Eine süsse Tradition – und das bereits seit fünf Jahrzehnten

Eine süsse Tradition – und das bereits seit fünf Jahrzehnten
Die Gerbers mit Kilian, Anja, Christine, Erika und Johann (von links) feiern das 50-Jahre-Jubiläum ihres Erdbeeranbaus. / Bild: Remo Reist (rrz)
Langnau: In der Obermatt werden seit 50 Jahren Erdbeeren angepflanzt. Gerber Erdbeeren feiert dies am 27. und 28. Juni mit einem Jubiläumsfest – und einem Weltrekord-Versuch.

«Die Leute kommen mit strahlenden Gesichtern zum Pflücken aufs Feld», sagt Erika Gerber. Ab dem Frühling werde sie immer wieder gefragt, wann die Erdbeeren endlich reif seien. Zum Hof, den sie mit ihrem Mann Johann führt, gehören auch rund 90 Mutterschweine, zehn Mutterkühe und etliche Kleintiere. Während der arbeitsintensiven Erdbeerernte sei die Lehrtochter für die Tiere verantwortlich. Auch die Kinder Anja und Kilian helfen auf dem Feld mit, obwohl sie andere Ausbildungswege eingeschlagen haben.


Strategisch durchdachter Anbau

Es sind fleissige Hände gefragt: «Wir pflanzen im Freiland auf einer Hektare 40´000 Pflanzen an. In der Tunnel-anlage wachsen 18´000 immertragende Erdbeerpflanzen und 1500 Sommer- und Herbst-Himbeerpflanzen», erzählt Johann Gerber. Den Betriebszweig Erdbeeren hätten ihm seine Eltern schon vor 29 Jahren übergeben, der Generationenwechsel des restlichen Betriebs sei vor 21 Jahren vollzogen worden.

«Pro Jahr haben wir sieben bis acht Erdbeersorten. Dazu gehören sehr schmackhafte Frühsorten und solche, die bis Ende Oktober mehrmals Früchte tragen», erzählt er. Früher habe der Grosshandel lagerfähigere, festere Sorten verlangt. «Wir können weiche, süsse Erdbeeren anbieten. Ich kriege nie genug von unseren schmackhaften Sorten.» 

Man setze auf die Direktvermarktung und möchte möglichst lange ernten können. «Wir haben drei Verkaufsautomaten; hier in der Obermatt, in Langnau und in Schüpbach. Diese wären in der Anschaffung im Verhältnis zu teuer, wenn wir sie nur wenige Wochen füllen könnten.»


Geduld gefragt mit Nützlingen

In der Tunnelanlage sei Geduld gefragt. «Hier können wir Nützlinge einsetzen – zum Beispiel Marienkäfer, die die Läuse fressen», erklärt Johann Gerber. Das erfordere Fingerspitzengefühl: «Man muss geduldig warten, bis genügend Schädlinge da sind, die von den Nützlingen gefressen werden. Gegen Mehltau hilft es zudem, Backpulver zu spritzen. Das gibt einen pH-Wert, der den Pilzsporen nicht passt.»

Beim Freiland-Anbau setze man gelegentlich auf reine Bio-Präparate. «Wir produzieren nachhaltig, und es gibt Kontrollen», so Johann Gerber. Eine Herausforderung sei die Fruchtfolge. «Nach zwei Jahren auf derselben Fläche sollten sechs Jahre Pause eingehalten werden.» Draussen sei vieles stark wetterabhängig, aber damit müsse man leben können, sagt er pragmatisch. Für die Beeren sei ein trockener Juni ideal, da man die Pflanzen mit Tropfschläuchen bewässern könne.


Andere Erntezeiten als früher

Vor 50 Jahren seien die Erdbeeren einen Monat später reif gewesen. «Heute beschäftigen uns diese Früchte in der Tunnelanlage fast ganzjährig», berichtet Johann Gerber weiter. «Im Herbst werden Ausläufer zurückgeschnitten, im Winter werden nebst weiterer Pflege die Pflanzen gezügelt.»

Johanns Mutter Christine erinnert sich gerne an die Anfangsjahre zurück. «In der Nähe gab es mehrere andere Produzenten. Der Austausch war rege, das Wissen wurde selbstverständlich weitergegeben», erzählt sie. Zusammen mit ihrem verstorbenen Mann habe sie damit begonnen als Nebenerwerb Erdbeeren zu pflanzen; auch der Sellerieanbau hätte sie gereizt. «Wir begannen mit den Erdbeeren, als wir vier Kinder unter zehn Jahren hatten», erzählt sie. Freunde und Nachbarn hätten sie unterstützt – eine Tradition, die bis heute fortbesteht. «Den Lohn konnten sie wahlweise gleich in Erdbeeren beziehen.»


«Wir haben noch lange nicht genug»

Für die Gerbers darf alles wie bisher weitergehen. Es sei ein schönes Familienprojekt, bei dem alle am selben Strick ziehen, sind sie sich einig. «Wir sind glücklich, mögen all die Sommerbekanntschaften und haben noch lange nicht genug», sagt Erika – und alle nicken. Sie müssen sich jedoch wieder ein Jahr gedulden: Das Selbstpflückfeld war diesen Montag zum letzten Mal geöffnet.

Jubiläumsfest mit Weltrekordversuch

Am Jubiläums-Wochenende vom 27. und 28. Juni, ab 17 Uhr, wird ein vielfältiges Rahmenprogramm geboten – von Jodeln bis Rockmusik. Ausserdem wird versucht, den Weltrekord im Erdbeeren-Schnellessen zu knacken (Anmeldung vor Ort, Platzzahl beschränkt). Der aktuelle Rekord einer Britin liegt bei 313 Gramm in einer Minute.

26.06.2025 :: Remo Reist (rrz)