«Kiss me, Kate» zum Küssen inszeniert

«Kiss me, Kate» zum Küssen inszeniert
Fred geht nicht gerade zimperlich mit Lilli um, aber sie rächt sich. / Bild: Simon Schwab
Moosegg: Knisternde Szenen, zum Umfallen komische Regie-Einfälle und starke Stimmen – dies erlebte das Publikum an der Premiere des Musicals «Kiss me, Kate» auf der Moosegg.

Warum gibt es noch Theateraufführungen bei all den technischen Möglichkeiten, sich Filme anzuschauen? Es sind die Menschen auf der Bühne, die leibhaftig alles geben, um ihr Publikum von einem Gefühl ins nächste zu schubsen und ihnen Momente des Staunens schenken. Es mag Leute geben, die vor dem Fernseher klatschen. Doch mit vielen Menschen seiner Freude mit Applaus und Lachen Ausdruck zu verleihen – das ist ehrlich, gefühlsecht und nahbar. Theater ist Erlebnis, Gemeinschaft, Sinnlichkeit. So gesehen an der Premiere von «Kiss me, Kate» bei den Freilichtspielen Moosegg.


Augenzwinkernd verdaulich

Fügsam soll die Frau sein, demütig und liebend. Ein braves Heimchen am Herd, das keine Widerworte gibt und ihrem Herrn und Meister zu Diensten ist. Diese frauenfeindliche Haltung hat über Jahrhunderte hinweg die Gesellschaft geprägt und sich immer wieder auch in der Literatur breit gemacht – selbst bei William Shakespeare, der in «Der Widerspenstigen Zähmung» seiner Katharina am Ende genau diese Worte in den Mund legt und sie damit ihrem Petrucchio unterwirft. Nicht ohne Grund gilt dieses Werk als Problemstück, das eigentlich jeder moderne Mensch, der sich die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf die Fahne schreibt, nur in einer gnadenlos augenzwinkernden Inszenierung akzeptieren kann. Gleiches gilt für Cole Porters Erfolgsmusical «Kiss Me, Kate» (1948), das Shakespeares Komödie als Grundlage nimmt und ihr eine Rahmenhandlung verpasst. So ganz nebenbei sei erwähnt, dass einige Liedtexte ziemlich schlüpfrig sind.


Leichtfüssig gespielt

Die Hommage ans Theater, wie Fred-Darsteller Simon Burkhalter das Musical beschreibt, lebt in der Inszenierung unter der Leitung von Martin Schurr und Bruno Leuschner von vielen Augenzwinkern. So antiquiert die Geschichte auch ist, so leichtfüssig kommt sie daher. Lilli (Stefanie Verkerk) wirkt sogar ziemlich gleichberechtigt, auch wenn sie von ihrem Exmann den Hintern versohlt bekommt. Spass machen auch die drei Mafiosi (Rolf Ryser, Yves Ulrich, Martin Schurr), die später zu Mexikanern mutieren. Die Rolle der Luisli spielt Melanie Kurmann als wunderbar übertriebene Zicke. Schurkig und bei Beststimme wirkt Darsteller Marc Clear als spielsüchtiger Bill Calhoun.


Melodien, die bleiben

Unter der Leitung von Simon Noah Langenegger entstand ein Chor, der die leisen wie die lauten Töne bestens zu modulieren weiss. Mit zwei Klavieren (Bruno Leuschner und Riccardo Fiscato) begleitet, ist die Musik so schlicht wie genial und greift auf die Instrumentierung der deutschen Erstaufführung 1955 in Frankfurt am Main zurück. Die augenschmausigen Kostüme stammen von Manon Noëmi Criblez. Viel Szenenapplaus und zahllose Lachsalven kennzeichnen die Moosegg-Inszenierung von «Kiss me, Kate» als maximal unterhaltsamen Sommerspass. Am Schluss werden vermutlich viele Premiere-Gäste Lieder wie «Es ist viel zu heiss» oder «So verliebt in Dich» vor sich hin summen. Und angesichts des gelungenen Abends auf jeden Fall «Wunderbar, wunderbar, diese Nacht so sternenklar …»

19.06.2025 :: Christina Burghagen (cbs)