In Zeiten, in denen das Weltwissen über das Smartphone erreichbar ist, stellt sich die Frage, wie wir diese Informationen verarbeiten. / Bild: Pixabay
Walkringen: Im Rüttihubelbad wurde über Bildung diskutiert, über die Bedeutung von Lernen und den Auftrag der Schule in Zeiten von Social Media und Künstlicher Intelligenz.
Mit der Frage «Darf Bildung Spass machen?» zeigte sich bereits zu Beginn der Diskussion im Rüttihubelbad, dass durchaus Gesprächspotenzial vorhanden war. Während Doris Ittner, Bereichsleiterin Bildung und Beratung an der Pädagogischen Hochschule Bern, unterstrich, dass Lernen mit Freude verbunden durchaus zu mehr Lernerfolg führe, lehnte Roland Reichenbach, Bildungsphilosoph und Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft, diese Vorstellung ab. Lernen mache häufig keine Freude. «Bildung und Spass sind zwei unterschiedliche Dinge», erläuterte er seine Aussage. Er beschrieb Bildung als Selbst-Bildung, als die Fähigkeit, sich mit aktuellen Herausforderungen auseinandersetzen zu können. Ganz allgemein einen Sinn im Leben zu sehen. Und obwohl die Schule stark kritisiert werde, leiste sie unglaublich viel.
Wissen oder meinen?
Moderator Christian Grass erkundigte sich über den Wandel des Lernens und die Reformen in der Bildungslandschaft. Ittner beschrieb: «Früher hatte die Lehrperson das Monopol über das Wissen. Heute ist das ganze Weltwissen über das Smartphone jederzeit erreichbar.» Und trotzdem sei es umso wichtiger, dass die Lehrperson Hilfen anbiete, diese ungefilterten Informationen zu verarbeiten. Dass sie einen «Qualitäts-Check» vermittle. Reichenbach unterstützte diese Aussagen und betonte, dass trotz mehr Informationen nicht automatisch mehr Bildung vorhanden sei. Und eigentlich habe sich nicht alles verändert: «Die Menschen müssen sich immer noch Sachen aneignen.» Zum Beispiel Kulturkompetenzen wie Lesen und Schreiben. Oder Tugenden und Haltungen, die für eine demokratische Gesellschaft immens wichtig seien. Deshalb plädierte Reichenbach dafür, die Methoden in der Schule nicht dauernd zu verändern. Im Moment herrsche eine «pädagogische Panik». Eine Verunsicherung, wo wir hinwollten. Wir müssten aber klar
bestimmen, was wir von der nächsten Generation wollten, und ihr nicht immer die Wahl lassen.
Mehr Anerkennung für Lehrpersonen
Reichenbach und Ittner sprachen auch die wichtige Rolle der Lehrpersonen an. Gerade Eltern könnten auch schwierige Partner im Bildungsprozess der Schule sein. Viele Lehrkräfte wechselten deshalb in andere Berufe. Die gesellschaftliche Anerkennung müsse unbedingt gestärkt werden. Reichenbach meinte dazu: «Länder wie Südkorea kennen beispielsweise einen Lehrertag, an dem Lehrkräfte offiziell gewürdigt werden.» Weniger Angst hat der Professor vor den Veränderungen, die mit der Künstlichen Intelligenz auf die Schule einwirken. Es brauche nach wie vor intellektuelle Tugenden, um mit den Neuerungen umgehen zu können. Oder, wie es Ittner formulierte: «Wir müssen uns einfach der Frage stellen: ‹Sind wir Puppenspieler, die das Spiel in die Hand nehmen oder Marionetten, die uns leiten lassen?›»