Pakt mit dem «Tüfu»

Dass der Teufel mal mit mir am Tisch sitzen wird, hätte ich bis vor Kurzem auch nicht gedacht. Er hält ironische Reden, verhöhnt mich und vor allem zwingt er mich, Berndeutsch zu reden. Denn mein Mann spielt dieses Jahr auf der Moosegg in der Komödie «Beindlichrämer» diese satanische Rolle. Ich habe dabei die Aufgabe, beim Text lernen die Stichworte zu
geben. Die Mundartfassung von Bully Herbigs Version des Brandner Kaspar, die Joseph Vilsmaier 2008 verfilmt hat, lässt mich Sätze aussprechen, die so nicht geplant waren. Auch nach 16 Jahren in der Schweiz habe ich nie Wert darauf gelegt, mir das Berndeutsche zu eigen zu machen. Meine Landsleute hier, die irgend so ein Gemisch aus mitgebrachtem Dialekt und einer eigenartigen Vorstellung von Schwyzerdütsch zusammenfaseln, sind mir ein Gräuel. Besonders gruselig finde ich die sächsische Variante, aber auch alleine eine Grüezi, das bei Deutschen wie Krützi klingt, oder ein Äksküsii reichen schon, damit ich das Gesicht verziehe. Insgeheim traue ich mich gar nicht, Emmentaler Mundart zu reden, einfach, weil mein Schnabel anders gewachsen ist und ich weiss, dass es doof klingt.

Zurzeit sitzen wir also regelmässig am Tisch und ich habe die Aufgabe, Dinge zu sagen wie «Du hasch mi aagloge», «Uf au Fäu» oder «Was wosch mache?». Komischerweise drückt sich dabei mein Schwäbisch aufdringlich nach vorne, das in meinem Kopf abgespeichert ist. Der Tüfu, also mein Mann, grinst dann diabolisch. Den Migrantinnen und Migranten betet ja jeder vor, dass sie die Sprache lernen müssen, um sich zu integrieren. Warum also nicht auch die Deutschen hierzulande. Jedenfalls ist durch diese Theaterproben meine Sprachbarriere ein Stückchen tiefer gerutscht. Neulich habe ich meine neuen Sätze an meiner einheimischen Freundin ausprobiert. Ich war etwas beleidigt, als sie fast Tränen lachte. Schmollend fragte ich sie, was so komisch ist. «Das klingt so niedlich», lachte sie nur. Okay, dann bin ich also niedlich. Auch meine Tochter kicherte: «Da hast du uns jahrelang korrigiert, als wir klein waren, und nun sprichst du so.» Ich erwiderte nur: «Auch Mütter entwickeln sich weiter.»

Letzte Woche sassen wir wieder zum Proben am Tisch, als ich immer wieder schnuppern musste. «Irgendwas verbrennt hier», sagte ich und schon sprang der Teufel auf und rannte in den Laden. Dort brutzelten bis zur Unkenntlichkeit verkohlt Orangenschalen in Zuckerwasser. Jetzt riecht es bei uns ziemlich brenzlig – wie in der Hölle. Was wosch mache?

08.05.2024 :: Christina Burghagen (cbs)