Der Wald soll sich rascher dem Klimawandel anpassen können

Der Wald soll sich rascher dem Klimawandel anpassen können
Alles ist vorbereitet für die Anpflanzung im Herbst. Einzelne Bäume und viele Dornen wurden entfernt. / Bild: Silvia Wullschläger (sws)
Kanton Bern: Der Wald soll klimafit werden, indem Flächen gezielt vielfältig angepflanzt werden. Der Kanton unterstützt Waldbesitzer dabei. Beispielsweise in Lauperswil.

«Das ist aussergewöhnlich», sagt Konstantin Hitz. Er bückt sich und zeigt auf ein kleines Pflänzchen auf dem Waldboden. «Eine Eiche. Noch vor wenigen Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass dieser Baum hier von selbst gedeiht.» Der Revierförster der Emmentaler Wald & Holz GmbH steht in einem Waldstück im Weichelholz in Lauperswil. Grosse Asthaufen sowie neue und alte Baumstrünke sind auf dem relativ steilen Waldstück zu sehen. Grosse Bäume dagegen stehen in diesem Abschnitt keine. Auch Brombeerranken hat es nur wenige, obwohl viel Licht vorhanden ist. Die rund 80 Aren grosse Fläche ist bereit für die klimaangepasste Waldverjüngung, wie das Projekt des Kantons Bern heisst.


Bäume statt Dornen

Die Parzelle gehört der Gemeinde Lauperswil. «Als unser Waldchef auf uns zukam mit dem Vorschlag, bei diesem Programm mitzumachen, war dies für uns keine Frage», sagt Niklaus Gerber, Gemeinderat mit dem Ressort Umwelt. Die Gemeinde wolle damit ein Zeichen setzen für Klimaschutz und Biodiversität. Weil der Wald gut zugänglich sei, könne die Bevölkerung die Entwicklung des Waldes beobachten. Nicht zuletzt gehe es auch darum, den Wald wieder nutzbar zu machen.

Die Waldlichtung ist natürlicherweise entstanden. Die Stürme Lothar und Burglind richteten Schäden an und dann kam auch noch der Borkenkäfer. Viele Bäume, es sind vorwiegend Fichten und Weisstannen, fielen um oder mussten entfernt werden. «Dadurch gab es viel Licht, was die Brombeeren lieben. Sie überwucherten alles», erzählt Konstantin Hitz. Jungbäume hatten keine Chance.

Im letzten Winter starteten die Vorbereitungen für das Projekt. Es wurden noch einige Bäume geschlagen und der Dornenteppich geräumt. Mit den Ästen bildete man Haufen. «Das ist ein wertvoller Lebensraum für Vögel und Kleinsäuger, später auch für Insekten und Pilze», weiss Hitz. Die vorhandenen jungen Fichten, Tannen und Buchen sowie Pionierpflanzen wie Vogelbeere, Weide und Birke liess man stehen. In diesem Herbst dann soll die Fläche mit 260 Bäumchen bepflanzt werden.


Jedem Baum sein Standort

Bei der Auswahl der Baumarten achtet Konstantin Hitz genau auf den Standort. Wie viel Licht hat es? Ist der Boden sauer oder gemässigt? Das variiert selbst auf diesem verhältnismässig kleinen Waldstück. Im Halbschatten sollen Bergahorn und Douglasie wachsen, dort wo es sonniger ist Spitzahorn, Edelkastanie, Winterlinde und Stileiche. Die Pflänzchen werden gegen Wildverbiss geschützt, zudem müssen in den nächsten vier Jahren regelmässig die Brombeeren zurückgeschnitten werden. So sollen die Bäume gute Startbedingungen erhalten. Der Aufwand, sagt Niklaus Gerber, sei mit der finanziellen Beteiligung des Kantons sowie dem Erlös aus dem Holzschlag abgedeckt. Für die Gemeinde ein Nullsummenspiel, für die Natur ein Gewinn. Denn die neuen Baumarten werden sich natürlich weiterverbreiten und so den Wald in der ganzen Region nach und nach klimafit und auch artenreicher machen. «Solche Flächen wie hier im Weichelholz dienen als Stützpunkte», erklärt Konstantin Hitz. Der Wald habe längst damit begonnen, sich dem Klima anzupassen; das beweise die kleine Eiche hier. Mit Förderprogrammen und der gezielten Waldbewirtschaftung könne man diesen Prozess aber beschleunigen.

Wegen Schutzwäldern geringes Potenzial im Emmental

Bis Ende Jahr soll eine Waldfläche von 500 Hektaren gezielt der Klimaveränderung angepasst werden. Dies ist das Ziel des Förderprogramms klimaangepasste Waldverjüngung des Kantons Bern. Im Gebiet Emmental–Thun seien 23 Projekte mit insgesamt 33 Hektaren bewilligt, sagt Martin Städeli, Regionenverantwortlicher in der Waldabteilung Voralpen.

Das klingt für das waldreiche Emmental nach wenig. Aber: Schutzwälder, welche hier 80 bis 90 Prozent ausmachen, sind vom Programm ausgenommen. «So gesehen, bin ich mit der Resonanz zufrieden», sagt Städeli. Meist seien es mit Dornen überwachsene Schadflächen wie in Lauperswil, die angemeldet würden. Dank des Projekts könnten diese in rund zehn Jahren wieder bewirtschaftet werden. «Der Waldbesitzer hat also einen Nutzen», betont Martin Städeli. Der Kanton bezahlt dafür eine Pauschale von 13´000 Franken pro Hektare, aufgeteilt in zwei Tranchen. Nach fünf Jahren ziehe man eine erste Bilanz. Die Begleitung durch die Forstleute während insgesamt zehn Jahren erlaube es, wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Der Wald im Emmental werde sich mit dem Klimawandel so oder so verändern, sagt Städeli. Die Tendenz, dass Laubhölzer auch in höheren Lagen wachsen und die Rottanne in sehr trockenen Lagen einen schweren Stand hat, werde sich fortsetzen.

26.06.2025 :: Silvia Wullschläger (sws)