I folor You!

Ich folge dir auf Instagram oder eben auch auf Ifolor! Jemandem followen heisst ja auf gut Deutsch übersetzt: Jemandem «hinternache seckle». Idole zu haben, die wir anstreben. Per se finde ich das jetzt gar nicht einmal eine so schlechte Sache. Doch in meinem Fall, als freigeistige Mutter, die sich sehr schlecht selbst disziplinieren kann, wurde das Muttersein unter der schweizerischen Strukturiertheit fast zum Überlebenskampf. Nicht etwa, weil es mir jemand befohlen hätte. Nein, einfach, weil ich anderen gefollowt bin, anstelle von mir selber. Hier zu einem greifbaren Beispiel: Meine Tochter wird drei. Ich habe noch kein Fotoalbum gemacht! Bumm! Ich habe es bis jetzt grad so «häbchläb» geschafft, ein Geburts­dankeskärtchen zu schreiben. Und ich habe nur ein Kind. Anderen, denen ich voller Bewunderung «followe», haben drei Kinder und jedes hat ein fotobedrucktes Fläschchen von Ifolor, für jedes Jahr ein Fotoalbum von Ifolor, plus bekommen wir von denen auch noch perfekte Fotogrusskarten von Ifolor. Bei ihnen zu Hause befinden sich in wunderschönen Bilderrahmen die schönsten Fotos von Ifolor von der ganzen Familie aufgehängt. Meist schon fast, während das frischgebackene Mami noch im Wochenbett ist. Entweder macht dort der Papa diese tollen Dinge auf diesem Fotoprogramm oder die Mama zwischen oder während Stillen und Wickeln. Ich bin komplett beeindruckt und ja, es löst Stresshormone aus. Ich komme da in eine wacklige Gefühlslage zwischen Neid und Widerstand. Der Neid beruht ganz bestimmt auf der Ordnung und Strukturiertheit, die diese Familien auf mich ausstrahlen. Wenn ich da an mein Chaos auf Handy und Computer denke – huch, da wird es mir ganz schwindelig. I folor You! Doch dann kommt da ein wildes

Retro-Pferd aus meinem Innersten, welches laut wiehert und bei jedem Mauseklick, denn ich auf Ifolor tätigen will, mit allen Vieren ausschlägt. Ich will gar nicht Ifolor, sagt dann die Pippi Langstrumpf in mir. Ich will mit Neocolor und bunten Farbstiften ein Fotoalbum bekritzeln und bemalen, ich möchte mit den mühsamen Fotoklebern jedes einzelne Foto in der Hand nochmals anschauen, es anfassen, an jede Ecke so ein Kleber machen. Dann liebevolle Sprüche von Hand neben die Fotos kritzeln und mich ganz lange und intensiv und vor allem mit allen Sinnen damit beschäftigen. Leute, ich versuche euch ja zu folgen! Aber ich benötige Zeit, viel Zeit und Fotokleber!

16.05.2024 :: Fabienne Diessel-Krähenbühl