Das Autogramm von Lia Wälti ist begehrt – auch bei den Schülerinnen und Schülern aus Lauperswil. / Bild: Remo Reist (rrz)
Fussball: Nati-Captain Lia Wälti tauchte nach der Lesung von «Lia am Ball» unerwartet in der Langnauer Regionalbibliothek auf – zur grossen Freude der Zuhörenden.
Die Lesung war zu Ende, das signierte Trikot verlost und die Gäste begaben sich gerade zum Apéro. Dann geschah, worauf einige gehofft hatten. Draussen beim Eingang der Regionalbibliothek Langnau stand Lia Wälti persönlich, die Kapitänin der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft. Die Arsenal-Profispielerin und Hauptdarstellerin des Abends erwies den Fans kurzerhand die Ehre. Nur ihre Schwester Meret wusste vom Spontanbesuch. «Hey, schau, dort ist Lia», schrie plötzlich ein Kind und es wurde von einem Moment auf den anderen deutlich stiller. Was folgte, war ungläubiges Staunen, besonders bei den Kindern, die zuvor noch artig 45 Minuten lang zugehört hatten. Sofort bildete sich eine Schlange für Autogramme.
Auch Meret Wältis Unterschrift war gefragt. Sie hatte soeben aus dem Buch «Lia am Ball» vorgelesen, das die Schwestern über die gemeinsame Kindheit und Lias Weg an die Weltspitze geschrieben haben. Kommuniziert wurde bis zuletzt, dass Lia voraussichtlich nicht nach Langnau kommen werde. Die Hoffnung einiger Gäste wurde erfüllt, als sie womöglich nicht mehr daran geglaubt hatten. Ein Volltreffer – sozusagen in der Verlängerung.
Bewusst erst nachher erschienen
Lia wirkte locker und freute sich sichtlich über die strahlenden Kindergesichter. Ein Fan liess Lias Unterschrift sogar auf die Schuhe verewigen, andere verlangten das Gleiche. «Ist es wirklich in Ordnung, wenn ich euch allen sogar ein Autogramm auf die Schuhe gebe?», fragte sie zögernd. Die Antwort war ein einstimmiges Ja.
Die 32-jährige Mittelfeldspielerin betonte, sie sei bewusst nicht von Anfang an dabei gewesen: «Diese Aufmerksamkeit sollte meiner Schwester gelten.» Sie wollte während des offiziellen Teils mit ihrer Präsenz die Zuhörer nicht ablenken. Erst kurz nachdem Meret die Gäste zum Apéro bat, auf die Autogrammkarten aufmerksam gemacht und erwähnt hatte, beim Eingang könnte ein Buch gekauft werden, erschien Lia.
EM-Vorbereitung und Heimatgefühle
Aktuell bereitet sich Lia Wälti mit dem Nationalteam auf die UEFA Women´s EURO 2025 vor, die vom 2. bis 27. Juli in der Schweiz stattfindet. Nach einem Sturz aufs Knie im Nations-League-Spiel gegen Norwegen trainiert sie derzeit noch individuell aber auf dem Platz beim Team.
Lia hatte gerade einige Stunden frei, die sie zum Abschalten nutzen wollte. Auf die bevorstehende Heim-EM angesprochen, zeigte sich ihre Vorfreude deutlich: Es sei «ein Höhepunkt in der Karriere». Es würden viele Freunde und die Familie auf der Tribüne sitzen, «das ist schon sehr speziell». Aktuell trainiere man in Nottwil, vorhin sei sie für eine Autogrammstunde in Bern gewesen. «Es wurde etwas knapp, aber zum Glück hat es für einen Abstecher hierhin gereicht», schmunzelte sie.
«Die Leute, die extra hierhin gekommen sind, wollte ich unbedingt überraschen», erklärte sie. Im Emmental, ihrer Heimat, komme sie zur Ruhe. Sie kehre immer wieder gerne hierhin zurück und gehe gerne in die Höhe und auch in die Berge. «Wenn ich hier zwischendurch mal joggen gehe, dann aber lieber flach der Ilfis entlang», erzählt sie.
Werte und Disziplin als Fundament
Im Buch wird die strenge Ausbildung während der Zeit im Ausbildungscamp in Huttwil angesprochen. Bei Unpünktlichkeit gab es eine Strafe und wer eine Runde auf der Tartanbahn nicht in der vorgegebenen Zeit schaffte, musste halt nochmals starten. Angesprochen auf diese Erfahrung zeigt sich Lias konsequente Haltung: «Das sind Respektwerte, die für mich zu 100 Prozent weiterhin gelten. Disziplin wurde mir mit auf den Weg gegeben und wer im Team arbeitet, muss dazu bereit sein, hart zu arbeiten. Es geht hierbei auch um Wertschätzung gegenüber den Mitspielerinnen.»
An das Einlaufen als Kapitänin mit ihren Teamkolleginnen während der Heim-EM denke sie bewusst lieber nicht zu viel im Voraus. Die Schweizerinnen treffen in der Vorrunde auf Norwegen (2. Juli), Island (6. Juli) und Finnland (10. Juli). Das Finale findet am 27. Juli in Basel statt.
Das Buch und seine Botschaft
Die «Wochen-Zeitung» hat schon über das Buch berichtet und sich mit Meret Wälti unterhalten. «Lia am Ball» erzählt von grossen Träumen, Freundschaft und dem Glauben an sich selbst. Es schildert, wie die beiden Schwestern am liebsten draussen Fussball spielten und unermüdlich übten – obwohl es in Langnau damals kein Mädchenteam gab.
Die Überraschung war perfekt: Lia Wälti, eine der besten Schweizer Fussballerinnen aller Zeiten, hatte ihren Fans – unter den Kindern waren etwa gleich viele Knaben und Mädchen – einen denkwürdigen Augenblick ermöglicht. Was wegen ihrem Besuch beinahe untergeht: Meret Wälti kam direkt aus dem Spital aus Rheinfelden mit einbandagiertem Bein zur Lesung. Erst drei Tage zuvor war sie wegen eines Kreuzbandrisses operiert worden – sie verunfallte beim Fussballspielen. Eine Absage des Anlasses kam für sie nicht in Frage; lieber biss sie etwas auf die Zähne. Doppeltes Glück also für die hartgesottenen Fans, die beide Frauen in Langnau antreffen konnten.