Mit Käsegeld Geigen bauen
Walter Stauffer: Walter Stauffer steckte sein ganzes Vermögen in eine Stiftung. Mit dem Geld wollte er dem Geigen-Mekka Cremona wieder zu alter Blüte verhelfen, was ihm auch gelang.
Walter Stauffer erfreute sich bis zu seinem Tod einer ausgezeichneten Gesundheit. Er reiste bis ins hohe Alter und besuchte Geschäftskunden in aller Welt. Mit Weitsicht schaute er über den eigenen Tod hinaus und regelte, was mit seinem Vermögen passieren sollte. Er gründete eine Stiftung, in die er sein ganzes Vermögen steckte. Mit dem Geld, das er mit dem Käse erwirtschaftete, wollte er seiner Heimatstadt Cremona etwas von ihrem früheren Ruhm zurückgeben.
Mekka des Geigenbaus
Der Geigenbau hatte Cremona berühmt gemacht. Hier wohnte Antonio Stradivari. Auch die Väter und Söhne Amati und Guarneri kamen von hier. Sie alle bauten vor rund dreihundert Jahren Instrumente, die bis heute heiss begehrt sind und als die besten der Welt gelten. Ein Mythos umgibt die Instrumente. Unerreicht ist die Schönheit und Harmonie ihres Baus, unerreicht der Klang, die Ausgeglichenheit der tiefen und hohen Saiten, die Tragweite des Tons. Immer wieder versuchte man, dem Wunder der Instrumente auf die Spur zu kommen, doch das Geheimnis konnte nie ganz entschlüsselt werden.
Walter Stauffer war sich lange nicht bewusst, welche wichtige Rolle seine Stadt in der Geschichte der Musik spielte. Erst im Ausland wurde er aufmerksam, weil ihn Geschäftskunden darauf ansprachen. Er wunderte sich, wie wenig Cremona aus seinem Weltruf machte. Es gab zwar seit dem Faschismus wieder eine Geigenbauschule, die fristete jedoch ein unbedeutendes Dasein. Mit seinem Geld wollte er eine Renaissance herbeiführen.
Förderung des Geigenbaus
1969 kaufte Walter Stauffer einen alten Palast mitten im Zentrum von Cremona. Den prächtigen Renaissance-Bau liess er aufwendig und mit viel Sorgfalt renovieren. In einem Teil des Palazzos ist nun die Geigenbauschule untergebracht. Die Schule geniesst heute wieder internationalen Ruf. Aus der ganzen Welt kommen junge Leute nach Cremona, um die Technik des Geigenbaus zu erlernen. Für Studenten aus der Schweiz besteht die Möglichkeit, von der Stiftung Walter Stauffer ein Stipendium zu erhalten. Bernerinnen und Berner geniessen dabei ein Vorzugsrecht. Einige junge Geigenbauer bleiben nach dem Studium in der Stadt. Über hundert Ateliers beherbergt Cremona mittlerweile. Jedes Jahr im Oktober findet eine internationale Geigenbau-Messe mit Konzerten, Ausstellungen und Wettbewerben statt. Auch diese Aktivitäten werden zum Teil unterstützt.
In der «Sala dei violini» sind einige alte Instrumente aus Cremona ausgestellt. Zwei davon hatte die Stiftung gekauft. Eine Geige von Guarneri del Gesù, gebaut um 1734, und eine Bratsche aus dem Jahr 1614, gebaut von Antonio und Gerolamo Amati. Die beiden berühmten Instrumente, die Geige wurde von Pinchas Zukerman gespielt, die Bratsche vom Solobratschisten des BBC-Orchesters, tragen die Bezeichnung «Lo Stauffer» beziehungsweise «La Stauffer».
Fest für alte Musik
Neben der Förderung des Geigenbaus ermöglichte Stauffer den Aufbau einer musikwissenschaftlichen Abteilung für alte Musik, die ihren Sitz ebenfalls im Palazzo Raimondi einnahm. Claudio Monteverdi, der die Mehrstimmigkeit in Venedig erfand, wurde in Cremona geboren. Seine Werke und diejenige seiner Zeitgenossen sollten erforscht werden. Mit dem Geld von Walter Stauffer stattete man die Bibliothek mit wertvollen Büchern und Noten aus. Jeden Frühling findet ein Festival für alte Musik statt, das zum Teil von der Stiftung gesponsert wird.
Ein anderes wichtiges Projekt, das die Stiftung ins Leben rief, ist die «Akademie Walter Stauffer». Vier bekannte Lehrkräfte aus Italien, ein Geiger, ein Bratschist, ein Cellist und ein Bassist, geben Meisterkurse. Sie reisen während des Semesters jeden Monat für drei Tage nach Cremona und unterrichten Kammermusik und Solospiel. Für die Studenten, die an der Akademie Stauffer zugelassen werden, ist der Unterricht gratis. Einzige Bedingung: Sie müssen nach Cremona kommen.
Für seine Grosszügigkeit wurde Walter Stauffer vom italienischen Staat mit zwei Medaillen geehrt. Eine Strass
02.08.2007 :: Bettina Haldemann-Bürgi (bhl)