Gerichtsschreiber Krähenbühl (Roland Megert) ist an Köchin Lisebeth (Susan Schmied) aufgrund einer winkenden Erbschaft durchaus interessiert.
Signau: Die Theatergruppe feiert den 30. Geburtstag. Für die Kinder bot sie ein Kasperlitheater, für die Erwachsenen wird das Volkstheater «Ds Amtsgricht vo Waschliwil» aufgeführt.
Fliegende Hocker, begehrte Schnapsflaschen, verzweifelte Tränen und ein spitzer Schrei: In der Stube des Gerichtspräsidenten Schmutz und im Gerichtssaal von Waschliwil menschelt es gewaltig jenseits der Buchstaben des Gesetzes. Zusammen mit Gerichtsschreiber Gottlieb Krähenbühl, einem Freund von hochprozentigen Kaltgetränken, bestimmt Gerichtspräsident Josias Schmutz seit 25 Jahren, was in Waschliwil Recht und Ordnung ist. Seine Rechtsprechung ist allerdings von seiner Laune, der Mondphase und dem Wetter abhängig. Vor allem, wenn es um Liebesdinge geht. Doch dann verliert er einen goldenen Knopf, was ihn arg in Bedrängnis bringt. Die Theatergruppe Signau bringt zu ihrem 30. Geburtstag ein altbekann-tes Theater auf die Bühne: «Ds Amtsgricht vo Waschliwil». Fritz Mosers 1832 entstandener Dreiakter ist eine muntere Variante von Heinrich von Kleists Komödie «Der zerbrochene Krug». Rudolf Stalder hat das Stück 1971 ins Berndeutsche übersetzt. Die Signauer Theaterleute bringen den kernigen Dialekt zielsicher ans Publikum.
«E Füfliber u d´Chöschte»
Auf der Bühne wird «gerichtet». Gerichtspräsident Schmutz ist nicht so ganz bei der Sache, zu sehr schwelgt er in seinem romantischen Kopfkino über ein mögliches Techtelmechtel mit Jungfer Therese Brödti - nicht nur blutjung und bildschön, sondern auch noch reich. Dumm nur, dass sie in den jungen Hans verliebt ist. Die Lage ist besäufniserregend: Welche Vergehen ihm sein Schreiber auch zur Begutachtung vorlegt, Richter Schmutz urteilt immer gleich: «E Füfliber u d'Chöschte.» Egal, ob es um einen kleinen Diebstahl oder einen versuchten Totschlag geht. Bald wäre er froh, selber auch von diesem Strafmass profitieren zu können. Doch für ihn steht viel mehr auf dem Spiel, nämlich seine Existenz als Gerichtspräsident und angehender Grossrat.
Spielfreude in Pracht-Kostümen
Das Ensemble von Regisseurin Gabi Pauli meistert gekonnt das textintensive Stück, voller Spielfreude. Die grossen Rollen - etwa Rudolf Süssmilch als Gerichtspräsident und Roland Megert als Schreiber Krähenbühl - überzeugen ebenso wie die kleineren. Susan Schmied als Lise-beth brilliert als vettelige und verschmitzte Köchin. Landjäger Binggeli mit Hansruedi Wälti ist als tumber Uniformträger nicht zu überbieten. Anyana Walther in ihrer Doppelrolle als Magd und Zimmermädchen stösst einen Schrei aus, der dem Publikum die Frisur kräuselt. Die Base und Haushälterin des Gerichtspräsidenten Euphrosine Schmutz, verkörpert durch Veronika Rothenbühler, hat ihr Umfeld fest im Griff, während Hans Dummermuth, gespielt von Vinzenz Haldimann, auf seinen Freiersfüssen gerne mal auszurutschen scheint. Cédric Maestri als sein Freund und «Pfarrsetzling» gelingt es, als Jonathan durchs Salatbeet des Lebens zu staksen. Herrlich tragisch legt Fabienne Gläsel als die verwaiste junge Dame Therese Brödti ihre tränenreiche Rolle an. Rolf Mundwiler als Substitut schlüpft staubtrocken-professionell in die Rolle des blutleeren und unterwürfigen Beamten. Prächtige Kostüme und stilechte Frisuren, dem 19. Jahrhundert angemessen, komplettieren die gelungene Inszenierung, die einfach Spass macht.