz der Grossverteiler nicht arg zu schaffen? «Sicher müssen wir uns grosse Mühe geben und die Kunden zu ihrer vollen Zufriedenheit bedienen, um bestehen zu können», ist sich René Habegger bewusst. Auch eine sorgfältige Sortimentsgestaltung sei wichtig. Eine grössere Konkurrenz als die Grossverteiler sei die Firma Fischer gewesen, welche aber seit einiger Zeit in Langnau kein Eisenwarengeschäft mehr führe.

«Wüthrich Hügu» – ein Begriff

übernommen haben Daniela Kläy und René Habegger das Geschäft – nicht aber die Liegenschaft – von Urs und Peter Wüthrich. Diese mussten kurz nach ihrer Rekrutenschule ins elterliche Geschäft einsteigen, weil ihr Vater Hugo Wüthrich 1947 an einem Schlaganfall starb. Der Name des Eisenwarenhändlers Hugo Wüth­rich steht immer noch über der Türe an der Hausfassade, und er prägte sich auch bei der Bevölkerung ein. «Für viele Kunden sind wir immer noch der ‹Wüthrich Hügu›», sagt Daniela Kläy, die bereits seit bald 20 Jahren im Geschäft arbeitet. Die Geschäftsführung übernahm sie vor drei Jahren, als ihre Vorgängerin Leni Aegerter in Pension ging. 
14.04.2016 :: Jakob Hofstetter (jhk)